13. Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz: Notwendigkeit intensiver wissenschaftlich-technischer Zusammenarbeit
Im Rahmen der 13. Deutsch-Russischen Rohstoff-Konferenz haben sich russische und deutsche Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik dafür ausgesprochen, stärker im Bereich des nachhaltigen Wirtschaftens und beim Klimaschutz zusammenzuarbeiten. Am zweiten Veranstaltungstag der dreitägigen virtuellen Konferenz richtete sich der Blick der mehr als 1.000 Gäste auf Themen wie den Auf- und Ausbau der Wasserstoffwirtschaft, die Transformation der Energiesysteme oder die Digitalisierung im Rohstoff- und Energiebereich. In diesen und weiteren Bereichen gäbe es großes Potenzial für vertiefende Kooperationen im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit beider Länder. Es bestand ein breiter Konsens, dass ein „grüner Dialog“ zu Klima- und Nachhaltigkeitsfragen zwischen der EU und Russland das Potenzial hat, neue Brücken zwischen beiden Seiten zu schlagen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der als Schirmherr der diesjährigen Konferenz fungierte, warb für eine weiterführende Partnerschaft mit Russland im Bereich der erneuerbaren Energien: „Die wesentlichen Themen der Deutsch-Russischen Rohstoff-Konferenz haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Wir diskutieren heute vor allem über erneuerbare Energien und Wasserstoff. Russland hat unglaubliche Potenziale“, so Kretschmer.
„Es geht darum, bis 2050 klimaneutral zu werden. Insofern stehen wir vor sehr großen gemeinsamen Herausforderungen im Bereich des Klimaschutzes sowie im Bereich der Rohstoff- und Energiekooperationen, die wir bewältigen müssen. Das bietet aber auch große Chancen für die europäisch-russische Kooperation, die dazu führen können, dass die Kooperation viel intensiver wird“, betonte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. „Russland hat hervorragende Voraussetzungen. Wir dürfen das enorme Potenzial Russlands für erneuerbare Energien aus Wind und Sonne nicht vergessen. Deutschland wird im Wasserstoffbereich auf Importe angewiesen sein. Wir haben insgesamt zwei Milliarden Euro für internationale Kooperationen reserviert. Die stehen auch zur Verfügung für Projekte zwischen russischen und deutschen Unternehmen. Russland kann ein wichtiger Teil einer internationalen Wasserstoffwirtschaft werden.“
Auch Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, verwies in seinem Impuls auf die europäischen Ziele eines klimaneutralen Wirtschaftens bis 2050 und die damit verbundene Notwendigkeit von internationalen Kooperationen. „Wir brauchen die Zusammenarbeit der großen Nationen, also Russland, China, Europa und die USA. Die globale Klimawende schaffen wir nur gemeinsam. Der europäische Green Deal hat eine globale Dimension“, sagte Müller. „Es gilt, ressourcenschonend klimaneutral zu wirtschaften. Die russischen Partner sind von herausragender Bedeutung für den Schutz des Klimas. Europa und Russland sollten beim internationalen Klimaschutz eine noch größere Rolle übernehmen“, so Müller weiter.
Die Notwendigkeit für Kooperationen und den bilateralen Dialog mit Deutschland beim gemeinsamen Umgang mit dem Klimawandel betonte auch der stellvertretende Ministerpräsident der Russischen Föderation Alexander Nowak: „Die Entwicklung der neuen Energiequellen ist eine neue Möglichkeit für unsere Zusammenarbeit zwischen den russischen und deutschen Wissenschaftlern und Unternehmen. Wir sind offen für verschiedene Formate der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit bei der Umsetzung von Investitionsprojekten“, sagte Nowak.
Anwesende Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter betonten dabei ihr Interesse zur verstärkten deutsch-russischen Zusammenarbeit. „Vor dem Hintergrund der sich wandelnden internationalen Energiemärkte und der im European Green Deal verankerten Klimaziele gilt es umso mehr, internationale Wasserstoffkooperationen aufzubauen. Russland bietet in diesem Zusammenhang hervorragende Voraussetzungen“, sagte beispielsweise Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender des Gashandels- und Gasinfrastrukturkonzerns VNG AG mit Sitz in Leipzig. „Durch die Entwicklung neuer Technologien und den Aufbau einer Wasserstoffwertschöpfungskette würden zukünftig sowohl Deutschland als auch Russland profitieren. Jedoch können die EU-Klimaziele nur erreicht werden, wenn in diesem Bereich alle zur Verfügung stehenden Dekarbonisierungsoptionen sektorenübergreifend genutzt werden.“
In verschiedenen Diskussionsrunden setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im weiteren Verlauf der Konferenz mit aktuellen Erkenntnissen, Fachthemen und Forschungsfragen sowie Potentialen, Hemmnissen und konkreten Ansätzen der bilateralen Zusammenarbeit auseinander. Auf der Agenda standen beispielsweise Diskussionen zu den Auswirkungen des Europäischen Green Deals auf die Rohstoff- und Energiepartnerschaft mit Russland, zum Auf- und Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft oder zur digitalen Transformation der Rohstoff- und Bergbauindustrie sowie zum Umgang mit auftauenden Permafrostböden.
„Wissenschaftliche Kooperationen mit Russland sollten ein extrem ertragreiches Gebiet sein, weil man mit Russland umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse sammeln kann. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Es herrscht großes beiderseitiges Vertrauen in der Wissenschaft, auch bei schwierigen Themen“, so Prof. Dr. Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft.
