Nano-Pralinen speichern Wasserstoff

Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY setzt Palladium ein

Ein innovativer Ansatz kann Nanoteilchen zu einfachen Speichern für Wasserstoff machen. Dessen Speicherung  ist bislang sehr aufwändig: Entweder wird das Gas in Drucktanks bei 700 bar aufbewahrt oder aber in flüssiger Form, wobei es bis auf minus 253 Grad Celsius abgekühlt werden muss – beide Verfahren kosten zusätzlich Energie. Ein von DESY-Forscher Andreas Stierle geleitetes Team hat einer Medienmitteilung vom 27.12.2021 zufolge die Grundlage für eine neue Methode erarbeitet – die Speicherung mit winzigen, nur 1,2 Nanometer (ein millionstel Millimeter) großen Nanoteilchen aus dem Edelmetall Palladium.

Die Palladium-Nanopartikel (grün) werden durch einen Kern aus Iridium (rot) stabilisiert. Auf ihrer Oberfläche kann sich Wasserstoff wie eine Art Schokoladenglasur anlagern – und durch Erwärmen wieder abgelöst werden – Bild (mit frdl. Genehmigung) © DESY, Andreas Stierle

Zwar ist schon länger bekannt, dass Palladium Wasserstoff aufsaugen kann wie ein Schwamm. „Allerdings ist es bislang ein Problem, den Wasserstoff wieder aus dem Material herauszubekommen“, erläutert Stierle. „Deshalb versuchen wir es mit Palladium-Teilchen, die lediglich rund einen Nanometer messen.“

Damit die Winzlinge hinreichend stabil sind, werden sie durch einen Kern aus dem seltenen Edelmetall Iridium stabilisiert. Zusätzlich sind sie auf Graphen fixiert, einer extrem dünnen Schicht aus Kohlenstoff. „Auf Graphen können wir die Palladiumteilchen in Abständen von nur zweieinhalb Nanometern verankern“, berichtet Stierle, der das DESY-NanoLab leitet. „Das Ergebnis ist eine regelmäßige, periodische Struktur.“ Das Team, zu dem auch Forscherinnen und Forscher der Universitäten Köln und Hamburg gehören, hat seine Arbeit in „ACS Nano“ der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft (ACS) veröffentlicht.

An DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III ließ sich verfolgen, was beim Kontakt der Palladium-Teilchen mit Wasserstoff passiert: Der Wasserstoff bleibt im Wesentlichen an ihren Oberflächen haften – in das Innere der Klümpchen dringt kaum etwas ein. Bildlich gesprochen ähneln diese Nanoteilchen einer Praline: In der Mitte befindet sich eine Iridium-Nuss, umhüllt von einer Marzipanschicht aus Palladium, ganz außen folgt als Schoko-Überzug der Wasserstoff. Zur Entladung des Speichers reicht eine leichte Erwärmung: Da die Gasmoleküle sich nicht den Weg aus dem Inneren bahnen müssen, löst sich der Wasserstoff rasch von der Teilchen-Oberfläche ab.

„Als nächstes wollen wir herausfinden, welche Speicherdichten wir mit der neuen Methode erreichen könnten“, sagt Stierle. Bevor jedoch an einen praktischen Einsatz zu denken ist, gibt es noch manche Herausforderung zu meistern. So dürften andere Formen von Kohlenstoffstrukturen besser als Graphen als Trägermaterial geeignet sein – hier denken die Fachleute über Kohlenstoffschwämme mit winzigen Poren nach. In ihnen sollten sich die Palladium-Nanoteilchen in nennenswerten Mengen unterbringen lassen.

Mit diesem und anderen innovativen Konzepten für die Wasserstoffwirtschaft und eine nachhaltige Energieversorgung befasst sich auch die neue Ausgabe von DESYs Forschungsmagazin „femto“. Das Heft zeigt, wie Grundlagenforschung zu Innovationen für die Energiewende beitragen kann. Dabei geht es nicht nur um den Energieträger Wasserstoff, sondern auch um nachhaltige Solarzellen und neuartige Formen der Energiegewinnung sowie um mehr Energieeffizienz in der Forschung selbst, beim Betrieb großer Teilchenbeschleuniger.

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY zählt mit seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen zu den weltweit führenden Zentren in der Forschung an und mit Teilchenbeschleunigern. Die Mission des Forschungszentrums ist die Entschlüsselung von Struktur und Funktion der Materie, als Basis zur Lösung der großen Fragen und drängenden Herausforderungen von Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Dafür entwickelt, baut und betreibt DESY modernste Beschleuniger- und Experimentieranlagen für die Forschung mit hochbrillantem Röntgenlicht und unterhält internationale Kooperationen in der Teilchen- und Astroteilchenphysik und in der Forschung mit Photonen. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands, und wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert.

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