„Die letzten 100 Tage nutzen“

55 Organisationen legen Klimaschutz-Sofortprogramm vor

Die Bundesregierung muss das überarbeitete Klimaschutzgesetz noch vor der Sommerpause mit konkreten Maßnahmen zur CO2-Minderung unterfüttern. Das fordert der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) zusammen mit 54 Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen sowie weiteren Akteuren der Zivilgesellschaft in einem am 16.06.2021 veröffentlichten Klimaschutz-Sofortprogramm.

CO2-Emissionen runter! – Fotomontage © Solarify

Die Organisationen begrüßen, dass die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz als Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in einem sonst unvorstellbaren Tempo überarbeitet und die Klimaziele nachgeschärft hat. „Dies sind Schritte in die richtige Richtung, doch auch die angehobenen Klimaziele bringen Deutschland noch nicht auf einen Kurs, der kompatibel mit dem 1,5-Grad-Limit sowie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist. Dafür müssen bis 2030 mindestens 70 Prozent CO2 eingespart werden und die Reduktionspfade für die einzelnen Sektoren steiler abfallen,“ erklären die unterzeichnenden Verbände.

Die Organisationen mahnen zudem an, dass CO2 nicht durch Ziele, sondern nur durch konkrete Maßnahmen eingespart werde: „Ein Klimaschutz-Sofortprogramm noch vor der Sommerpause muss daher die gesamte Breite umweltpolitischer Instrumente nutzen und Investitionen für die Transformation zu grünen Technologien anreizen, CO2 angemessen bepreisen und klare Leitplanken über das Ordnungsrecht setzen“.

Das Forderungspapier unterbreitet Vorschläge für Sofortmaßnahmen in klimaschutzrelevanten Bereichen. Im Energiesektor solle eine naturverträgliche Ausbauoffensive für die erneuerbaren Energien gestartet werden, um bis 2030 einen Erneuerbaren-Anteil im Stromsektor von mindestens 80 Prozent zu erreichen und bis 2035 den gesamten Strombedarf mit Erneuerbaren zu decken. Zudem fordern die Verbände eine Solarpflicht für alle geeigneten Dächer bei Neubau, Umbau und Dachsanierung sowie eine rechtsverbindliche Absicherung des Kohleausstiegs bis 2030 entlang steigender CO2-Preise. Um die seit Jahren auf hohem Niveau stagnierenden Emissionen des Verkehrssektors wirksam zu reduzieren, brauche es einen Zulassungsstopp für Pkw mit Verbrennungsmotoren noch vor 2030, ein Moratorium für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen sowie die massive bundesweite Förderung klimafreundlicher Mobilität.

Für den Gebäudesektor fordern die Verbände eine jährliche Steigerung der Sanierungsquote auf drei Prozent und einen sofortigen Förderstopp von Öl- und Gasheizungen. Für die Landwirtschaft bedürfe es einer drastischen Reduktion der Tierbestände, konsequenter Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und des Vermeidens von Fehlanreizen auch im Konsum. Als Teil eines klugen Maßnahmenmixes schlägt das Klimaschutz-Sofortprogramm außerdem eine verursachergerechtere und deutliche Anhebung der CO2-Bepreisung mit einem kontinuierlichen Preisanstiegspfad vor, die über eine Klimaprämie kompensiert und insbesondere Menschen mit geringem Einkommen entlasten soll.

Die Verbände fordern alle Parteien auf, sich für einen Wettstreit um die besten Maßnahmen für den Klimaschutz einzusetzen, anstatt durch unredliche Argumente Wahlkampf auf Kosten künftiger Generationen zu betreiben.

BEE: „Starkes Zeichen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien“

Im Zentrum der Forderung steht eine Ausbauoffensive für die Erneuerbaren Energien. „Das ist ein starkes Zeichen von zig Dutzend renommierten Verbänden für den Klimaschutz und die Erneuerbaren Energien als Schlüsseltechnologien zur Erreichung der Klimaziele. Die Bundesregierung muss die Zeichen der Zeit erkennen und noch in dieser Legislatur nachsteuern. Klimaschutz hat bei Bürgerinnen und Bürgern hohe Priorität, denn damit ist die Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und eines zukunftsfähigen Standorts verbunden“, so BEE-Präsidentin Simone Peter.

Der Appell enthält die Forderung, die Blockaden beim Ausbau der Erneuerbaren unverzüglich zu lösen, indem für die Windenergie pauschale Mindestabstände abgeschafft, zwei Prozent der Landesfläche bereitgestellt und bundesweit einheitliche Regelungen für ihren naturverträglichen Ausbau geschaffen werden. Der jährliche Zubau von Wind und Photovoltaik solle erheblich gesteigert werden und auch das Potential der Erneuerbaren Wärmequellen statt fossiler Energien genutzt werden. Auch müssten für den Einsatz von grünem Wasserstoff als Energieträger der Zukunft bereits heute strenge Nachhaltigkeitskriterien definiert, die Sanierungsrate im Gebäudesektor deutlich gesteigert und der CO2-Preis den Klimazielen entsprechend nach oben angepasst sowie sozial begleitet werden.

„Die Forderungen der Verbände entsprechen auf weiten Strecken denen der Erneuerbaren-Energien-Branche, die ein ganzes Portfolio an bezahlbaren, innovativen Technologien ‚made in Germany‘ in den Sparten Solar, Wind, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft für den Einsatz in allen Sektoren bereithält, um Klimaschutz am Standort Deutschland und durch seine Exportstärke auch international zu betreiben. Der BEE hat Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie jetzt im Rahmen des EEG-Reparaturgesetzes oder des Bundesimmissionsschutzgesetzes Hürden für einen zügigen und bürgernahen Zubau der Erneuerbaren Energien beseitigt werden können. Die Zeit zu handeln ist jetzt“, so Peter abschließend.

->Quellen: