Konturen einer Verkehrswende
Mobilität ist Freiheit; Mobilität ist Grundbedingung für den Wohlstand; Mobilität nimmt permanent zu; Mobilität verursacht ein Viertel des globalen CO2-Ausstoßes – kurz: die Bewältigung künftiger Mobilitätsströme ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Benedikt Weibel – selbst seit 43 Jahren an zentralen Stellen im Mobilitätsgeschäft tätig – leuchtet in 37 Reflexionen in seinem im NZZ-Verlag erschienen Buch Wir Mobilitätsmenschen. Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr das komplexe Mobilitätsgeschehen von seinen Anfängen über die Gegenwart bis in die Zukunft auf. Daraus lassen sich die Konturen einer Verkehrswende ableiten, welche die Mobilität von Menschen und Gütern sichert und zugleich das unumgängliche langfristige Ziel erreicht: Den Verkehr von fossilen Treibstoffen zu befreien.
Der Spagat zwischen Freiheit, Wohlstand und Nachhaltigkeit ist machbar – aber wie?
Mobilität ist fester Bestandteil unseres Lebens: Menschen bewegen sich unablässig, transportieren Arbeitskraft und Güter. Beides gilt als Grundlage unseres Wohlstands. Die individuelle Freiheit, zumindest ein kleines Überbleibsel nomadisches Leben zu pflegen, ist uns viel wert. Wird sie uns verwehrt, vermissen wir sie bitter; das hat uns die Corona-Pandemie vor Augen geführt. Nie zuvor war so viel Mobilität möglich, und nie stand sie so auf dem Prüfstand wie heute, verursacht sie doch ein Viertel des globalen CO2-Ausstoßes.
Seit Jahrzehnten arbeitet Benedikt Weibel in führenden Positionen der Mobilitätsbranche. Fachkenntnis und Erfahrung ermöglichen ihm die umfassende und doch kompakte Analyse der Frage, wie eine Verkehrswende ohne fossile Treibstoffe funktionieren kann, die Menschen und Gütern die freie Bewegung auch in der Zukunft zugesteht. In seinem Buch beleuchtet er die Geschichte der Mobilität ebenso wie philosophische, ökonomische, soziologische, psychologische, technologische und transporttechnische Zusammenhänge von Mobilitätsströmen.
Welche Rolle räumen wir dem individuellen ökologischen Fußabdruck ein?
Wie gestaltet sich der Ist-Zustand, und wo wollen wir hin? Auf dieser Grundlage entwirft der Autor ein langfristiges Konzept für eine gelingende Verkehrswende. Das erfordert Entscheidungen – auch unbequeme. Gewohnheit und Bequemlichkeit stehen notwendigen Veränderungen im Weg und lassen uns den eigenen ökologischen Fußabdruck immer wieder wegschieben. Das spielt – nur ein Beispiel – den Marketinginstrumenten der Automobilindustrie in die Hände: Schwere SUVs, hochgetunte Geschosse, Dramen und Machtdemonstrationen auf den Autobahnen – wer Auto fährt, kennt die Rollenmuster. Auch hier ist das „Verkehrsklima“, so Benedikt Weibel, erbärmlich schlecht. Friedliche Koexistenz geht anders. Und angesichts des munteren Treibens auf unseren Straßen und des stetig zunehmenden Verkehrs stellt sich die Frage: Wie viele von uns nehmen ihre persönliche Öko-Bilanz wirklich ernst?
Die Zeit ist reif – Ideen und Werkzeuge für eine Verkehrswende sind vorhanden
Die individuelle Ebene ist nur eine Seite der Medaille. Mit differenziertem Blick auf die maßgeblichen Bereiche wie Verkehrsinfrastrukturen, technologische Innovationen, politische Eingriffe in das Verkehrsgeschehen und die Digitalisierung, auf den Güterverkehr oder auf die Risiken und Chancen der einzelnen Mobilitätsformen bildet Weibel ein breit gefächertes Panorama der Gesamtsituation ab. Wie sieht diese aus, warum haben sich die Dinge so entwickelt und wie kann und muss die Zukunft aussehen? Ansätze, die sich wie ein roter Faden durch alle Einzelaspekte ziehen.
Mobilität ist nicht nur ein komplexes, sondern auch ein dynamisches Gebiet. Das erleichtert der oft schwerfälligen Politik die notwendigen Weichenstellungen nicht gerade. Wie die Gestaltung einer zukunftsrelevanten Verkehrswende vorangetrieben werden kann, kommt schlussendlich kompakt zur Sprache. Unbestritten ist zum Beispiel die Effektivität monetärer Steuerungsinstrumente. Warum werden sie so zögerlich eingesetzt? Auf welche Art und Weise müssen wir Krisen wie 2011 in Fukushima oder Pandemien wie COVID-19 mit einrechnen? Warum klaffen vereinbarte Klimaziele und deren Umsetzung nach wie vor eklatant auseinander? Dringliche Fragen, die alle angehen – Bürger und Politiker, Verkehrsverbände und Behörden, die gesamte Zivilgesellschaft. Mit konkret benannten Zielen, Aktionsfeldern und Werkzeugen zeigt Benedikt Weibels neues Buch realistische Lösungswege für eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Benedikt Weibel (*1946), ist promovierter Betriebswirtschafter. 1978 trat er in die SBB ein und war von 1993 bis 2006 SBB-Chef. Von 2002 bis 2003 Verwaltungsrat der französischen Staatsbahn SNCF, 2003 bis 2006 Präsident der Union Internationale de Chemin de Fer. Im Auftrag des Bundesrates koordinierte er die Fussßball-Europameisterschaft 2008. 2007 – 2016 Honorarprofessor für „Praktisches Management“ an der Universität Bern. 2008 bis 20219 Präsident des Verwaltungsrates der Schweizerischen Rheinhäfen, Seit 2008 Präsident des Aufsichtsrates der privaten österreichischen WESTbahn. 2013 wurde er mit dem Europen Rail Award ausgezeichnet. Als Publizist schreibt er Kolumnen und Sachbücher.
Wir Mobilitätsmenschen. Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr, 200 Seiten, NZZ Libro, Basel, 2021, 200 S., € 34.– ISBN: 978-3-907291-56-6
->Quelle: nzz-libro.ch/benedikt-weibel-wir-mobilitatsmenschen-pressetext