Umfassender politischer Abwägungs- und Entscheidungsprozess nötig
Studien aufgrund von Erfahrungen im Ausland zeigen nach Ansicht der Expertenkommission Fracking, dass sich die Umweltrisiken von Fracking durch eine angepasste Steuerung und Überwachung der Maßnahmen minimieren lassen. Allerdings seien dafür im Vorfeld ausführliche Erkundungen und eine gründliche Prüfung der Vulnerabilität der lokalen Schutzgüter erforderlich, heißt es im am 25.06.2021 dem Bundestag zugeleiteten Bericht 2021 der Expertenkommission Fracking (19/31490) – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag.
Fracking in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten bezeichnet eine Methode, mit der durch das Aufbrechen von Kiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein Erdgas oder Erdöl gewonnen wird. In Deutschland ist die kommerzielle Nutzung dieser Methode bisher verboten. Die sechsköpfige Expertenkommission hat laut Paragraf 13 des Wasserhaushaltsgesetzes die Aufgabe, über den Stand von Wissenschaft und Technik in Sachen Fracking zu berichten.
Nach Angaben der Kommission kann nun der Bundestag auf Grundlage des Berichts prüfen, ob das Verbot von Fracking angemessen ist. Dabei gibt die Kommission zu bedenken, dass sich seit ihrer Einsetzung im Jahr 2018 die klimapolitischen Rahmenbedingungen erheblich verändert hätten. Ob Fracking in unkonventionellen Lagerstätten angewandt werden solle, müsse deshalb „einem umfassenden politischen Abwägungs- und Entscheidungsprozess“ unterzogen werden, bei dem neben klimapolitischen Aspekten auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitliche Belange betrachtet werden müssten. (hib/CHB)
Im Wortlaut: Kernaussagen und Bewertungen des Berichts
„Aus den drei dazu beauftragten Studien leitet die Expertenkommission Fracking (ExpKom) folgende Kernaussagen und Bewertungen ab: Die Studien zeigen, dass sich die Umweltrisiken aufgrund von Fracking unkonventioneller Lagerstätten durch eine angepasste Steuerung und Überwachung der Maßnahmen minimieren lassen. Eine Erkundung des lokalen Geosystems im Zuge der Standortauswahl sowie ein sogenanntes „Baseline Monitoring“ im Vorfeld potenzieller Fracking-Vorhaben wird international in sehr unterschiedlichem Umfang durchgeführt. Die ExpKom hält ein ausführliches Baseline-Monitoring jedoch für zwingend erforderlich, um den Ausgangszustand eines Gebietes im Hinblick auf die zuvor genannten Aspektes systematisch zu erfassen und auf dieser Grundlage Ausschlussgebiete zu ermitteln und den Umfang und das Design von Schutzmaßnahmen zu konzipieren. Die Kommission betont, dass darüber hinaus zur Risikoabschätzung und -minderung auch spezifische Gefährdungspfade und die Vulnerabilität der lokalen Schutzgüter zu betrachten sind. Da Deutschland dichter besiedelt ist als z. B. die USA, muss die Vulnerabilität grundsätzlich höher eingeschätzt werden. Mit Hilfe von numerischen Simulationen können standortspezifische Parameter verwendet, Szenarien abgeleitet und Schwellenwerte definiert werden. Sobald festgelegte Grenzwerte überschritten werden, sind umgehend geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Gefährdungspotential zu minimieren. Dies kann auch eine Unterbrechung oder den vollständigen Abbruch einer Fracking-Maßnahme bedeuten.
Das in tiefen geologischen Formationen vorhandene Grundwasser unterscheidet sich in seiner chemischen Zusammensetzung und den physiko-chemischen Eigenschaften wesentlichen von den als Trinkwasser-Ressource genutzten oberflächennahen Grundwässern. Tiefengrundwässer sind hochmineralisiert und weisen für die oberflächennahen Umweltbedingungen störende Inhaltsstoffe auf. Deshalb müssen sowohl für den Flowback aus den Frac-Prozessen als auch für die Lagerstättenwässer im Vorfeld eines Fracking-Vorhabens Konzepte zur Aufbereitung, Lagerung und Entsorgung vorgelegt werden. Dabei muss der Fokus auf der Aufbereitung und Wiederverwendung liegen, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. Für die Nachbetriebsphase sind verbindliche Regelungen mit dem bergrechtlich verantwortlichen Unternehmen zu treffen.
Als selbstverständlich erachtet die ExpKom die Verwendung modernster Technik und Materialien. Insbesondere bezüglich Methanemissionen sind so bei allen Produktionsschritten erhebliche Reduzierungen zu erreichen. In den Antragsunterlagen für Genehmigungsverfahren müssen alle zum Einsatz kommenden Technologien und die Materialien, die verwendet werden sollen, dargelegt werden.
Mit dieser fachlichen Grundlage zum Stand von Wissenschaft und Technik bezüglich der Auswirkungen von Fracking unkonventioneller Lagerstätten auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, ist nach Einschätzung der Expertenkommission die Aufgabe abgeschlossen. Die Prüfung des Deutschen Bundestages zur Angemessenheit des Verbots für Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (nach WHG § 13a Absatz 1) kann nun vorgenommen werden. Die klimapolitischen Rahmenbedingungen haben sich seit Verabschiedung des zuvor genannten Paragraphen des WHG und der Einsetzung der Expertenkommission Fracking erheblich verändert. Ob die Option von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten in Betracht gezogen wird, muss einem umfassenden politischen Abwägungs- und Entscheidungsprozess unterzogen werden. Bei diesem müssen neben klimapolitischen Aspekten auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitliche Belange betrachtet werden.“
->Quellen: