Katalytische Hydrierung: Nachwuchsgruppe „H2Organic“ arbeitet an „grünem“ elektrochemischen Prozess
Am Anfang stand ein Wettbewerb. Mit seiner Idee, innovative Materialien für die elektrokatalytische Hydrierung von organischen Chemikalien einzusetzen, bewarb sich Daniel Siegmund beim „BMBF Nachwuchswettbewerb NanoMatFutur„. Ziel der Maßnahme: im Sinne einer Exzellenzförderung dem wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich Werkstoff- und Nanotechnologie gute Startbedingungen zu ermöglichen. Einige Monate später dann die Bestätigung: Daniel Siegmund, Gruppenleiter „Elektrokatalyse“ am Fraunhofer UMSICHT sowie Habilitant bei Prof. Ulf-Peter Apfel an der Ruhr-Universität Bochum, und seine Gruppe „H2Organic“ begannen im Oktober 2021 mit ihrer Forschung. (Foto: Elektrochemische Zelle zur Umsetzung organischer Chemikalien im Labormaßstab – © Fraunhofer UMSICHT, Alina Gawel)
Im Projekt kommen Wissenschaft und Industrie zusammen. Gemeinsam wollen sie mithilfe eines elektrochemischen Syntheseprozesses Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen, um chemische Produkte mit „grünem Fußabdruck“ herzustellen. „Viele Herstellungsprozesse der chemischen Industrie können auch im Jahr 2021 nicht als nachhaltig bezeichnet werden“, erklärt Daniel Siegmund seine Motivation. „Oftmals basieren sie direkt oder indirekt auf fossilen Energieträgern oder ergeben potenziell schädliche Nebenprodukte. Diese Nachteile können durch innovative elektrochemische Verfahren minimiert werden.“
So kann grüner Strom beispielsweise den Einsatz großer Mengen chemischer Oxidations- und Reduktionsmittel überflüssig machen und helfen, Abfallprodukte zu vermeiden. Zudem sind elektrochemische Prozesse leicht kontrollierbar und benötigen in der Regel keine aufwendigen Reaktionsbedingungen wie etwa hohe Temperaturen oder Drücke.
Mit Hilfe der Materialforschung zum effektiven elektrochemischen Prozess
Im Fokus der „H2Organic“-Forschenden steht der Prozess der Hydrierung – eine der Standardreaktionen sowohl im Labor- als auch im großindustriellen Maßstab, bei der Wasserstoff auf organische Chemikalien übertragen wird. Zum Einsatz kommt dieser Prozess zum Beispiel bei der Produktion von Margarine. „Anstelle der klassischen Hydrierung wollen wir einen nachhaltigen, elektrochemischen Prozess entwickeln, der die oben genannten Vorteile mitbringt“, so Daniel Siegmund. „Dabei schauen wir uns alle notwendigen Arbeitsschritte zu Gestaltung und Optimierung eines solchen Prozesses an – angefangen beim grundlegenden Design des elektrochemischen Reaktors über speziell angepasste Katalysator-Materialien als Reaktionsbeschleuniger bis zu korrosionsstabilen Gehäusekomponenten und Dichtungen.“ Dabei haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer im Blick, dass die von ihnen entwickelte Reaktionszelle auch das Potenzial haben soll, vom kleinen Labormaßstab auf industrielle Größe übertragen zu werden.
Im Fokus: edelmetallfreie Katalysatoren und Übersetzung katalytisch aktiven Materials in Elektrode
Ein wichtiger Ansatzpunkt im Projekt: die Substitution teurer edelmetall-basierter Katalysatoren wie Palladium oder Platin zugunsten von innovativen edelmetallfreien Katalysatoren. Daniel Siegmund: „Wir nutzen dazu leitfähige Übergangsmetall-Sulfide, die wesentlich kostengünstiger produziert werden können und mit weniger umweltschädlichen Einflüssen behaftet sind. Inspiriert ist diese Katalysatorwahl übrigens von einer hohen strukturellen Verwandtschaft dieser Materialien zu natürlichen Wasserstoff-verarbeitenden Enzym-Zentren.“
Ein weiteres Schlüsselproblem der Forschenden: die Übersetzung eines katalytisch aktiven Materials in eine effiziente Elektrode. Um das zu lösen, entwickeln und evaluieren sie – unter Einbeziehung der hergestellten Katalysatoren – Kernkomponenten des Reaktors in inhouse konzipierten elektrochemischer Hydrierungs-Durchflusszellen.
„Am Ende des Projektes möchten wir dazu beitragen, innovative, nachhaltige elektrokatalytische Syntheseprozesse in der chemischen Industrie zu etablieren“, fasst Daniel Siegmund das angestrebte Ergebnis der Forschungsarbeit zusammen. „Zudem wollen wir die Entwicklungslücke zwischen grundlegender Katalysatorforschung und verfahrenstechnischer Anwendung in der Elektrokatalyse schließen.“
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