Prognos-Studie: Energiewende lahmt immer noch

10. Monitoring der Energiewende

Es gibt in Deutschland noch Nachholbedarf beim Ausbau der Stromnetze und bei der Reduzierung des Verbrauchs. Zu diesem Schluss kommt das Schweizer Prognos-Institut. Das im Herbst 2010 verabschiedete Energiekonzept der Bundesregierung definiert quantitative Zielgrößen, um langfristig eine sichere, wirtschaftliche sowie umwelt- und klimaverträgliche Energieversorgung in Deutschland zu erreichen. Das Konzept baut vor allem auf eine erhöhte Energieproduktivität sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die ursprünglichen Ziele wurden seitdem mehrfach geändert bzw. verschärft. Seit 2012 bewertet Prognos im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) jährlich, inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden. Die nun vorliegende 10. Fassung dieses Monitorings bewertet die Situation im Jahr 2020.

PV und Wind bei Bitterfeld - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

PV und Wind bei Bitterfeld – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Daten für 2021 werden, soweit sie bereits vorliegen, ergänzend dargestellt, fließen aber nicht in die Bewertung mit ein. Ungeachtet immenser Kosten liegt die Energiewende in Deutschland der Untersuchung zufolge in mehreren Bereichen weit hinter den politischen Zielen zurück.

Aufbau und Bewertung des Monitorings

Vier Bereiche wurden zur Beurteilung der Zielerreichung der Energiewende näher betrachtet:

  • Versorgungssicherheit (Stromausfallzeit, Ausbau der Stromnetze, Eingriffe der Netzbetreiber)
  • Bezahlbarkeit (Industrie- und Haushaltsstrompreise )
  • Effizienz (Stromverbrauch, Endenergieproduktivität, Primärenergieverbrauch) und der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch
  • Umweltverträglichkeit (Treibhausgasemissionen; Sanierungsrate, Beheizungsstruktur, alternative Antriebe und Ladepunkte im Verkehr)

Kernergebnisse

Die mit der Energiewende eingeleiteten Veränderungen des deutschen und bayerischen Energiesystems beinhalten für die Stromversorgung erhebliche Herausforderungen. Durch die teilweise bereits erfolgte und geplante Stilllegung aller Kernkraftwerke steht die Stromversorgung Bayerns, die bis Anfang 2011 zu mehr als 50 Prozent auf Kernenergie beruhte, vor großen Veränderungen. Die Versorgungssicherheit in Bayern ist zwar noch gewährleistet, die Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Energieversorgung ist jedoch unzureichend.

Im Vergleich zum vorhergehenden Monitoring entwickelten sich in Deutschland der Stromverbrauch und die Treibhausgasemissionen von einer negativen bzw. kritischen Bewertung zu einer positiven. Die Effekte sind jedoch vor allem auf die Folgen der Coronapandemie im Jahr 2020 zurückzuführen. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch lag weiter im positiven Bereich. Hier bleibt Deutschland auf dem Weg der Zielerreichung. Der Industriestrompreis verschlechterte sich, die Haushaltsstrompreise sind weiterhin kritisch . Der Anstieg der Strompreise lag über der Teuerungsrate der Verbraucherpreise. Die Stromausfallzeit lag im grünen Bereich. Alle weiteren Indikatoren sind für Deutschland negativ zu bewerten.

So bleibe die Versorgungssicherheit in Deutschland und auch Bayern mäßig zufriedenstellend. Der Netzausbau kam nur schleppend voran. Die Kosten für Systemsicherheitsmaßnahmen lagen mit rund 1,4 Milliarden Euro nahezu auf dem historischen Höchstwert. Nachholbedarf gibt es vor allem beim Ausbau der Stromnetze und bei der Reduzierung des Stromverbrauchs. In zehn Jahren quasi keine Fortschritte hat der Umbau der Gebäudeheizung weg von Gas und Öl gemacht.  Die deutschen Industriestrompreise sind mittlerweile die dritthöchsten in der EU hinter Großbritannien und Zypern.

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