EU-Kommission will russische Gasimporte um zwei Drittel reduzieren – Parlament beschließt EU-Umweltziele bis 2030

Mehr LNG, mehr Erneuerbare, besser gefüllte Gasspeicher

Wegen der schweren Spannungen mit Russland will die EU so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. Am 08.03.2022 legte die EU-Kommission einen Plan mit Maßnahmen vor, um russische Gasimporte bis Ende des Jahres um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr zu reduzieren. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben zudem am 10.03.2022 das EU-Umweltprogramm bis 2030 gebilligt, das den Übergang der EU zu einer klimaneutralen, sauberen, kreislauforientierten und wohlhabenden Wirtschaft beschleunigen soll.

Der EE-Ausbau soll beschleunigt, neue Quellen für Gaslieferungen erschlossen und der Energieverbrauch gesenkt werden. Zudem sollen Mindestfüllstände für Gasspeicher verpflichtend werden. Die EU will zudem eine Frist für die Beendigung umweltschädlicher fossiler Subventionen im Einklang mit dem Ziel einführen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Gaslaterne in Berlin-Westend – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sagte bei einer Pressekonferenz in Brüssel zud russischen Importen: „Es ist hart, verdammt hart. Aber es ist möglich, wenn wir bereit sind, weiter und schneller voranzugehen als bisher“. Denn: Mehr als 40 Prozent des in die EU importierten Gases kommen aus Russland; besonders Deutschland ist von den russischen Importen abhängig. Die EU könnte nach Schätzungen der Kommission noch deutlich vor 2030 ganz auf russisches Gas verzichten. Allerdings könnte Russland seine Gaslieferungen kurzfristig von sich aus schon vorher stoppen. Um eine daraus resultierende Energiekrise zu vermeiden, will die EU-Kommission die EU-Gasspeicher bis Oktober im Schnitt zu mindestens 90 Prozent gefüllt wissen. Dafür könnten etwa EU-Länder auch gemeinsam Gas einkaufen. Außerdem wird nach neuen Quellen für Gas, insbesondere für Flüssiggas (LNG) gesucht, das mit Tankschiffen geliefert werden kann. Laut dem Plan könnte die EU bis zu 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr aus Ländern wie Katar, USA, Ägypten oder aus Westafrika, aber auch aus Australien und Südamerika importieren.

Zusätzlich könnte  herkömmliches Gas über Pipelines etwa aus Algerien oder Aserbaidschan kommen. Dafür laufen bereits Gespräche. Die EU-Kommission möchte außerdem bis 2030 die Biogas-Produktion in der EU auf rund 35 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöhen und in Zukunft mehr klimafreundlichen Wasserstoff importieren und produzieren.

Enrgiewende nicht auf Eis legen

Der Krieg in der Ukraine darf nach Ansicht der EU-Kommission nicht dazu führen, dass die Energiewende auf Eis gelegt wird – im Gegenteil. Daher plant sie einen „Pakt für erneuerbare Energien“, um den Ausbau von Solarenergie, Windkraft, Wasserstoffinfrastruktur sowie Wärmepumpen anzukurbeln. (Siehe auch : Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina – solarify.eu/krieg-als-impuls-fuer-schnellere-energiewende-nutzen). So sollen etwa Genehmigungsverfahren für Ökostromprojekte beschleunigt und neue Investoren angelockt werden. Regierungen sollen besondere Gebiete auf Land und See für den Ausbau identifizieren. Im Juni will die EU-Kommission eine Solarstrategie mit konkreteren Vorschlägen vorlegen. Auch Maßnahmen zur Energieeffizienz sollen laut dem Plan stärker gefördert werden, um weniger Energie insgesamt zu verbrauchen. Dafür gibt es bereits Gesetzesvorschläge, die zur Zeit verhandelt werden. Die Behörde will zudem die Energieversorgungsnetze zwischen den EU-Ländern ausbauen.

EU-Parlament stimmt achtem allgemeinen Umweltaktionsprogramm (UAP) zu

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben zudem am 10.03.2022 das EU-Umweltprogramm bis 2030 gebilligt, das den Übergang der EU zu einer klimaneutralen, sauberen, kreislauforientierten und wohlhabenden Wirtschaft beschleunigen soll. Mit 553 zu 130 Stimmen bei 7 Enthaltungen bestätigte das Parlament die im Dezember 2021 mit dem Rat erzielte Einigung über das achte allgemeine Umweltaktionsprogramm (UAP) der EU, das die Umweltpolitik der EU bis 2030 leiten und an den Europäischen Green Deal angleichen soll.

Prioritäre Ziele des 8. UAP

Die sechs vorrangigen thematischen Ziele, die bis 2030 erreicht werden sollen, sind:

  1. Eindämmung des Klimawandels zur Erreichung des Ziels der Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030;
  2. Anpassung an den Klimawandel;
  3. Fortschritte auf dem Weg zu einer Wirtschaft des Wohlbefindens, die dem Planeten mehr zurückgibt als sie entnimmt;
  4. Verfolgung der Nullverschmutzung, auch in Bezug auf schädliche Chemikalien;
  5. Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung der Artenvielfalt und
    deutliche Verringerung der wichtigsten Umweltbelastungen im Zusammenhang mit dem materiellen und verbrauchsbezogenen Fußabdruck der EU, u. a. durch die Reduktionsziele der EU für 2030.
  6. Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe und andere umweltschädliche Stoffe

Um positive Anreize zu verstärken und umweltschädliche Subventionen schrittweise abzuschaffen, wird die EU einen verbindlichen Rechtsrahmen schaffen, um die Fortschritte der Mitgliedstaaten beim schrittweisen Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe zu überwachen und darüber zu berichten. Außerdem sollte sie eine Frist für die Abschaffung aller öffentlichen Beihilfen für diese umweltschädlichen Energieträger festlegen, die mit dem Ziel der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius in Einklang steht. Bis 2023 soll die Kommission eine Methode zur Ermittlung anderer umweltschädlicher Subventionen vorlegen, um über die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei deren Abschaffung zu berichten.

Verbesserter Steuerungsmechanismus

Die Kommission soll die Fortschritte der EU und der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der vorrangigen Ziele überwachen, bewerten und jährlich darüber berichten. Der Text sieht eine neue zusammenfassende Übersicht und Indikatoren zur Messung des Fortschritts „über das BIP hinaus“ vor, um die Politikgestaltung zu steuern. Die Bewertung soll öffentlich sein, und sowohl die ergriffenen als auch die geplanten künftigen Maßnahmen sollen jedes Jahr von den EU-Institutionen erörtert werden. Sollte eine Halbzeitbewertung der Fortschritte (bis 31. März 2024) ergeben, dass mehr getan werden muss, um die vorrangigen Ziele bis 2030 zu erreichen, sollte die Kommission einen Legislativvorschlag mit zusätzlichen Initiativen vorlegen. Die EU, die nationalen, regionalen und lokalen Behörden müssen außerdem wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen verhängen, um die Risiken der Nichteinhaltung des EU-Umweltrechts zu verringern.

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