Bald Akkus aus Münster

Karliceks „Leuchtturmprojekt“<

Laut tagesschau.de weihte Noch-Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am 19.11.2021 im westfälischen Münster ein Forschungszentrum für Batteriefertigung ein – ihr Prestigeprojekt. Es war an diesem Standort lange Zeit umstritten*). Die Ministerin erwartet, dass das Forschungszentrum für „technologische Souveränität in einem wesentlichen Technologiefeld sorgen“ werde. Denn an vielen Orten werde intensiv an leistungsfähigen Batterien gearbeitet. Daher gehe es in Münster darum, dass die deutsche Industrie mit der Konkurrenz mithalte und nicht hinterherlaufen müsse.

Li-Ionen-Batterien – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

*) Im Juni 2019 entschied das von ihr geführte BMBF, das Münsteraner Forschungszentrum mit 500 Millionen Euro zu fördern. Karliczek wurde vorgeworfen, Münster ausgewählt zu haben, weil sich die Stadt in unmittelbarer Nähe zu ihrem Wahlkreis Ibbenbüren befindet. Der Bundesrechnungshof kritisierte, dass das Land Nordrhein-Westfalen mehrfach mit wesentlichen Informationen geholfen worden sei, was andere Bewerber, die erst sehr viel später unterrichtet wurden, als Zurücksetzung empfanden. Daraufhin (September 2020) hatten die Koalitionsfraktionen ihre  eigene Ministerin in selten deutlicher Weise kritisiert: In einem Antrag forderten die Abgeordneten das BMBF auf, bei künftigen Vergabeverfahren die Abläufe im Ministerium deutlich zu verbessern – und die verwaltungsrechtlichen Vorgaben künftig einzuhalten. Der Antrag wurde auch in Koalitionskreisen als deutliche Rüge interpretiert. Denn das extrem schnell durchgeführte Verfahren, war auch wegen Unregelmäßigkeiten im Begutachtungsprozess in die Kritik geraten; Bewerber aus Süddeutschland fühlten sich benachteiligt. In der Folge hatten sich fast alle Gutachter nach und nach selbst für befangen erklärt oder wurden seitens des Ministeriums für befangen erklärt. Denn am Ende hatte ein BMBF Abteilungsleiter in Absprache mit dem BMWi für den Standort Münster entschieden. Merkwürdig: Erst kurz zuvor waren im Ministerium neue Kriterien bestimmt worden.

Auf diesen Streit über die Vergabe ging die Ministerin nur indirekt ein, als sie sagte: „Wenn wir weiter mitspielen wollen, dann ist es keine Frage, wer macht das, sondern wie schnell sind wir in der Lage, diese ganzen Technologien weiterzuentwickeln. Ich freue mich, dass die Aufbauarbeiten der Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster voranschreiten. Wer dauerhaft im internationalen Wettbewerb um die Batteriezelltechnologien der Zukunft bestehen will, muss mit ganzer Kraft auf Forschung und Entwicklung setzen. Mit der Forschungsfertigung Batteriezelle entstehen hierfür in Münster exzellente Rahmenbedingungen, die weltweit ihres Gleichen suchen werden.“

Die Länder hatten damals eigene Standorte deshalb als benachteiligt angesehen, weil es Experten zufolge  effizienter ist, die Batterien in der Nachbarschaft von Autofabriken zu produzieren; Tesla etwa baut neben seinem neuen Werk in Grünheide bei Berlin auch ein Batteriewerk. Das spart den Transport der schweren Lithium-Ionen-Batterien. Doch der Bund entschied sich für Münster.

Nach Angaben der Fraunhofer Gesellschaft soll die neue Anlage zum Zentrum der Entwicklung einer modernen und skalierbaren Batteriezellproduktion für Deutschland und Europa werden. Hier werde die Infrastruktur zur Verfügung gestellt, mit der kleine und mittlere Unternehmen, aber auch Großunternehmen und Forschungseinrichtungen die seriennahe Produktion neuer Batterien „erproben, umsetzen und optimieren können“, heißt es in einer Mitteilung. Dank des neuen Forschungszentrums werde eine Lücke in der Wertschöpfungskette von Batterien und Akkus geschlossen. Auch trage das Projekt dazu bei, Abhängigkeiten von anderen Ländern zu vermeiden.

„Bis zum Jahr 2030 wird sich die Batterieproduktion laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI von heutigen 38 Gigawattstunden pro Jahr auf 576 Gigawattstunden allein in Europa um das fünfzehnfache erweitern. Die Herausforderung ist es nun, dieses Wachstum erfolgreich zu gestalten und am Standort Deutschland eine leistungsfähige Fertigung einschließlich der erforderlichen Infrastrukturen auf- und auszubauen. Die Forschungsfertigung Batteriezelle, ein neuer Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT am Standort Münster, soll deshalb zum Zentrum der Entwicklung einer modernen und skalierbaren Batteriezellproduktion für Deutschland und Europa werden.“ (forschungsfertigung-batteriezelle.fraunhofer.de)

Der ISI-Untersuchung zufolge könnte von den 300 bis 400 Gigawattstunden Produktionskapazität in Europa bis 2025 immerhin fast die Hälfte in Deutschland liegen. Unklar bleibt allerdings, woher die Energie für die „Gigafabriken“ in Deutschland kommen soll. Laut dem Essener Versorger e.on, der die Gigafabrik von Tesla in Grünheide ans Netz bringen soll, hat allein diese Anlage einen Energiebedarf von 100 Megawatt. Das entspricht etwa dem Bedarf einer Großstadt wie Chemnitz.

In gut einem Jahr soll das erste Forschungsgebäude an die Fraunhofer-Gesellschaft übergeben werden, welche die Leitung übernimmt. Nach zwei Jahren soll aus dem Zentrum dann ein eigenes Fraunhofer-Institut werden.

->Quelle: tagesschau.de/ndr-wdr/batteriezellen