Aber zwei Drittel des französischen Stroms kommen immer noch aus Kernenergie
In Frankreich rücken die Wahlen näher, und passend zur Weltklimakonferenz verkündet die Regierung ihren solaren Fahrplan – ein Amuse-Gueule für alle Klimawähler. Umweltministerin Barbara Pompili stellte gegenüber der französischen Presse zehn Maßnahmen vor, die im Aktionsplan enthalten sind. Nicole Allé hat sich den französischen Aktionsplan für energiezukunft näher angeschaut.
Einige der darin genannten Maßnahmen sind nicht neu und befinden sich bereits in der Umsetzung – etwa die neue Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen bis 500 Kilowatt und eine Solarpflicht auf bestimmten Gebäudearten. So ist nach dem im August 2021 verkündeten Klima- und Resilienzgesetz die Installation von Photovoltaik-Paneelen auf Lagerhallen, Hangars und Parkhäusern von mehr als 500 Quadratmetern Pflicht.
Die neuen Bestimmungen betreffen vor allem die Nutzung degradierter Flächen und die Freigabe öffentlicher Räume für den Ausbau, dabei den Flächenverbrauch zu begrenzen und eine Beschleunigung der Verwaltungsverfahren.
„Wir brauchen einen großen Plan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien“, erklärte die für den ökologischen Wandel zuständige Ministerin gegenüber France Info. Bis 2028 sollten die Anlagen zur Stromerzeugung durch Photovoltaik verdreifacht werden. Der Plan ziele auf eine flächendeckende Versorgung im gesamten Hexagon mit Solarstrom ab. „Wir müssen unseren Stromanteil erhöhen, denn heute stammen zwei Drittel der in Frankreich verbrauchten Energie aus fossiler Energie.“
Atom first
2017 hatte Präsident Macron auf der UN-Klimakonferenz in Bonn die Abschaltung der vier letzten französischen Kohlekraftwerke bis 2022 angekündigt. Zwei sind vom Netz, ein weiterer Kohlemeiler wird planmäßig nächstes Jahr abgeschaltet. Lediglich das Kraftwerk bei Nantes soll bis 2026 betrieben werden – aus Kostengründen, ließ Frankreichs Energiekonzern EDF verlauten, weil die Umstellung auf Biomasse zu teuer sei.
Kohle steht in Frankreich lediglich noch für ein knappes Prozent der Stromproduktion, fast 70 Prozent kommen nach wie vor aus der Atomkraft. Versprochene Energiewende-Ziele hinsichtlich des Verhältnisses Atomenergie und Erneuerbare Energien wurden regelmäßig revidiert.
Gegen den Solarenergie-Ausbau spricht in Frankreich mit seinen großen verfügbaren Flächen und hoher Sonneneinstrahlung nur eines: die Macht der Atomlobby. Macron spricht sich, wie seine Vorgänger, für die Atomenergie als wichtigste Energieform aus, und verkauft sie noch als Klimaschutz. Im Zuge dergeplanten grünen EU-Taxonomie will er durchsetzen, dass Atomkraft als nachhaltig eingestuft wird. In einer Fernsehansprache kündigte er nun den Bau neuer Atomreaktoren an, erwähnte dabei auch das Vorhaben, Erneuerbare Energien weiter auszubauen.
Solare Ausbauziele in Gigawatt
Aktuell macht die Photovoltaik rund zwei Prozent der Stromproduktion in Frankreich aus. Im Vergleich dazu entfallen 67 Prozent auf Kernenergie, 7 Prozent auf Windkraft und 1 Prozent auf Kohle. „Wir sind spät dran“, gab die Umweltministerin zu. Frankreich hätte lange Zeit zu wenig in Erneuerbare Energien investiert. Frankreich solle nun „elektrifiziert“ werden. Aber Frankreich ist bereits elektrifiziert – vor allem die Heizungen laufen hauptsächlich mit Atomstrom. Mit dem Aktionsplan soll nun die Installation von über drei Gigawatt Photovoltaik pro Jahr bis Ende 2025 gefördert werden, möglichst verteilt über das ganze Land. Das Umweltministerium konzentriert sich bei seinen Plänen auf Brachflächen, die nach Angaben der Ministerin ein Potenzial von acht Gigawatt aufweisen.
1.000 Photovoltaik-Projekte bis 2025
Der Plan sieht die Installation von rund 1.000 Photovoltaik-Projekten auf öffentlichen Flächen bis 2025 vor. Insbesondere Projekte auf den Raststätten der konzessionierten Autobahnen werden durch Anpassungen der Nutzungsdauer des entsprechenden öffentlichen Autobahnbereichs erleichtert. Außerdem will die Regierung ein Label für solarisierte Städte und Départements „villes et départements solaires“ schaffen, um das Engagement der Kommunen beim Einsatz von Solarenergie zu fördern.
Verwaltungsverfahren für kleine Projekte sollen vereinfacht werden. Somit wird die Installation von Photovoltaikmodulen an bestehenden Gebäuden und Parkdächern nicht mehr einer Umweltprüfung unterzogen. Zudem wird für kleine Projekte die Baugenehmigung nicht mehr benötigt; eine vorherige Leistungserklärung genügt. In Kürze werde ein Erlass veröffentlicht, womit die Netzentgeltkosten für kleine Projekte unter 500 Kilowatt ausgeglichen werden.
Das Umweltministerium werde 2022 eine umfassende Prüfung der verschiedenen Kategorien von Projektträgern durchführen, um neue Vereinfachungsmaßnahmen zu ermitteln. PV-Projektentwickler sowie Energiegemeinschaften müssten unterstützt werden.
Regelmäßige Ausschreibungen für große Photovoltaik-Dachprojekte und Freiflächenanlagen auf degradierten Flächen sind geplant. Im Sommer starteten Ausschreibungen für die Errichtung von Solarparks mit mehr als 500 Kilowatt (kW) für den Zeitraum 2021 bis 2026. In diesem Zeitraum zielen die Ausschreibungen jedes Jahr auf die zusätzliche Produktion von 3 Gigawatt (GW) gegenüber 2,3 GW bis dahin. Dies entspreche in etwa zwei aktuellen Kernreaktoren.
Solares Tuning: Bis 2023 von 12 auf 18 Gigawatt
Die Entwicklung der Solarenergie beschleunige sich seit 2017, jedoch langsamer als die Windkraft. Photovoltaik mache nun 12 GW installierte Leistung aus. Ziel des mehrjährigen Energieprogramms sei es, im Jahr 2023 rund 18 bis 20 GW zu erreichen.
„Das Tempo muss daher in zwei Jahren nahezu verdoppelt werden“, so die Ministerin. Die derzeit installierte Photovoltaik-Kapazität von 12 Gigawatt müsse bis 2028 verdreifacht und bis 2050 versiebenfacht werden, so Pompili. Und Frankreich solle dann über mindestens 35 bis 44 Gigawatt Photovoltaik verfügen. na
->Quelle: energiezukunft.eu/frankreich-will-solarenergie-ausbau-beschleunigen