Nord Stream 2 unterliegt gegen Bundesnetzagentur

OLG Düsseldorf weist Beschwerde zurück

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 25.08.2021 eine Beschwerde der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG gegen die Bundesnetzagentur zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung kann beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt werden. Die Gasleitung von Sibirien nach Deutschland soll dieses Jahr in Betrieb gehen. Die Nord Stream 2 AG hatte das Gericht angerufen, nachdem die Bundesnetzagentur im Mai 2020 erklärt hatte, die Gasleitung auf deutschem Hoheitsgebiet nicht von der Regulierung auszuklammern. Die DUH begrüßte das Urteil.

Nord Stream 2 – Güterzug mit Röhren – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Der für energiewirtschaftsrechtliche Verfahren zuständige 3. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die Beschwerde der Nord Stream 2 AG zurückgewiesen. Damit unterfällt die Gasverbindungsleitung Nord Stream 2 der deutschen Regulierung durch die Bundesnetzagentur. Ob, wann und unter welchen Voraussetzungen die Pipeline in Betrieb genommen wird, ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Gerichts.

Die Nord Stream 2 AG hatte beantragt, den im deutschen Hoheitsgebiet verlaufenden, noch nicht komplett verlegten Teil der Nord Stream 2 Gaspipeline von der Regulierung freizustellen. Das wäre möglich, wenn die Gasverbindungsleitung vor dem 23. Mai 2019 fertiggestellt gewesen wäre. Das ergibt sich aus Art. 49a Richtlinie (EU) 2019/692 und aus § 28b EnWG. Die Bundesnetzagentur lehnte den Freistellungsantrag ab, weil die Pipeline zum Stichtag baulich nicht vollständig errichtet war. Die Beschwerdeführerin wollte demgegenüber darauf abstellen, dass zum Stichtag eine finale und unumkehrbare Investitionsentscheidung vorlag.

Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Senat das baulich-technische Verständnis des hier entscheidenden Begriffs der Fertigstellung bestätigt: Die Pipeline war nicht vollständig errichtet und damit nicht im Sinne des Gesetzes fertiggestellt. Die dagegen von der Beschwerdeführerin gewünschte wirtschaftlich-funktionale Auslegung lässt sich dem Wortlaut der Vorschriften, ihrer Systematik, ihrem Sinn und Zweck, den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte nicht entnehmen. Eine solche Auslegung ist auch nicht verfassungs- oder europarechtlich geboten.

Mit dem Begriff der Fertigstellung wird nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zum Ausdruck gebracht, dass die Herstellung einer Sache abgeschlossen bzw. beendet ist. Der Wortsinn der Regelungen ist eindeutig und beschreibt eine physisch vollständig errichtete oder nahezu vollständig errichtete Leitung. Ein Vergleich mit europäischen und nationalen Normen, die ebenfalls den Begriff der Fertigstellung verwenden, bestätigt in systematischer Hinsicht dieses Ergebnis. Auch sämtliche Dokumente, die das Ziel des europäischen Verordnungsgebers sowie auch des nationalen Gesetzgebers darlegen, deuten darauf hin, dass diese mit einer fertiggestellten Leitung das Vorstellungsbild von einer bereits physisch vollständig vorhandenen Leitung verbunden haben. Das hier angenommene baulich-technische Verständnis des Fertigstellungsbegriffs verstößt schließlich weder gegen Grundrechte der Beschwerdeführerin noch gegen das Rückwirkungsverbot oder den Vertrauensschutz.

Die EU-Regeln sehen unter anderem vor, dass Produktion, Transport und Vertrieb getrennt (Unbundling) sein müssen, Dritten ein Zugang zu der Röhre gewährt wird und die Netzentgelte von der Netzagentur reguliert werden. Der Bundesnetzagentur zufolge bedeutet das Unbundling laut FAZ nicht, dass Gazprom die Pipeline verkaufen muss. Es seien auch andere Maßnahmen, darunter eine getrennte Buchhaltung, möglich. Die Nord Stream 2 AG hat die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Senats Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einzulegen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt das OLG-Urteil. Die Betreibergesellschaft des fossilen Mega-Projekts habe mit der Klage eine Befreiung von Regulierungsvorgaben erreichen und damit auf Kosten von Klima- und Umweltschutz wirtschaftliche Vorteile erlangen wollen. Als Konsequenz fordert die DUH von Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz, sich klar gegen fossile Mega-Projekte wie Nord Stream 2 und die geplanten Flüssigerdgas-Terminals in Brunsbüttel und Stade zu positionieren. Dazu startete die DUH eine Protestmail-Aktion: Bürgerinnen und Bürger können die Kanzlerkandidatin und -kandidaten auffordern, neuer fossile Infrastruktur abzusagen und stattdessen Erneuerbare Energien auszubauen.

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