Meilenstein für grünere Finanzmärkte in Europa – Entscheidung über Kernenergie steht aus
Seit 08.12.2021 steht fest, dass die neuen EU-Regeln für nachhaltige Investitionen (EU-Taxonomie) am 01.01.2022 in Kraft treten können. Noch bis kurz davor hätte eine sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit von 20 der 27 Mitgliedsstaaten den Vorschlag für den entscheidenden delegierten Rechtsakt der EU-Kommission im Ministerrat ablehnen können. Vor allem Frankreich und mehrere osteuropäische Staaten hatten versucht, eine Ablehnung zu erwirken. Aus einer Medienmitteilung von Sven Giegold.
Diese hätte das Inkrafttreten der Taxonomieregeln erheblich verzögert. Zentraler Streitpunkt waren Atom- und Gaskraft, obwohl die im aktuellen Rechtsakt nicht behandelt werden. Ob Atomkraft und Gas als nachhaltige Investitionen eingestuft werden sollen, ist somit weiter offen. Die EU-Kommission hat angekündigt, bis zum 22.12.2021 dazu einen zusätzlichen Vorschlag vorzulegen. Im nun vorliegenden Kriterienkatalog der EU-Taxonomie wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Kapitalanlagen mit dem Pariser Klimaabkommen und den Umweltzielen der Europäischen Union kompatibel sind.
Künftig soll die Taxonomie verpflichtend sein, wenn Unternehmen über ihre Nachhaltigkeit berichten oder grüne Finanzprodukte auflegen. Die neuen Regeln, die nun in Kraft treten können, legen die Nachhaltigkeitskriterien für eine breite Palette an Wirtschaftsbereichen fest. Detailliert ist im Rechtsakt festgehalten, unter welchen Bedingungen etwa die Herstellung von Stahl, Zement und anderen Baustoffen, Forstwirtschaft, Wasserversorgung, Transport, Kommunikation oder die Erzeugung von Energie einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz beziehungsweise der Anpassung an den Klimawandel leisten können. Außerdem werden für alle Bereiche zusätzliche rote Linien definiert, um Schäden für die Biodiversität, die Wassersysteme oder den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft sowie Umweltverschmutzung auszuschließen.
Finanz-Greenwashing wird Riegel vorgeschoben
Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament (und künftiger Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium): “Die Einführung der Taxonomie ist ein Meilenstein für grünere Finanzmärkte in Europa. Die EU-Taxonomie wird dafür sorgen, dass künftig in grünen Finanzprodukten auch wirklich grüne Investitionen stecken. Greenwashing an Finanzmärkten wird ein Riegel vorgeschoben.“
„Fossiles Gas und Atomkraft haben in der Taxonomie nichts zu suchen“
Die EU-Taxonomie werde Gelder in dringend benötigte Zukunftsinvestitionen lenken. Sie müsse nun pragmatisch und unbürokratisch eingesetzt werden, um schnell wirken zu können. Giegold weiter: „Die Einführung der Taxonomie ist ein großer Erfolg für uns Grüne, zukunftsorientierte Unternehmen und zivilgesellschaftliche Kräfte, die sich seit Jahren dafür eingesetzt haben. Klar ist aber auch: Die Glaubwürdigkeit der Taxonomie ist entscheidend für ihren Erfolg. Fossiles Gas und Atomkraft haben in der Taxonomie nichts zu suchen. Atomkraft und fossiles Gas sind weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig. Wir setzen auf einen Kompromiss, der die Hoheit der Mitgliedsstaaten für ihren Energiemix achtet und gleichzeitig die Glaubwürdigkeit der Taxonomie nicht beschädigt.”