Stahlindustrie will Milliarden für klimafreundliche Produktion

Politik sagt Subventionen zu

Die Stahlindustrie fährt nach einem schwierigen Corona-Jahr wieder Gewinne ein. Nachdem der Preis für die Tonne Stahl im vergangenen Jahr stark gesunken war, geht der Marktwert nun wieder steil nach oben. Jetzt kommt es zu Lieferengpässen, denn die Nachfrage übertrifft das Angebot. Um aber die Klimagrenzen einzuhalten – so Nicole Allé auf energiezukunft.de am 06.05.2021, scheint der Umstieg von Kohle auf Wasserstoff in der Stahlproduktion unumgänglich. Dafür fordert die Industrie finanzstarke Unterstützung. Die Politik verspricht nun auch Subventionen in Milliardenhöhe.

Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Stahlindustrie ihre Produktion klimafreundlich umstellen. Stahlproduktion in einem thyssen-Stahlwerk – Arbeiter am Hochofen (1988) – Foto © Bundesarchiv, B 145 Bild-F079044-0020 Wikimedia CommonsCC BY-SA 3.0 DE 

Die nächste große Herausforderung steht nun an, denn die EU-Klimaziele verlangen eine enorme Veränderung in der Stahlproduktion – wenn die EU bis 2050 klimaneutral sein will. Deutschland hatte 2019 laut Statista einen Pro-Kopf-Stahlverbrauch von rund 418 Kilogramm, im Vergleich dazu sind es in China 633 Kilogramm. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland rund 40 Millionen Tonnen Rohstahl produziert – für Infrastruktur, Bau- und Automobilindustrie, Maschinenbau, Hersteller von Metallwaren und Rohren. Auch im Kontext der Energiewende wird viel Stahl benötigt, für Erneuerbare-Energien-Kraftwerke und Stromnetze sowie den Ausbau einer klimafreundlicheren Verkehrsinfrastruktur.

Die Stahlindustrie steht als eine der energieintensivsten Branchen im Fokus und ist laut Bundesumweltministerium für mehr als 30 Prozent der Industrie- und rund acht Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte nach einem Treffen mit Vertretern der deutschen Hersteller und der IG Metall milliardenschwere Unterstützung für den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie an. In den Jahren 2022 bis 2024 sollten zusätzlich mindestens fünf Milliarden Euro mobilisiert werden, so Altmaier gegenüber tagesschau.de.

Als klimafreundlichere Alternative zum stark kohlenstoffhaltigen Brennstoff Koks zum Beheizen der Hochöfen kommt bislang nur grüner Wasserstoff in Frage, der mittels Elektrolyse aus Ökostrom produziert wurde. Die Umstellung von Kohle auf Wasserstoff als Energieträger ist ein großer Schritt. Denn die Produktionstechnik muss dabei komplett umgestellt und zudem eine neue Infrastruktur aufgebaut werden.

Im Zuge der nationalen Wasserstoffstrategie, die 2020 von der Bundesregierung beschlossen wurde, spielt die Transformation der Stahlindustrie eine entscheidende Rolle. Für eine Dekarbonisierung der Stahlindustrie rechnet der Bundeswirtschaftsminister nun mit einer Summe von 35 Milliarden Euro, etwa zehn bis zwölf Milliarden Euro könnten in den nächsten 30 Jahren aus öffentlichen Hilfen kommen. Vor dem Treffen hatten die fünf großen Stahlkonzerne Subventionen in Höhe von 15 bis 30 Milliarden Euro gefordert, um bis 2030 rund ein Drittel der Primärstahlproduktion auf eine klimafreundliche Erzeugung umzustellen. Allein der große Stahlhersteller Thyssen Krupp rechnet mit einem Kostenaufwand von etwa zehn Milliarden Euro.

In einem geförderten Pilotprojekt erprobt Thyssenkrupp einen wasserstofftauglichen Hochofen in Duisburg. Fast alle Wasserstoff-Pilotprojekte sind bislang von Bund oder Ländern gefördert worden, wie etwa die Wasserstoffbusse vieler Nahverkehrsunternehmen bundesweit. Neben der Anschub-Finanzierung sollten die Mehrkosten für die Produktion von grünem Stahl zumindest vorübergehend ausgeglichen werden – damit der in Deutschland produzierte Stahl konkurrenzfähig bleibe, so eine weitere Forderung der Stahlkonzerne.

Bereits heute kommt massenweise billiger Stahl aus China auf den europäischen Markt. Daher wird auf EU-Ebene aktuell über eine Grenzsteuer bzw. „Klimaabgabe“ diskutiert. Wie schon früher bei den Solarzöllen könnte das jedoch Handelskonflikte auslösen. Ein Gegenvorschlag des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium sieht daher den Aufbau eines „internationalen Klimaclubs“ vor. Darin einigen sich die Mitglieder auf einen Mindestpreis für CO2-Emissionen und sichern sich somit gegenseitig ab.

Deutschland solle bei grünem Wasserstoff weltweit führend werden, wünscht sich der Wirtschaftsminister. Sieben Milliarden Euro will die Bundesregierung in den kommenden Jahren zur Verfügung stellen, um die Wasserstoffnutzung voranzubringen. Hinzu kommen Programme von Seiten der EU. Angestrebt werde eine Vervielfachung der grünen Wasserstoffproduktion bis 2030 – dann solle die Elektrolysekapazität auf eine Leistung von rund fünf Gigawatt steigen, das wäre etwa Faktor 200 zur derzeitigen Produktion.

Um grünen Wasserstoff im großen Stil zu produzieren, braucht es jedoch große zusätzliche Mengen an Ökostrom. Der Ausbau von Solar- und Windenergie müsste viel schneller vorangehen, Doch statt den Ausbau Erneuerbarer Energien hierzulande voranzutreiben, liebäugelt die deutsche Politik mit dem Import von Wasserstoff und Energiepartnerschaften, etwa mit den Golfstaaten oder Russland mit bereits bestehenden Pipelines nach Deutschland. In Russland wird Wasserstoff allerdings aus Erdgas gewonnen und ist daher nicht grün, sondern wird als blauer Wasserstoff bezeichnet. Für den Klimaschutz brächte das also keinerlei Vorteil. na

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