Neues verfahrenstechnisches Konzept
CO2 kann auf diesem Wege längerfristig fixiert und damit dem Klimakreislauf dauerhaft entzogen und in der Folge als Rohstoff für die Herstellung von CO2-neutralen Kohlenwasserstoffen genutzt werden. Während im internationalen Wettbewerb bereits mehrere Firmen um die beste Technologie wetteifern, CO2 in großen Mengen gewinnbringend aus der Luft zu extrahieren, steht dem ganz großen Durchbruch noch die Wirtschaftlichkeit im Wege: Der geringe Anteil von CO2 in der Atmosphäre (0,04%) erfordert es, enorme Mengen Luft durch die Filter zu pumpen, um einen nennenswerten Anteil von CO2 herauszufiltern. Das Abscheiden des absorbierten Kohlendioxids aus den Filtern benötigt wiederum größere Mengen an Wärmenergie. Der wirtschaftliche Betrieb ist unter den bisherigen Bedingungen nicht möglich. Bei der Weiterentwicklung der CO2-Abscheidung aus der Luft wird man daher an mehreren Stellschrauben drehen müssen, um die technologische Effizienz des Verfahrens zu steigern und gleichzeitig den Energieverbrauch zu minimieren.
Autarker Luftfilter für die CO2-Abtrennung
Ein gemeinsames Forschungsprojekt des Zentrums für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, der DITF Denkendorf, des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg und der Mercedes-Benz AG Sindelfingen hat das Ziel, eine verbesserte, hocheffiziente CO2-Abtrennung aus der Luft mittels gewebefixierter Amine zu verwirklichen. Das Verfahren soll in einem Demonstrator umgesetzt werden, der autark zu betreiben ist: Der Ressourcenverbrauch soll rein auf erneuerbarem Strom und Abwärme basieren, gedeckt aus Solarenergie oder Wärmepumpen. Durch die besondere Bauweise des Luftfilters wird, anders als bei bereits etablierten Verfahren, ein kontinuierlicher Betrieb der Anlage ermöglicht. Damit wird die Hochskalierbarkeit auf industrielle Maßstäbe verbessert.
Innerhalb dieses auf vier Jahre angelegten Verbundforschungsprojektes bringen sich die DITF mir ihrer langjährigen Expertise in der Entwicklung von cellulosebasierten Fasermaterialien ein. Sie werden als Filtermedium in dem Demonstrator eingesetzt. Ausgehend von den Ergebnissen eines vorangegangenen Forschungsprojektes, in dem bereits ein Screening möglicher Verfahren zur CO2-Bereitstellung aus der Luft und der dafür eingesetzten sorbierenden Materialien durchgeführt worden ist, fiel die Wahl für das aktuelle Forschungsprojekt auf cellulosisches, faserbasiertes Material.
Optimierte Cellulosefasern aus Denkendorf
Unter der Leitung von Frank Hermanutz werden im Kompetenzzentrum Biopolymerwerkstoffe die Fasern für die Filter ausgesponnen und chemisch so modifiziert, dass sie Amine an ihre Oberfläche koppeln. In den Technika der DITF entwickelt und optimiert man hierfür neue Spinnverfahren. Die Amine sorgen für die temporäre Bindung des CO2 an das Filtermaterial. Der Vorteil, der für die Verwendung faserbasierter Cellulose spricht, liegt in der offenen, luftdurchlässigen Struktur faserbasierter Werkstoffe. Sie ermöglichen nicht nur einen hohen Luftdurchsatz, sondern verfügen auch über eine große spezifische Oberfläche, die für die Anbindung möglichst großer CO2-Volumina von Vorteil ist. Ziel der chemischen Modifizierung der Cellulose wird es sein, sowohl die Faser an sich wie auch die Anbindung der Amine derart zu optimieren, dass die Adsorptionsfähigkeit für CO2 bestmöglich ausgenutzt wird.
Ein ganz neues verfahrenstechnisches Konzept wird im Aufbau des Filters verfolgt: Es wird nicht, wie sonst üblich, ein statischer Filter verwendet, der nach vollständiger Beladung der Aminogruppen mit CO2 ausgeheizt werden muss. Der Filtriervorgang wird vielmehr in einen kontinuierlich arbeitenden Prozess eingebunden, der einen dauerhaften und energiesparenden Betrieb zulässt. Sofern das System an bestehende Luftströme wie Gebäudeklimatisierungen oder Abluft angeschlossen wird, entfällt die Notwendigkeit, energieintensive Ventilatoren einzusetzen.
Der Filter wird als spezieller Bandapparat konstruiert, in dem die Cellulosefasern in Form von Vliesen zu Endlosbändern verarbeitet sind. Diese Bänder laufen, gleich einem Förderband, auf Rollenbahnen durch den Anluftstrom und binden dort das CO2. Anschließend werden in einem räumlich abgetrennten Desorptionsbereich die Bänder in drei Temperaturzonen aufgeheizt. Dort trennt sich von den Aminogruppen Wasser und CO2.
Der kontinuierliche Prozess, der durch die umlaufenden Vliesbänder ermöglicht wird, gestattet eine kostensparende und wartungsarme Prozessführung. Neben der Gewinnung von CO2 wird auch die separate Entnahme von Wasser einen synergetischen Effekt von hohem Wert darstellen: Da schon die Anlage für den energieautarken Betrieb entworfen wird, ist es prinzipiell möglich, sie auch in infrastrukturschwachen und wasserarmen Gegenden zu betreiben. Die Wassergewinnung kann dann einen nicht unerheblichen Mehrwert darstellen. Die Ausführung als Bandapparat erleichtert es, das Verfahren in sehr große Leistungsklassen hoch zu skalieren, da hierfür vor allem eine einfach zu verwirklichende Vergrößerung der Bandlänge erforderlich ist.