In Medienmitteilung keine Rede von Entschädigungen
„Tue Gutes und rede darüber“: Am 30.12.2021 verbreitete RWE in einer Medienmitteilung noch einmal die Nachricht, man trenne am Silvesterabend planmäßig insgesamt 2.200 MW Kraftwerkskapazität vom Netz. Am Standort Gundremmingen werde als letzte Anlage der Siedewasserreaktor Block C mit rund 1.300 MW stillgelegt. Im Rheinischen Braunkohlenrevier schalte das Unternehmen die 300-MW-Blöcke Neurath B, Niederaußem C und Weisweiler E ab – und setze damit den vom Gesetzgeber beschlossenen Ausstieg aus der Kernkraft und der Kohle konsequent weiter um. Keine Rede von den Milliarden-schweren (argwöhnisch von der EU als verbotene Beihilfen beäugten) Entschädigungen für Kohle- und Atomausstieg, noch von den Dörfern, die immer noch in Gefahr stehen, abgebaggert zu werden. Solarify dokumentiert die RWE-Medienmitteilung und ergänzt ein paar Tatsachen.
RWE: Die vier jetzt stillzulegenden Kraftwerksblöcke hätten seit Betriebsbeginn über 400 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt – ungefähr der Strombedarf Berlins mit allen Unternehmen und Privathaushalten über 90 Jahre. „Dass die Kraftwerksblöcke so zuverlässig und sicher betrieben wurden und einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit des Landes geleistet haben, ist das Werk unserer kompetenten, erfahrenen und motivierten Beschäftigten, die dort über die Jahre gearbeitet haben. Ihnen gebührt besonderer Respekt und Anerkennung“, würdigt ein RWE-Vorstand die Leistung der Kraftwerker.
Dabei waren sowohl Atom- als auch Kohleausstieg beste Geschäfte für die Energie-Riesen: Insgesamt 2,428 Mrd. Euro für den Atomausstieg verteilen sich so (s. solarify.eu/evu-kassieren-24-mrd-fuer-atomausstieg-alle-rechtsstreitigkeiten-erledigt):
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- 1,425 Mrd. an Vattenfall,
- 880 Mio. an RWE,
- 80 Mio. an EnBW und
- 42,5 Mio. an E.ON/PreussenElektra
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RWE und LEAG erhalten zusammen 4,35 Milliarden Euro für den Kohleausstieg. Das EU-Verfahren wegen unerlaubter Beihilfen läuft noch. Dabei ist die Entschädigung von 4,35 Milliarden Euro höchst umstritten. Das Öko-Institut hat beispielsweise errechnet, dass die Summe um zwei Milliarden Euro zu hoch angesetzt sein könnte. (s. solarify.eu/eu-entschaedigung-fuer-braunkohle-aus-ist-beihilfe)
Die nächsten Außerbetriebnahmen folgen laut RWE im kommenden Jahr: Zum 01.04.2021 werde in Neurath ein weiterer 300-MW-Block vom Netz gehen. Zum Jahresende lege RWE Power am selben Standort die beiden 600-MW-Blöcke sowie die Brikettierung in der Fabrik Frechen still. Insgesamt gingen im kommenden Jahr weitere rund 1.600 MW in der Braunkohle außer Betrieb. Zudem werde das Unternehmen das Kernkraftwerk Emsland in Lingen (1.400 MW) stilllegen. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 setze RWE damit Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als 7.000 Megawatt still.
Trotzdem leben etliche Dörfer am Rand der Tagebaue in Angst, bald in der Kohlegrube Garzweiler zu verschwinden. So wie zuvor schon 21 Dörfer. Und das, obwohl inzwischen längst die Gerichte gegen die EVU entscheiden (siehe VG Köln am 08.09.2021 wg. Räumung des Hambacher Forsts 20218: „rechtswidrig – Begründung vorgeschoben“ – solarify.eu/raeumung-im-hambacher-forst-2018-rechtswidrig). Am 20.12.2021 entschied das OVG Münster erneut gegen RWE: „Vorläufig keine Rodung und Räumung in Lützerath – das Oberverwaltungsgericht hat mit Zwischenentscheidungen der RWE Power AG aufgegeben, bis zu einer Entscheidung in den Eilbeschwerdeverfahren davon abzusehen, auf den Grundstücken eines Landwirts in Lützerath Vorbereitungsmaßnahmen für die Abbaggerung, etwa Rodungsarbeiten oder den Abriss von Gebäuden, durchzuführen.“ (s twitter.com/jdoeschner/1472895811881254913)
Zudem ist die Kohle (vor allem wegen der Luftverschmutzung) der tödlichste Energieträger: Die sogenannte Todesrate (laut Focus):
- 0,07 Tote pro TWh Atomenergie (ohne Tschrenobyl und Fukushima)
- 0,04 Tote bei der Windenergie
- 0,02 bei Solar- aber:
- 24,7 Tote pro TWh Steinkohlestrom
- 32,7 Tote pro TWh Braunkohlestrom (siehe
Die Stilllegungen haben aber – so RWE – auch „massive Auswirkungen auf die Belegschaft: Bis Ende 2023 baut RWE Power im Rheinland rund 3.000 Stellen in der gesamten Prozesskette vom Tagebau über die Instandhaltung und Verwaltung bis zur Stromerzeugung ab. Die Belegschaft des Kernkraftwerks Gundremmingen geht von rund 600 Mitarbeitenden Anfang 2017 auf rund 440 Ende 2022 zurück; die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen werden noch bis in die 30er Jahre mit Nachbetrieb und Rückbau des Standorts beschäftigt sein. Erster Schritt wird die Entladung der Brennelemente aus dem Reaktor und ihre Umlagerung ins Abklingbecken sein. Der Personalabbau wird sozialverträglich gestaltet – im Braunkohlebereich auch mit Unterstützung des sogenannte Anpassungsgeldes.“
Mit den Stilllegungen in der Braunkohle setze RWE ihre CO2-Minderungsstrategie fort und spare erneut mehr als 7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ein. Gleichzeitig treibe RWE konsequent den Ausbau erneuerbarer Energien voran. Bis 2030 wolle man 50 Milliarden Euro in den Ausbau von Erneuerbaren Energien, Batterien, Speichern, Wasserstoff und flexiblen Backup-Kapazitäten investieren.
->Quellen:
- rwe.com/rwe-setzt-gesetzlich-festgelegten-ausstieg-aus-kohle-und-kernkraft-um
- deutschlandfunkkultur.de/wie-der-kohlekompromiss-ohne-klagen-verteuert-wurde
- solarify.eu/evu-kassieren-24-mrd-fuer-atomausstieg-alle-rechtsstreitigkeiten-erledigt
- solarify.eu/eu-entschaedigung-fuer-braunkohle-aus-ist-beihilfe
- solarify.eu/raeumung-im-hambacher-forst-2018-rechtswidrig
- focus.de/energiewende-in-deutschland-ein-dorf-stirbt-fuer-die-kohle-was-hier-passiert-ist-menschenverachtend