Rechenschaftsbericht 2021 der Bundesregierung zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt vorgelegt

Notwendige Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt noch nicht erreicht

Viele mit der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt verfolgten Ziele wurden sind nicht erreicht worden, berichtet der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Das geht aus dem Rechenschaftsbericht 2021 der Bundesregierung zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (19/31999) hervor, der dem Bundestag in Form einer Unterrichtung zugegangen ist.

Biodiversität – Foto © Veronika Neukum für Solarify

Der 141 Seiten starke Bericht stellt die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie in elf unterschiedlichen Themenfeldern wie Schutzgebiete, Natura 2000 und Biotopverbund, Wälder, Wildnis, Küsten und Meere, Flüsse und Auen, Landwirtschaftsflächen, Insektenschutz, Naturschutzstrategie für Bundesflächen und internationale Verantwortung dar. Auch wenn nicht alle Ziele erreicht worden seien, sei die Strategie doch wirksam und habe eine Vielzahl an Aktivitäten angestoßen, heißt es im Bericht. Auch in der Naturschutzfinanzierung seien deutliche Verbesserungen erzielt worden, es gebe aber „weiterhin eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Mitteln, die in Deutschland zum Schutz der biologischen Vielfalt zur Verfügung stehen, und dem Mittelbedarf, um eine nachhaltige Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt zu erreichen“.

Die Bundesregierung hatte die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt 2007 beschlossen. Der Umsetzungsstand muss in jeder Legislaturperiode mit einem Rechenschafts- und Indikatorenbericht dargestellt werden. Da die Bundesregierung eine Neuausrichtung der Strategie beschlossen hat, stellt der vorliegende Bericht den Abschluss der bisherigen Strategie dar. (hib/CHB)

Im Wortlaut: Bilanz und Ausblick

„Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt hat aufgezeigt, in welche Richtung die Entwicklung gehen muss, um die biologische Vielfalt für die heute lebenden Menschen und die künftigen Generationen zu erhalten, und wie wir handeln müssen. Dieser Bericht belegt, dass wir seit 2007, aber gerade auch in den letzten Jahren, große Fortschritte erreicht haben. Die Vielzahl an Anstrengungen zeigt Erfolge für die biologische Vielfalt. Das ist gut so, denn wir brauchen eine vielfältige Natur. Die biologische Vielfalt ist wesentliche Grundlage für das Leben auf der Erde. Ihr Rückgang führt zum Verlust von Gütern, Leistungen und Werten für uns Menschen. Denn sowohl unsere Lebensqualität als auch unsere Gesundheit und die gesellschaftliche Entwicklung hängen von ihr ab.

Der Erhalt und zum Teil auch die Wiederherstellung der Artenvielfalt und funktionierender Ökosysteme können einen wichtigen Beitrag leisten, die Ausbreitung und das Risiko von Zoonosen zu reduzieren.

Die Natur braucht ihrerseits Vielfalt – sie ist ihr wichtigstes Überlebens- und Anpassungsprinzip. Und die Natur wird nicht nur für den Menschen geschützt. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Natur und Landschaft auch „auf Grund ihres eigenen Wertes“ zu erhalten.

Der Bericht zeigt: Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt ist wirksam. Sie hat eine Vielzahl an Aktivitäten angestoßen. Sie wirkt in sehr unterschiedlicher und vielfacher Weise, manchmal direkt und manchmal eher indirekt. In dem Berichtszeitraum von 2017 bis 2021des vorliegenden Rechenschaftsberichts wurden weitere rechtliche Regelungen beschlossen und weitere Strategien zu einzelnen Themenschwerpunkten der NBS ins Leben gerufen. Bestehende Strategien wie bspw. die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wurden einer umfassenden Neuauflage unterzogen und an die Agenda 2030für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sowie deren 17 Ziele (UN Sustainable Development Goals (SDG)) angepasst. Länder und Kommunen haben ihre eigenen Strategien umgesetzt bzw. weiterentwickelt oder diese erarbeitet, falls sie noch nicht vorlag.

