35 Jahre Tschernobyl
Vor 35 Jahren explodierte das AKW Tschernobyl – das Unglück gilt als die größte Katastrophe der zivilen Nutzung der Kernkraft. Der GAU forderte Tausende Tote und Verletzte, Zehntausende Menschen wurden umgesiedelt, verstrahlte Landstriche um die Atomruine gesperrt. Inzwischen wurde zwar eine „Sarkophag“ genannte Schutzhülle gebaut; Aufräumarbeiten im Inneren sollen jetzt beginnen. Aber es wird Jahrzehnte dauern, bis die Arbeiten – wenn überhaupt je – abgeschlossen sind. Und wohl für immer wird Prypjat eine Geisterstadt bleiben. Denn die Sperrzone erstreckt sich über 4.300 Quadratkilometern.
Spätfolgen
Die Strahlung bayerischer Wildschweine etwa schwankt je nach Jahr und Jahreszeit. Entscheidend ist die Nahrung: Je weniger die Tiere im belasteten Waldboden nach Nahrung wühlen, desto weniger sind sie verstrahlt. Das wasserlösliche Caesium-137, das sich bei den Wildschweinen in den Zellen einlagert, wird wieder ausgeschwemmt. Doch es werde wohl noch 70 bis 80 Jahre dauern, bis sich die Belastung bei den Wildschweinen zumindest halbiert, schätzt ein bayerischer Forstwirt. Auch wenn der radioaktive Stoff langsam zerfällt, nehmen die Tiere noch mehr als genug davon auf. Das Landesamt für Umwelt wagt erst gar keine Prognose.
Tschernobyl bleibe Mahnmal und Herausforderung, sagte Umweltministerin Schulze der Deutschen Presse-Agentur. Der Unfall habe gezeigt, wie unverzeihlich die Atomkraft gegenüber menschlichen Fehlern und wie unbeherrschbar ihre Risiken sein könnten. Ihr Ministerium wolle deshalb den Atomausstieg in Deutschland konsequent vollenden und daran arbeiten, die nukleare Sicherheit weltweit zu erhöhen, erklärte Schulze.
Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace: “Tschernobyl und Fukushima haben die unkalkulierbaren Gefahren der Atomkraft gezeigt. Dabei ist Atomenergie auch ohne Katastrophen die teuerste Art der Stromerzeugung. Eine Kilowattstunde Atomstrom ist bis zu dreimal so teuer wie die gleiche Menge Solarstrom.Atomenergie ist niemals nachhaltig. Die Risiken eines Unfalls und das mögliche Ausmaß der Schäden ist so groß, dass kein Versicherungsunternehmen Atomunfälle versichert. Der Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl erinnert uns daran, dass Atomenergie eine existenzielle Bedrohung darstellt. Wer heute noch Atommeiler finanziell fördern will, statt saubere, sichere und günstige Energien aus Sonne und Wind, gibt Geld für ein gefährliches gestern aus.”
Laut einer aktuellen Greenpeace-Untersuchung laufen mindestens zehn AKW in der EU ohne ausreichendes Sicherheitskonzept zum Schutz vor Naturkatastrophen. Untersucht wurden Reaktoren in Deutschland, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Belgien, Frankreich, Schweiz, Schweden und Spanien. Häufigste Mängel sind ein fehlender wirksamer Schutz gegen Überflutungen und Erdbeben.
Am 35. Jahrestag der Atomkatastrophe in Tschernobyl (Ukraine, 26.4.2021) hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) seine Forderung nach der sofortigen Stilllegung aller Atomkraftwerke und sonstiger Atomanlagen bekräftigt: „Die Tschernobyl-Katastrophe und ihre dauerhaften Folgen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Das innige Mitgefühl der Anti-Atomkraft-Bewegung gilt den betroffenen Menschen in und um Tschernobyl. Es ist nicht hinnehmbar, dass in der Bundesrepublik und anderswo weiterhin massenhaft Atommüll anfällt und dass in den umstrittenen Uranfabriken in Gronau und Lingen Nuklearbrennstoff für AKW in aller Welt hergestellt wird“, so BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz. Die aktuellen Proteste der Anti-Atomkraft-Bewegung richten sich gegen die noch laufenden Atomkraftwerke und Atomfabriken im In- und Ausland, gegen die damit verbundenen Atomtransporte und auch gegen den Uranabbau, der z. B. in Kanada oder Australien die Basis für den Betrieb von Atomanlagen darstellt. „35 Jahre nach Tschernobyl sind viele AKW und Atomfabriken in ein „marodes Alter“ gekommen. Die Bundesregierung muss die Betriebsgenehmigungen für die hiesigen Anlagen aufheben und muss sich auch international für einen sofortigen und umfassenden Atomausstieg einsetzen. Das Atommüllproblem darf nicht ständig verschärft werden und jede Atomanlage die gestoppt wird, kann nicht mehr militärisch genutzt werden“, betonte Buchholz.
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