Kommentar von Nicole Weinhold
Die Abschaffung der EEG-Umlage schon im Juli 2022 wird von vielen Branchenvertretern begrüßt. Gleichzeitig wird gehofft, dass ein Sozialausgleich für finanziell schlechter gestellte Haushalte geschaffen wird, während innovative Technologien weiter unterstützt werden. Wird mit Abschaffung der EEG-Umlage wirklich ein gutes Ausgleichsinstrument gegen hohe Strompreise geschaffen? Nicole Weinhold, Chefredakteurin von Erneuerbare Energien, am 04.03.2022.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) plant durch einen Gesetzentwurf die Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage auf null Cent bereits zum 01.07.2022 und die Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher. Das Thema spaltet die Regenerativbranche. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) unterstützt die Streichung der EEG-Umlage. Es sei aber wichtig zu betonen, dass die Abschaffung der Umlage nur Teil einer ganzheitlichen Reform des regulatorischen Rahmens sein kann. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ muss laut BEE daher zügig eingerichtet werden und die Rahmenbedingungen für einen Strommarkt auf Basis der erneuerbaren Energien festgelegt werden. In der aktuellen Krise zeige sich, wie wichtig eine unabhängige Energieversorgung für Deutschland sei. Dafür sollten die erneuerbaren Energien kurzfristig massiv ausgebaut werden. Die Voraussetzung dafür ist laut BEE, dass die Finanzierung der Erneuerbaren langfristig und nachhaltig sichergestellt wird, um die dafür notwendigen Investitionen nicht zu gefährden. Auch im Bereich des Wasserstoffs dürfe der Wegfall der EEG-Umlage keine negativen Konsequenzen auf den schnellen Markthochlauf der Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland haben. Hier müsse der Gesetzgeber einen neuen Rahmen zur Förderung von grünem Wasserstoff erarbeiten, damit der Markthochlauf der Technologie angestoßen werde.
Als haushaltspolitisch unvernünftig, umweltpolitisch kontraproduktiv und sozial unausgewogen bezeichnen der Paritätische Gesamtverband und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die von der Bundesregierung geplante Abschaffung der EEG-Umlage. Um Menschen angesichts der hohen Energiepreise zu unterstützen, fordern beide Verbände stattdessen zielgerichtete Sofortmaßnahmen um Menschen mit niedrigen Einkommen zu unterstützen. Die angekündigte Einführung einer pro-Kopf-Rückzahlung für hohe Energiekosten (Klimageld bzw. Klimaprämie) müsse zudem beschleunigt werden. Die Bundesregierung denke richtigerweise an eine Entlastung für die dramatisch gestiegenen Energiepreise. Doch eine Abschaffung der EEG-Umlage komme nicht zielgerichtet bei denen an, die es am dringendsten benötigen, so der Paritätische Gesamtverband.
Ähnlich sieht das auch Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy: „Die Debatte um den vorgezogenen Wegfall der EEG-Umlage steht in direktem Zusammenhang mit der anhaltenden Energiepreiskrise.“ Der Schritt sei richtig, aber auch kein Allheilmittel. Falls die Preise an den Strommärkten weiter steigen sollten, dürfte dies die Kostensenkung bald wieder auffressen. Deshalb müssten laut Keiffenheim insbesondere Verbraucher:innen mit geringen Einkommen und von Armut Betroffene gezielt unterstützt werden. Bislang diene die EEG-Umlage in einigen Fällen als wichtiges Steuerungselement, etwa um grünen Wasserstoff zu entlasten und voranzubringen. Hier müsse die Politik Alternativen entwickeln. Und vor allem müsse sichergestellt sein, dass der Umstieg auf eine haushaltsfinanzierte Förderung erneuerbarer Energien nicht zu zusätzlichen Unsicherheiten führe, die den weiteren Ausbau hemmten.
Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) hat ebenfalls Bedenken. Die unterjährige Absenkung der EEG-Umlage auf Null sei eine effektive Maßnahme zur schnellen Entlastung der Verbraucher. Allein die vorgeschlagene gesetzliche Verpflichtung zur Preissenkung sei nicht nötig und könne gestrichen werden. Der starke Wettbewerb im Strommarkt werde auch ohne eine gesetzliche Verpflichtung dazu führen, dass die Senkung schnell und vollständig an die Verbraucher weitergegeben wird. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Maßnahmen müssten Änderungen im Bereich des Messens und Schätzens erfolgen, damit nicht erst eine mit der Absenkung nicht mehr notwendige Messinfrastruktur aufgebaut werden muss, so der BNE.
Die Abschaffung der EEG-Umlage vorzuziehen und gesetzlich zu verankern, sei der richtige, aber auch längst überfällige Schritt, sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Die verpflichtende Weitergabe der Preisentlastung an Verbraucherinnen und Verbraucher sei ebenfalls ein wesentlicher Punkt. Denn um Strom, zunehmend aus erneuerbaren Energien, als vorrangigen Energieträger für alle attraktiv zu machen, nehme der Strompreis eine Schlüsselrolle ein.
Dazu gehöre etwa, die Stromsteuer im nächsten Schritt abzusenken und für erneuerbaren Strom vollständig abzuschaffen. Über Preissignale müsse künftig außerdem ein Anreiz zum optimierten, flexiblen Verbrauch gesetzt werden, ebenso wie für flexible Einspeisung auf der Angebotsseite. Nur so könnten erneuerbare Energien optimal integriert werden.
„Seit 2010 war eine gestiegene EEG-Umlage oft Grund, die Strompreise anzuheben. Eine niedrigere EEG-Umlage war noch nie Grund für Stromversorger, den Strompreis nach unten anzupassen.“, so Manfred Gorgus von Solar-Professionell. „Die EEG-Umlage sank z. B. von 6,5 Cent im Jahr 2021 auf 3,72 im Jahr 2022. Trotzdem sind die Strompreise rasant gestiegen – aus allerlei Gründen. Ob die angekündigte vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage tatsächlich zu einer Entlastung der Verbraucher*innen führt, bleibt abzuwarten.“
->Quelle: erneuerbareenergien.de/energiewende/schneller-markthochlauf-von-wasserstoff-ohne-eeg-umlage