Streitthema Windenergie contra Vögel

Nur ein Bruchteil stirbt an Windgeneratoren

Damit Deutschland sein Klimaziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht, fordern wissenschaftliche Gutachten – wie etwa das von  Agora Energiewende publizierte Gutachten mit dem Titel „Das Klimaschutz-Sofortprogramm“ – bis 2030 eine Verdreifachung des jährlichen Windkraftausbaus – zusätzlich zu den 31.000 bestehenden. Naturschützer sind besorgt. Besonders geschützte Greifvogelarten können mit den Rotorblättern der Windräder kollidieren. Und die Anlagen stören Lebensräume seltener Arten. Andere Studien und Prognosen stützen diesen Befund.

Strommasten und Windenergie – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Dass der Ausbau der Windenergie in Deutschland seit 2018 eingebrochen ist, rückt das Ziel in weite Ferne. Bis 2025 wird ein rundes Viertel aller bestehenden Windräder in Deutschland – also rund 8.000 Stück – die 20jährige Betriebslaufzeit erreichen. Viele der alten Anlagen werden dann wohl abgebaut – außer es gelingt, sie durch neue zu ersetzen.

Wie viele Tiere und welche Vogelarten genau werden tatsächlich durch Windkfraftanlagen beeinträchtigt und getötet? Die Datenlage ist schwierig, da eine systematische Erfassung Tiere fehlt. Bei der staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg führen Naturschützer eine Datenbank, die in ganz Deutschland Zufallsfunde von getöteten Greifvögeln und Fledermäusen an Windrädern festhält. Nach deren Erkenntnissen sind sehr wenige Vogelarten betroffen – vor allem Rotmilan, Mäusebussard und größere Adlerarten. Kaum jedoch kleinere Vögel wie Singvögel.

Vögel sterben

  • mehr als 170 Millionen im Jahr durch die Landwirtschaft
  • 108 Mio./a durch Gebäude (Fenstlerflächen)
  • 70 Millionen durch Verkehr
  • 60 Millionen durch Katzen
  • 1 Mio. durch die Jagd
  • 0,1 Mio. durch Windkraft

Das Recherche-Kollektiv Correctiv entlarvt immer wieder Behauptungen über Windanlagen durch die Millionen Vögel erschlagen würden, als Fälschung – so erst im August 2021: Mit mehr als 3.500 anonym finanzierten Plakaten in mindestens 50 Städten behauptete die deutschlandweite Anti-Grünen-Kampagne „grüner Mist“, Windanlagen seien für den Tod vieler Vögel verantwortlich und berufen sich auf eine Untersuchung der Uni Bielefeld. Aber die Autoren weisen die Behauptung zurück: Ihr Studie decke die Unterstellung nicht, die Behauptungen seien durch die Studie „nicht gedeckt und teilweise grotesk falsch“. 

Doch wie kommt man weg von den Zufallsfunden hin zu belastbaren Zahlen und Informationen darüber, welche Vögel genau und wie viele betroffen sind? Mit neuen technischen Systemen soll sich die Gefahr von Vogelschlag minimieren lassen. Naturschützer schlagen auch vor, die Naturlandschaften aufzuteilen in Vogelschutz- und Windkraftzonen.

Ein Hamburger Projektentwickler will das Kamerasystem IdentiFlight mit einem System auf einem 10 Meter hohen Turm in den deutschen Markt einführen. Mit acht Weitwinkelkameras soll der Luftraum permanent überwacht werden. Mit einer frei beweglichen Stereo-Kamera sollen Vögel identifiziert werden: Rotmilan, Seeadler oder ein anderer Vogel? Das Entwickler-Team kalkuliert knapp 1.000 Abschaltungen im Jahr, für den Windrad-Betreiber im Durchschnitt ein Ertragsverlust von vier Prozent. Weniger Gewinn, dafür könnten im Gegenzug auch konfliktträchtige Standorte genutzt werden. Das wäre der große Vorteil.

Im Auftrag des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende hat ein unabhängiges Gutachterbüro den Einsatz des Kamerasystems an sechs unterschiedlichen Standorten überaus positiv begutachtet: Das System sei reif für die Praxis – als Erstes aus einer Reihe von Neuentwicklungen.

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