Wasserstoff aus Klärschlamm?

100 kg H2 aus einer Tonne Biomasse

Am Fraunhofer ISI sowie an der TH Bingen haben zwei Wissenschaftler den mittels einer Testanlage auf Basis einer hybriden Reformierungstechnologie entwickelten BHYO-Prozess verfahrenstechnisch begutachtet und auf Möglichkeiten zur energietechnischen Systemintegration geprüft. Mit dem Verfahren lassen sich aus einer Tonne Biomasse bis zu 100 Kilogramm Wasserstoff herstellen – aus Abfällen aus der Landschaftspflege, dem Inhalt brauner Tonnen oder sogar aus kommunalem Klärschlamm. Ein Gutachten bescheinigte dem Prozess einen sehr guter Kaltgaswirkungsgrad.

Geringerer Fußabdruck fossilen Kohlenstoffdioxids

Biomasse: Rapsfelder bei Frankfurt – Luftaufnahme © Gerhard Hofmann für Solarify

Zudem weist die CO2-Bilanz für die Wasserstoffherstellung einen um ein Vielfaches geringeren Fußabdruck fossilen Kohlenstoffdioxids im Vergleich zur klassischen Herstellung aus Erdgas auf. Die geplante Weiterentwicklungsstrategie entspricht den hohen Standards der Prozessindustrie, um eine erfolgreiche Markteinführung zu gewährleisten.

TH Bingen: Prof. Martin Pudlik (Regenerative Energiewirtschaft) und Prof. Bernhard Seyfang (Chemische Verfahrenstechnik) haben die Herstellung von Wasserstoff aus Bioabfällen wie Klärschlamm geprüft. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für System und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) und der TH Bingen haben sie ein neuartiges Verfahren untersucht, das das Ludwigshafener Unternehmen BHYO GmbH entwickelt hat. Dabei werden die Bioabfälle unter Luftabschluss stark erhitzt und der Wasserstoff dadurch freigesetzt. Der gewonnene Wasserstoff kann für die Strom- und Wärmeversorgung oder als Kraftstoff für Fahrzeuge verwendet werden. Das Verfahren eignet sich gut zur Abfallverwertung für Kommunen, so das Ergebnis der Forscher.

„Im Rahmen der Entwicklung hin zu einer wasserstoffbasierten Gesellschaft müssen sämtliche Möglichkeiten zur H2-Erzeugung genutzt werden. Auf kommunalen Abfallströmen basierte Prozesse wie der von BHYO vorgeschlagene werden hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Basierend auf den Ergebnissen unserer Studie ist der Prozess verfahrenstechnisch als höchst innovativ einzustufen“, so Seyfang.

Analyse zur Systemintegration

Im Rahmen der Studie wurde neben der verfahrenstechnischen Bewertung auch eine Analyse zur Systemintegration durchgeführt. Hierbei wurde geprüft, wie sich der Prozess in vorhandene Systeme integrieren lässt. In der Analyse wurde zum einen eine anschauliche Anwendung entwickelt, welches eine mögliche Implementierung in ein kommunales System veranschaulicht. Zum anderen bietet die Analyse die Option, die Systemintegration des BHYO-Prozesses unter verschiedenen Ausgangskonfigurationen und verschiedenen Standorten zu prüfen.

Neue Technologien effizient in vorhandene Infrastrukturen integrieren

„Innovative, neue Prozesse müssen immer im Kontext der Systemintegration betrachtet werden. Dies bedeutet, dass die neue Technologie effizient in vorhandene Infrastrukturen von Kommunen und Unternehmen integriert werden kann. Der untersuchte Prozess bietet vor allem in der kommunalen Anwendung viele Möglichkeiten, zum Beispiel in der Strom- und Wärmeversorgung, aber vor allem auch in der Möglichkeit, den erzeugten Wasserstoff für kommunale Fahrzeuge wie Linienbusse oder Entsorgungsfahrzeuge zu nutzen“, erläutert Pudlik,  der auch wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ISI ist.

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