Es gab deutliche Verbesserungen auch in der Naturschutzfinanzierung. Auch die Mittel für die einschlägigen Bundesförderprogramme, die der Umsetzung der NBS dienen, wurden in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. Dadurch konnten zahlreiche und vielfältige Projekte für die biologische Vielfalt angestoßen und umgesetzt werden. Dennoch gibt es weiterhin eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Mitteln, die in Deutschland zum Schutz der biologischen Vielfalt zur Verfügung stehen und dem Mittelbedarf ,um eine nachhaltige Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt zu erreichen.

Zudem wurde ersichtlich, dass erfolgreicher Umwelt- und Naturschutz nicht nur Unterstützung auf politischer Ebene braucht, sondern Akzeptanz und Unterstützung in der ganzen Gesellschaft. Es ist entscheidend, dass alle relevanten Akteursgruppen zusammenarbeiten, um dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegenzuwirken. Dieser Grundgedanke, der von Anfang an die Umsetzung der Strategie begleitet hat, wurde fortgeführt. So wurde der Dialogprozess zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt bspw. über die Dialogforen verstetigt. Diese dienten dem Austausch und für konstruktive Diskussionen mit gesellschaftlichen Akteuren zu vielfältigen Themen und bildeten oft die Basis für konkrete Maßnahmen. Wettbewerbe und Auszeichnungen haben nicht nur vorbildliches Handeln belohnt, sondern auch vielerorts zu neuen Aktivitäten angeregt.

Der Bundesregierung ist auch die internationale Dimension von Erhaltung und nachhaltiger Nutzung der biologischen Vielfalt ein zentrales Anliegen. Die Umsetzungsaktivitäten zur NBS haben sowohl die Strategien und Pläne auf europäischer als auch auf internationaler Ebene im Blick. Deutschland gehört seit Jahren zu den führenden Staaten, wenn es um die Unterstützung von Aktivitäten zur biologischen Vielfalt weltweit geht.

Bei der Umsetzung der NBS in dem zugrunde liegenden Berichtszeitraum wurden zwar weitere wichtige Erfolge und wegweisende Meilensteine zum Schutz der biologischen Vielfalt erreicht. Ohne die Wirkung der NBS ginge es der biologischen Vielfalt in Deutschland deutlich schlechter. Dennoch hat das im vorliegenden Bericht beschriebene Indikatorenset gezeigt, dass der Großteil der verfolgten Ziele der Strategie weiterhin nicht im ausreichendem Maße erreicht werden konnte und das, obwohl viele der Ziele der Strategie auf das Zieljahr2020 fokussiert wurden und im Laufe dieses Jahres auslaufen werden. Die notwendige Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt in Deutschland wurde noch nicht erreicht.

Auch deshalb wurde von der Bundesregierung, unter Federführung des BMU, ein Prozess zur Neuausrichtung und Weiterentwicklung der NBS angestoßen. Um die NBS zukunftsfest zu machen, steht eine Aktualisierung und Modernisierung der Strategie an, auch vor dem Hintergrund, dass es auf EU- sowie auf internationaler Ebene im Rahmen der CBD neue Zielsysteme für den Schutz der Biodiversität gegeben hat bzw. geben wird. Daher ist eine Weiterentwicklung der NBS mit konkreten Zielen und Maßnahmen für die Zeit nach 2020 geplant. Dieser Prozess der Weiterentwicklung wird wie die Umsetzung der aktuellen NBS durch Stakeholderdialoge begleitet werden. Biodiversität istin Menschheitsthema, auf allen Ebenen werden die Fahrpläne für die nächsten Jahrzehnte für die Biodiversität aufgestellt. Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung und Vorreiterrolle bewusst. Bisherige Bemühungen zum Schutz der biologischen Vielfalt müssen verstärkt werden, nicht irgendwann, sondern jetzt.“

->Quellen:

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/319/1931999.pdf

https://www.bundestag.de/hib#url=L3ByZXNzZS9oaWIvODU2MTU4LTg1NjE1OA==&mod=mod454590