Einbaupflicht für Kartenlesegeräte in öffentliche Ladesäulen problematisch

BDEW, VDA und ZVEI mit Kritik

„Die Bundesregierung plant eine Pflicht zum Einbau von Kartenlesegeräten in öffentliche Ladesäulen. Die Geräte sind aber noch nicht verfügbar, so der BDEW. Das bremse die Elektromobilität aus“, schreibt auf pv magazine. In einem gemeinsamen Appell kritisieren die Branchenverbände BDEW, VDA und ZVEI die erneute Diskussion über längst beschlossene Bezahllösungen bei Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Diese droht den Aufbau von Ladepunkten zu verlangsamen und die Nutzungskosten unnötig zu erhöhen. Die drei Verbände fordern die Bundesregierung auf, am bereits veröffentlichten Plan mit alternativen Zahlungsmethoden festzuhalten und den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland schnell und unbürokratisch voranzutreiben.

Elektro-Ladestation – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Chance vertan!“

E-Auto-Boom in Deutschland und die Bundesregierung behindert den Aufbau von Ladesäulen durch antiquierte Bezahlmethoden, kritisieren die Branchenverbände BDEW, VDA und ZVEI in einem gemeinsamen Appell. Manchmal ist es zum Verzweifeln mit dem Fortschritt. Die Bundesregierung nimmt richtigerweise Milliarden in die Hand, um die Klimaschutzziele zu erreichen und fördert den Ausbau der Elektromobilität. Es gibt Förderungen für den Kauf von E-Autos, Förderungen für private Ladestationen, für Ladestationen im Handel und beim Arbeitgeber oder im öffentlichen Bereich. All dies sind Steuergelder, die effizient eingesetzt werden sollten. All dies soll durch möglichst digitale Systeme unterstützt werden, denn die Digitalisierung ist der weitere entscheidende Treiber für den Umbau der Industrie und auch des Verkehrs in Richtung Klimaneutralität, die wir bis spätestens 2050 erreichen wollen und die wir brauchen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Elektromobilität und Digitalisierung: Beim Bezahlen an der Ladesäule kommen die beiden großen Trends zusammen: Überall einfach laden und überall einfach mobil und digital bezahlen, so muss das sein. Aber genau hier plant die Bundesregierung nun ein System, das den Ausbau des Ladenetzes um Jahre zurückwerfen und erheblich verteuern würde.

Die Bundesregierung will ein starres Bezahlsystem für jede einzelne Ladesäule vorschreiben. Die Unternehmen wollen im Interesse der Kunden flexible und kostengünstige Lösungen, die schnell umsetzbar sind. Konkret bedeutet der Vorschlag der Bundesregierung: An jeder Ladesäule muss ein Kartenlesegerät angebracht werden. Damit werden die meisten neuen Säulen durch den Einbau eines gesonderten Lesegeräts teurer, was den Preis für den Ladevorgang für die Kunden verteuern wird. Vor allem aber verzögert der Zwang zum Kartenlesegerät den weiteren Ausbau öffentlicher Ladestationen. Der Einbau eines Kartenlesegeräts hat es in sich: Viele der entsprechenden Modelle müssen erst noch eichrechtlich geprüft und zugelassen werden. Dieser Prozess hat im letzten Fall mehrere Jahre gedauert. Viel schneller wird es jetzt auch nicht gehen.

Viel Aufwand für alle bei sehr wenig Nutzen, denn die Kundinnen und Kunden haben den Bedarf gar nicht. Sie nutzen schon heute ausreichend moderne Alternativen. Die sind nämlich in der Regel schon digital – bezahlt wird schon heute nicht direkt an der Säule, sondern zu rund 90 Prozent über direkte Verträge. Die restlichen 10 Prozent sind das sogenannte „spontane Laden“: ein wichtiger Baustein für das Laden und die Elektromobilität. Aber warum muss es hierfür obligatorisch eine Bezahlmöglichkeit geben, für die nun ein Kartenlesegerät eingebaut werden muss?

Blicken wir auf die rasante Entwicklung bei den mobilen Bezahlsystemen ist klar: Sie haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen und sind geeignete Bezahloptionen von heute und morgen. Sie sind benutzerfreundlich, zukunftsfähig und europäisch anschlussfähig. Und der Ladesäulenausbau kann damit weiter schnell voranschreiten, denn da muss nichts eingebaut, nichts zusätzlich geeicht und nichts zusätzlich genehmigt werden. Und ein Mobiltelefon hat heute jeder E-Autofahrer immer dabei.

Auf dieses Modell zur schnellen Einführung des einfachen Bezahlens hatten sich übrigens bereits alle Beteiligten geeinigt. Eigentlich, denn nun wurde die gemeinsame Linie durch die Hintertür wieder aufgekündigt und durch ein großes Stück Bürokratie aus vergangener Zeit ersetzt: Geeichte Kartenlesegeräte mit amtlichem Zertifikat und Prüfstempel als Vorschrift für alle. Die Bundesregierung verhindert damit die Nutzung der Potenziale in der Digitalisierung. Sie verpflichtet alle auf nicht mehr nötige Technologien und verkennt, dass der Markt und der Stand der Technik längst weiter sind als die Politik. Das vorgeschlagene Verfahren bedeutet für den Nutzer eine erhebliche Verzögerung bei der Einführung des einfachen Bezahlens, und für die Betreiber macht das alles sehr aufwendig.

Um der Elektromobilität einen zusätzlichen Schub zu verleihen, ist wichtig, dass die Bundesregierung am bereits veröffentlichten Plan mit mobilen Zahlungsmethoden festhält. Ein modernes digitales Ladenetz braucht keine verpflichtenden Lesegeräte. Die erforderlichen eichrechtlichen Genehmigungen werden nicht vor 2023 da sein. Das ist für die Betreiber keine Motivation, so schnell wie möglich weitere Ladesäulen aufzustellen. Die brauchen wir aber, um den gewünschten Hochlauf der Elektromobilität zu begleiten.

Überall in Europa setzen sich digitale Bezahlsysteme durch, die Kartenlesegeräte werden in den nächsten Jahren drastisch weiter an Bedeutung verlieren. Die Bundesregierung will diese Technik in Deutschland gerade dort weiterhin am Leben halten, wo es eigentlich nach Zukunft aussehen sollte: An der Ladesäule für das Elektroauto – und das mit hohen Kosten. Für uns ist es nicht erklärlich, warum sich die Bundesregierung auf einen solchen komplizierten und langsamen Vorschlag eingelassen hat, bleiben doch Ladesäulen mit Kartenterminals weiterhin im Markt als Option verfügbar. Wir wünschen uns im Sinne aller E-Auto-Fahrer: Machen Sie den Weg frei für ein digitales, mobiles und einfaches Laden in Deutschland.

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