Wirtschaftlichkeit von PV-Dachanlagen ab Mitte 2022 gefährdet

UBA: Selbst mit Eigenverbrauch

Vor dem Hintergrund der immer weiter sinkenden Einspeisevergütungen für die Photovoltaik-Dachanlagen sei deren Wirtschaftlichkeit derzeit maßgeblich von einem möglichst hohen Anteil eines solaren Eigenverbrauchs abhängig. Wenn der bestehende Degressionsmechanismus im EEG jedoch nicht schnell angepasst werde, könnte ab dem zweiten Quartal ein rentabler Betrieb selbst bei großem Eigenverbrauch nicht mehr möglich sein, schreibt Sandra Enkhardt am 22.10.2021 in pv magazine. Zudem werde eine einmalige Erhöhung der Tarife gefordert sowie die Schaffung einer eigenen Vergütungsklasse für Volleinspeiser.

Je nach Höhe der angenommenen Systempreise und deren Entwicklung war im April 2021 ein Eigenverbrauchsanteil von 12 bis 70 Prozent erforderlich, um Dachanlagen wirtschaftlich zu betreiben. Bis Mitte 2022 würde bei einer weiteren Absenkung der Einspeisevergütungen nicht mal mehr Eigenverbrauch die Anlagen rentabel machen.

Seit Juli 2018 sinken die festen Einspeisevergütungen für PV-Dachanlagen monatlich. Die Degression lag dabei zwischen 1,0 und 1,8 Prozent. Im Oktober liegt der Tarif für neue Anlagen bis 100 Kilowatt Leistung je nach Größe zwischen 5,43 und 7,14 Cent pro Kilowattstunde. Doch während die Einspeisevergütung monatlich sinkt, werden die Kosten für die Installation der PV-Dachanlagen nicht im gleichen Maße günstiger. Eher vom Gegenteil ist zuletzt zu hören, so liegen die Modulpreise mittlerweile wieder auf einem Niveau von 2019 und auch die begrenzten Installationskapazitäten bei den Handwerkern wirken sich aus.

Das Umweltbundesamt hat daher das Öko-Institut mit einer Studie beauftragt, die zu dem Ergebnis kommt, dass sich mittlerweile viele dieser PV-Anlagen nur noch rechnen, wenn zumindest ein Teil des erzeugten Solarstroms selbst verbraucht wird. Doch auch dies könnte bald vorbei sein: „Wenn der ungleichmäßigen Entwicklung von Vergütung und Kosten nicht entgegengewirkt wird, werden bis Mitte 2022 viele der untersuchten Anlagen trotz anteiliger Eigenversorgung nicht mehr wirtschaftlich sein.“ Dies ist die Kernaussage, der nun veröffentlichten Studie „Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Dachanlagen. Eine differenzierte Betrachtung von Volleinspeise- und Eigenverbrauchsanlagen“. Daher sollte eine einmalige Anhebung der Vergütungssätze geprüft werden, um den starken Anstieg der Photovoltaik-Systempreise aus den vergangenen Quartalen auszugleichen.

Die Autoren sehen einen raschen Anpassungsbedarf des Degressionsmechanismus im EEG, um einen hohen Zubau von Photovoltaik-Dachanlagen abzusichern. „Die Vergütungssätze für Volleinspeise-Anlagen müssten bei mittleren Stromgestehungskosten, je nach Anlagenklasse, um 4,1 bis 5,6 Cent pro Kilowattstunde höher liegen“, heißt es mit Verweis auf den Stand April 2021. „Diese Erhöhung könnte als Zuschlag oder als separates Vergütungssegment für Photovoltaik-Dachanlagen, die ihren Strom ausschließlich in das Stromnetz einspeisen, im EEG implementiert werden.“ Daher sollte eine eigenes Vergütungssegment für Volleinspeiser geschaffen werden.

