Klimatransparenzbericht 2021
Die G20-Länder unternehmen nicht genug, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Deutschlands Maßnahmen sind nirgendwo Vorreiter. Eine Kursänderung ist dringend erforderlich. Julia Broich hat sich für energiezukunft – Das Portal für Erneuerbare Energien und die bürgernahe Energiewende – den Klimatransparenzbericht 2021 näher angeschaut.
Trotz aktualisierter Klimaziele im Vorfeld des COP26 würden die derzeitigen Maßnahmen der G20-Länder noch immer zu einer Klimaerwärmung von 2,4 Grad bis Ende des Jahrhunderts führen.
Zu diesem Schluss kommt der Klimatransparenzbericht 2021, der jährlich die Klimamaßnahmen der wichtigsten Industrie und Schwellenländer prüft. Experten aus 16 Partnerorganisationen analysieren Anpassung, Abschwächung und Finanzierung anhand von 100 Indikatoren. Sie decken Lücken ebenso auf wie gute Praktiken und nachahmenswerte Strategien auf dem Weg zu einer Netto-Null-Wirtschaft. Nach eigenen Angaben ist der Report die weltweit umfassendste Analyse aller klimaschutzrelevanten Daten der G20, die für gut 75 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind.
Anteil Erneuerbarer Energien steigt …
Der Umbau des Energiesektors bleibt der Schlüssel für eine CO2-arme Wirtschaft. Eine positive Nachricht ist, dass Erneuerbare Energien auch in der Pandemie weiter ausgebaut wurden. Für 2020 hat sich beispielsweise die neu installierte Kapazität von Windenergie im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt, besonders vorangetrieben durch den starken Zubau in Australien, Brasilien, China, der EU als Ganzes und den USA. Die Photovoltaik verzeichnete ebenfalls ein starkes Wachstum, mit Neuinstallationen in Brasilien, China, der EU und den USA. Erneuerbare Energien werden deshalb in den G20-Ländern bis Ende des Jahres voraussichtlich knapp 30 Prozent der Stromerzeugung ausmachen. Dabei entfällt der größte Anteil auf große und kleine Wasserkraft (54 %), gefolgt von Wind (23 %) und Solarenergie (12 %).
… Kohle- und Gasverbrauch auch
Allerdings ist auch der Kohle- und Gasverbrauch wieder auf dem Vormarsch und Emissionen werden 2021 die Vor-Pandemie-Werte von 2019 übersteigen. Die Kohleverstromung in China, den USA und Indien wird weiter erhöht, wobei China mehr als die Hälfte der gesamten Kohle produziert und verbrennt.
Doch auch der rasant wachsende Gaskonsum wird zum Problem: Er stieg in den letzten fünf Jahren um ganze 12 Prozent an, wobei die USA mit einem Fünftel der weltweit größte Produzent und Verbraucher von Gas sind. Der Anstieg ist dabei auch darauf zurückzuführen, dass Länder wie Deutschland aus der Kohle aus- und auf Erdgas umsteigen. Eine riskante Strategie, da Gasanlagen nur für den Übergang sinnvoll erscheinen. Ein Großteil neugebauter oder geplanter Anlagen stellt damit keine langfristige Investition in eine CO2-neutrale Wirtschaft dar. Oder wie der Bericht bezeichnend tituliert: Gas ist eine Brücke ins Nirgendwo.
Deutschlands Energiewende bleibt hinter Großbritanniens 100-Prozent-Strategie zurück
Die Beurteilung Deutschlands fällt gemischt aus. Deutschland investierte im Vergleich zwar deutlich mehr Geld in einen grünen Post-Corona-Wirtschaftsaufschwung als andere G20-Länder, fällt jedoch in vielen anderen Bereichen hinter diesen zurück. Auch einige EU-Nachbarn agieren erfolgreicher. Der halbherzige Kohleausstieg, Zögerlichkeit beim Ende für den fossilen Verbrennermotor und wenig Fortschritte im Verkehrssektor gehören zu den hervorstechenden Problembereichen Deutschlands.
Deutlich zeigt sich in dem Bericht auch das Stocken der Energiewende in Deutschland. Ein nicht ausreichender Ausbau und wenig ambitionierte Strategien für Wind- und Solarenergie tragen maßgeblich dazu bei, dass Deutschlands Klimamaßnahmen insgesamt als unzureichend bewertet werden. Deutschland hat zwar im Juni 2021 eine Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen, die das Emissionsminderungsziel für 2030 von 55 Prozent auf 65 Prozent erhöht, und das Ziel der Klimaneutralität auf 2045 vorzieht. Doch für dieses neue Ziel gibt es noch keinen konkreten Fahrplan.
Eine entsprechende Reform des EEG kam bisher nicht zustande. Das derzeitige Ziel, bis 2035 65 Prozent der Energie aus Erneuerbaren Ressourcen zu beziehen, ist nicht ausreichend. Obwohl die EU, Deutschland, und Großbritannien im Jahr 2020 den höchsten Anteil an Solar- und Windenergie hatten, hat nur Großbritannien sowohl kurzfristige als auch langfristige Strategien für 100 Prozent Erneuerbare Energien.
Klimaziele werden weit verfehlt
Der Report zeigt deutlich auf, wie weit die Welt davon entfernt ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Für fast alle Länder zeigt sich eine deutliche Lücke zwischen aktuellen Maßnahmen, selbstgesetzten Zielen und dem, was für eine CO2-neutrale Welt notwendig wäre.
Die Klimamaßnahmen von Russland und Saudi-Arabien werden insgesamt sogar als kritisch unzureichend eingestuft. Dies bedeutet, dass die globale Erwärmung 4 Grad überschreiten würde, wenn alle Regierungen diesen Ansatz verfolgen würden. Aber auch G20-Länder, die im Vergleich am besten abgeschnitten haben, können mit ihren derzeitigen Strategien die Erderwärmung nicht ausreichend begrenzen. Zweifellos liegt noch viel Arbeit und Diskussionsbedarf vor den Teilnehmern des COP26.
Klima retten mit Erneuerbaren
Die CO2-Emissionen des Energiesektors machen 78 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus, wobei der größte Anteil auf den Stromsektor entfällt. Dank des Zubaus an Erneuerbaren Energien sank jedoch die CO2-Intensität des Energiesektors in den letzten fünf Jahren um 4 Prozent. Hauptempfehlung für den Energiesektor der G20 sind Kohleausstieg und eine Priorisierung von Investitionen in Erneuerbare Energien. Um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, muss der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2040 auf mindestens 75 Prozent erhöht und Kohle auf null reduziert werden. jb
->Quelle: energiezukunft.eu/klimawandel/globale-klimaneutralitaet-niemand-macht-genug