Steigende Emissionen, sinkende Umweltsteuern – die sozial-ökologische Marktwirtschaft braucht neue Fiskalpolitik
Umweltsteuern verlieren weiter an Bedeutung: Ihr Anteil an der Finanzierung des Staatshaushalts sank erneut und lag im Jahr 2021 weiter auf dem historischen Tiefstand von 3,7%. Der Aufbruch in die sozial-ökologische Marktwirtschaft braucht klare fiskalpolitische Signale. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. beleuchtet in dem Hintergrundpapier „Woher der Staat sein Geld bekommt“ die Finanzpolitik für die Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.
Umweltsteuern leisteten seit Jahrzehnten einen Beitrag zu Finanzierung der öffentlichen Aufgaben. Sie korrigierten Marktversagen und dienten umweltpolitischen Zielen. Im Zuge der ökologischen Steuerreform habe der Anteil der Umweltsteuern an den Gesamteinnahmen des Staates aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2003 einen Höchststand von 6,5 % erreicht. Seitdem sei der Anteil rückläufig und sei im Jahr 2021 mit 3,7 % (54 Mrd. Euro) auf einen historischen Tiefststand gefallen. In der EU sei Deutschland damit Schlusslicht – nur in Luxemburg sei der Anteil noch geringer, heißt es in dem Papier.
Das liege vor allem daran, dass viele Umweltsteuern als Mengensteuern angelegt seien und nicht an die Inflation angepasst würden. Durch die Inflation sei der reale Wert der Umweltsteuereinnahmen seit 2003 um 29 % gesunken, während z.B. die Lohnsteuereinnahmen im selben Zeitraum um 64 % gestiegen seien. Aus ökonomischer Sicht sollten die Einnahmen aus Umweltsteuern die gesellschaftlichen Schadenskosten an Umwelt und Gesundheit decken. In Deutschland zahlten die Verursacher nur 18 % dieser Kosten über Umweltsteuern, die verbleibenden 82 % der Kosten trügen die Allgemeinheit, andere Länder und zukünftige Generationen.
Andere ökonomische Instrumente wie CO2-Preise oder die LKW-Maut stabilisierten den Anteil umweltbezogener Einnahmen – bedeuteten aber keine Trendwende. Beziehe man sie in die Betrachtung mit ein, so festige sich der Anteil umweltbezogener Steuern, Abgaben und Gebühren zwar bei 6,8 %, werde über die kommenden Jahre aber absehbar nicht ansteigen. Vielmehr würden Klimaschutz und Dekarbonisierung die Einnahmen aus der Besteuerung fossiler Energieträger sinken lassen. Für eine langfristig stabile, ökologische Finanzpolitik müssten deshalb bestehende Instrumente weiterentwickelt (insb. CO2-Bepreisung, Abbau umweltschädlicher Subventionen) und der Instrumentenkasten durch neue ökonomische Instrumente erweitert werden. Die Einnahmen könnten teilweise dafür verwendet werden, gezielt besonders betroffene Gruppen, wie Haushalte mit geringen Einkommen, zu entlasten.
Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS, erläutert: „Viele Menschen denken, Umwelt- und Klimaschutz seien schuld an den steigenden Energiepreisen. Das Gegenteil ist der Fall: Unsere Abhängigkeit von fossilen Energien bringt uns derzeit in große wirtschaftliche Bedrängnis, während die Umweltsteuern an Wert verlieren und dadurch immer weniger zu einer stabilen, langfristigen Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Für die sozial-ökologische Marktwirtschaft brauchen wir eine Trendwende, übermäßiger Energie- und Ressourcenverbrauch muss – über den aktuellen Krisenkontext hinaus – klare Kostensignale an die Verursacher*innen senden. Damit würden umweltfreundliche Produkte im Wettbewerb nicht länger benachteiligt und die breite Mehrheit müsste nicht für die gesellschaftlichen Schäden aufkommen, die wenige verursachen.“
Die Studie ist online abrufbar unter: https://foes.de/publikationen/2022/2022-03_FOES_Steuerstruktur_2021.pdf
Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V.
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. ist ein unabhängiger politischer Think Tank für marktwirtschaftliche Instrumente in der Umwelt- und Klimapolitik. Das FÖS erstellt ökonomische Studien und politische Expertisen. Seit 1994 setzt es sich für die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein. Die Schwerpunkte des FÖS liegen dabei in den Themenbereichen ökologische Finanzreform sowie Energie-, Verkehrs-, Ressourcen- und Agrarpolitik.
->Quelle: crm.foes.de/civicrm/mailing/view?id=1677