Damit soll zugleich eine Vollbelegung der Dächer mit Solarmodulen und nicht eine Optimierung der PV-Anlagen auf Eigenverbrauch gefördert werden. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, sollten die Wechselmöglichkeiten zwischen Eigenverbrauchsnutzung und Volleinspeise-Aufschlag eingeschränkt werden, heißt es in der Studie.

Zugleich fordern die Autoren, den Degressionsmechanismus so zu überarbeiten, dass der Fokus auf das Erreichen der für den Klimaschutz notwendigen PV-Leistung erreicht wird. Der „atmende Deckel“ im EEG sollte zu einer „atmenden Hebebühne“ werden. „Hierzu muss zunächst der Zielzubau auf einen adäquaten Wert erhöht werden. In den letzten zwei Jahren lag der realisierte Zubau immer deutlich über den Zielwerten. Dadurch wurden die Vergütungssätze stark gemindert, was in der Folge einen hohen PV-Zubau gefährden kann“, heißt es weiter. Die Basisdegression sollte für einen relativ großen Bereich bei einer Überschreitung des Zielzubaus gelten, beispielsweise bis zu 1000 Megawatt über der Marke. „Die aktuelle Basisdegression (0,4 Prozent pro Monat) würde die prognostizierte Lernkurve der Photovoltaik-Systeme relativ gut abbilden, sollte perspektivisch jedoch noch weiter abgesenkt werden“, heißt es dazu weiter.

Als dritte dringliche Aufgabe sehen die Autoren eine Evaluation der Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen. Diese sollte regelmäßig erfolgen, um falls notwendig bei den Vergütungssätzen und dem Degressionsmechanismus gegenzusteuern. Die Evaluation sollte die Basis für die Justierung sein. „Das Ziel sollte sein, dass eine Wirtschaftlichkeit für möglichst viele Segmente von PV-Anlagen (Volleinspeise-Anlagen, Eigenverbrauchsanlagen, verschiedene Größenklassen) gegeben ist und diese zur Dekarbonisierung des Stromsystems bei ansteigender Stromnachfrage beitragen können.“ Mit der „aktuellen Vergütungskonfiguration“ sei dies nicht der Fall und ab Mitte 2022 könnte diese den Photovoltaik-Ausbau „erheblich abbremsen“. „Um den starken Anstieg der PV-Systempreise der letzten zwei Quartale auszugleichen, könnte eine einmalige Anhebung der Vergütungssätze sinnvoll sein. Spätestens wenn es sich zeigt, dass es im nächsten Quartal keine Trendumkehr gibt, wäre diese Maßnahme dringend angeraten“, so die Empfehlung.

Empfehlungen für Hauseigentümer und Installateure

In der Studie haben die Autoren zudem auch Empfehlungen für Hauseigentümer und Photovoltaik-Installateure zusammengetragen. Sie empfehlen im Sinne des Klimaschutzes ihre Photovoltaik-Anlagen über die gesamte verfügbare Dachfläche planen und nicht auf Eigenverbrauch optimieren. Die Investitionsrisiken verringerten sich bei höheren Einspeiseanteilen, da die durch vermiedenen Strombezug erreichbaren Opportunitätserlöse mit Prognoseungenauigkeiten bezüglich Stromnachfrage und Strompreis-Entwicklung einhergehen, heißt es weiter.

Als nicht wirtschaftlichkeitsfördernd wird die Anschaffung einen Photovoltaik-Batteriespeichers bewertet. „Auch die Anschaffung eines Batteriespeichers führt tendenziell zu einer Minderung der Wirtschaftlichkeit des PV-Systems, da die Erhöhung des realisierbaren Eigenverbrauchs die zusätzlichen Anschaffungskosten meist nicht amortisieren können. Somit kann es sinnvoll sein, das verfügbare Budget für zusätzliche PV-Module zu nutzen“, so die Empfehlung. Aus Sicht der Autoren müsse ein Umdenken in der Kommunikation erfolgen. Nicht mehr nur der eigene „Stromkosmos“ im Haus, sondern das Ziel der Klimaneutralität sollte stärkere Beachtung finden.

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