Altmaier „entschuldigte“ sich bei Windbranche

Infraschall 4.000mal überbewertet

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat aufgrund eines Rechenfehlers jahrelang mit viel zu hohen Werten beim Infraschall von Windturbinen arbeiten lassen. Jahrelang setzte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die Infraschall-Belastung von Windkraftanlagen um den Faktor 4.000 zu hoch an – Wasser auf die Mühlen der Windkraft-Gegner. Stefan Holzheu, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Bayreuth, hat einen schwerwiegenden Irrtum in der BGR-Studie erkannt, der die Ergebnisse grob verfälscht. Bundeswirtschaftsminister Altmaier bat um Entschuldigung: „Es tut mir sehr leid, dass falsche Zahlen über einen langen Zeitraum im Raum standen.“

3x Rot für Windenergie wg. Infraschall-Irrtum – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Nicole Weinhold am 28.04.2021 auf Erneuerbare Energien: „Besser als nichts, wird vielleicht mancher in der Windbranche denken“. Altmaier will nun dafür sorgen, dass die Sache aufgeklärt wird. Die BGR hat statt 64 Dezibel jahrelang 100 als Grundlage genommen. Zwischen den Werten liegen „Welten“ – wie Altmaier einräumte.

Störeinfluss der Windkraft völlig überschätzt

Weinhold: „Die BGR nehme Kritik im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurses sehr ernst, hieß es von dort. ‚Entsprechend der Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis hat die BGR jetzt Hinweise sowie neuere wissenschaftliche Untersuchungen u.a. der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zum Anlass genommen, ihre bisherigen Arbeiten zum Einfluss von Windenergieanlagen (WEA) auf Infraschall-Messanlagen zu überprüfen.‘ Ausgangspunkt der Diskussion bildete eine Untersuchung der BGR von 2004, die im Zusammenhang mit dem Auftrag der BGR zur Überwachung des Internationalen Kernwaffenteststoppvertrages (CTBT) durchgeführt wurde. Darin ging es um den Störeinfluss von Windkraftanlagen auf hochempfindliche Infraschall-Stationen, die von der BGR zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen des CTBT betrieben werden. Es ging bei diesen Untersuchungen nicht um Auswirkungen von Infraschall-Emissionen auf Menschen. Darauf hat die BGR auch bei entsprechenden Anfragen aus der Öffentlichkeit hingewiesen.

Infraschall nicht Schall

Was nicht jedem klar ist: Es geht hier um Infraschall, nicht einfach Schall, Lärm, sondern ein Thema, das manche in dem Bereich der Aluhüte verorten und das nichts mit Krach zu tun hat. Infraschall ist für den Menschen nicht zu hören, weil er in einer Frequenz außerhalb unserer Hörfähigkeit ist, wie etwa eine Hundepfeife. Seit Jahrzehnten streiten einzelne Windkraftgegner über das Thema. Nach ihrer Auffassung macht Infraschall krank. Belegt werden konnte das nie. Ein Phänomen, das nicht wahrnehmbar ist. Gleichwohl, die Entschuldung von Peter Altmaier täte an anderer Stelle wohl eher Not. Dort, wo sie die Windkraft wirklich gebremst hat: Bei einem verwaschenen, verzögerten Kohleausstieg. Bei seiner Inszenierung der Strompreisbremse,  die jedem braven Bürger das Gefühl gab, dass ihm die Windkraft das letzte Hemd auszieht. Bei der Verschleppung von deutlich höheren Ausbauzielen für Erneuerbaren – um auch die Mobilitätswende mit sauberem Strom zu versorgen. Und so weiter.

Jedenfalls hat die interne Überprüfung der BGR die wissenschaftlich vorgebrachte Kritik an den veröffentlichen Daten zu Schalldruckpegeln bei Infraschall-Emissionen bestätigt: Bei der Berechnung der Schalldruckpegel sei der BGR ein systematischer Fehler unterlaufen. ‚Dieser passierte bei der Umwandlung der ursprünglich berechneten Ergebnisse in eine in der Akustik gängige Größe. Dabei wurden sowohl die WEA-Störsignale als auch die für die BGR-Messaufgabe maßgeblichen Signale gleichermaßen um 36 Dezibel überschätzt.‘ Daher bleibe die gültige Abstandsempfehlung für WEA zum ungestörten Betrieb der BGR-Infraschall-Station IS26 im Bayerischen Wald unverändert bestehen. Anfang April veröffentlichte die BGR auf ihrer Website eine ausführliche Darstellung der Prüfung und räumte den Fehler ein.

Ein Korrigendum der bisherigen BGR-Publikation und eine Überarbeitung des zugehörigen Berichts seien auf den Weg gebracht. Ab Mai werde die BGR nach eigenen Angaben gemeinsam mit der PTB in einer Messkampagne aktuelle Felduntersuchungen zu Störsignalen von WEA vornehmen, um den Einfluss von Infraschall auf die BGR-Messanlagen vertieft zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen auf Fachtagungen vorgestellt und diskutiert sowie in einem Peer Review-Fachjournal open access veröffentlicht werden. Zudem werden die Messdaten für alle Interessierten frei verfügbar sein.“

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