Mit einem internationalen Blick auf die digitale Transformation der Rohstoff- und Bergbauindustrie wurden in einem weiteren Panel digitalisierte Produktions- und Automatisierungsprozesse, intelligente Datenanalyse und der Einsatz von künstlicher Intelligenz diskutiert. Digitale Arbeitsprozesse in der Industrie 4.0, Investitionen in digitale Prozesse sowie die Implementierung dieser im Kontext des nachhaltigen Wirtschaftens waren weitere diskutierte Themenfelder, um in globaler Zusammenarbeit zusätzlich CO2-Emissionen zu reduzieren.
Das Panel „Auftauende Permafrostböden: Auswirkungen für Klima und Wirtschaft“, das in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam durchgeführt wurde, diskutierte gemeinsame Ansätze zum Verständnis der Problemlage und versuchte mögliche Wege im Umgang zu finden. Dr. Mathias Ulrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geographie der Universität Leipzig sagte, dass Deutschland hierbei einen wichtigen Beitrag leisten könne: „Einerseits im wissenschaftlichen Bereich, wo es bereits eine sehr gute Zusammenarbeit mit den russischen Kollegen gibt. Andererseits gibt es sicher auch Möglichkeiten, wie deutsche Unternehmen zur Verbesserung der Situation einen guten Beitrag mit ihrem Know-how leisten können.“ Das Fazit des Moderators, Dr. Ludwig Stroink, Leiter Internationale Beziehungen am Helmholtz-Zentrum Deutsches GFZ, lautet: „Die Paneldiskussion hat gezeigt, dass noch eine Vielzahl wissenschaftlich-technologischer Fragen im Zusammenhang mit auftauenden Permafrostböden bestehen. Es haben sich durch die Präsentationen eine Reihe von konkreten Anknüpfungspunkten ergeben, die in der zukünftigen wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland adressiert werden können.“ Dem möchte auch das DRRF entsprechen. Am morgigen Freitag findet die Auftaktsitzung der neuen DRRF-Arbeitsgruppe „Deutsch-Russische Zusammenarbeit in der Klima- und Nachhaltigkeitsforschung“ statt.
Im Panel „Rohstoffregionen im Wandel – Strukturwandelprozesse in Deutschland und Russland“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter beider Länder über ihre jeweiligen Erfahrungen bei der Begleitung von regionalen Transformationsprozessen. Große Einigkeit herrschte darin, dass ein erfolgreicher Strukturwandel nur dann gelingt, wenn hinreichende Perspektiven für die Menschen vor Ort aufgezeigt werden und es ein koordiniertes Vorgehen aller beteiligter Akteure gäbe. Im Ergebnis sprachen sich die Diskutanten für die Gründung einer „Arbeitsgruppe Strukturwandel“ innerhalb des Deutsch-Russischen Rohstoff-Forums aus, um den Dialog über geeignete Instrumente für einen erfolgreichen Strukturwandel fortsetzen zu können.
Der erste Veranstaltungstag am gestrigen Mittwoch stand ebenfalls bereits im Zeichen der Wissenschaft: Bei der Vorkonferenz für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler trafen sich hunderte Studierende, Promovierende sowie Jungprofessorinnen und Jungprofessoren, um aktuelle Forschungsarbeiten vorzustellen und sich dazu austauschen. Die Begleitung erfolgte durch die TU Bergakademie Freiberg und die Bergbau-Universität aus St. Petersburg.
„Die Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz ist stets eine wichtige Plattform für den Austausch von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu den drängenden Fragen der Rohstoffgewinnung und der damit verbundenen Herausforderungen. Die Vorkonferenz der wissenschaftlichen Nachwuchskräfte gibt jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, ihre Sicht zur Zukunft der Rohstoffgewinnung darzustellen und zu diskutieren“, sagte Klaus-Dieter Barbknecht, Rektor der TU Bergakademie Freiberg. „In diesem Jahr steht die Nachhaltigkeit im Bergbau mit Beiträgen zu Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft und Folgenbeseitigung im Fokus der Beiträge. Ich bin davon überzeugt, dass diese Beiträge wesentliche Impulse für innovative Entwicklungen geben werden.“
Die Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz wird vom Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum veranstaltet und findet seit 2007 einmal im Jahr an wechselnden Veranstaltungsorten in Deutschland und Russland statt. Die Konferenz fungiert als wichtige Dialogplattform, um Fachthemen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit beider Länder im Rohstoffsektor zu diskutieren und bilaterale Kooperationsprojekte auf wissenschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Ebene anzustoßen. Schirmherr auf deutscher Seite ist der frühere Bundesumweltminister Prof. Klaus Töpfer.
Das Deutsch-Russische Rohstoff-Forum ist eine Dialogplattform im Bereich der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit im Rohstoffsektor beider Länder. Gegründet wurde es im Jahr 2006 von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und der Staatlichen Bergbau-Universität St. Petersburg, den ältesten Montanhochschulen der Welt. Die vom Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum im jährlichen Wechsel in Deutschland und Russland veranstaltete Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz sowie die unterjährigen Facharbeitsgruppen bringen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft beider Länder zusammen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit bei Zukunftsthemen der Rohstoffwirtschaft und bei nachhaltigem Wirtschaften.
->Quelle: rohstoff-forum.org/bruecken-bauen-fuer-klimaschutz-und-nachhaltigkeit/