Gesundheitsschädlichkeit noch offen
Ein Forscherteam der freien Universität Amsterdam und vom Amsterdam UMC um die Ökotoxikologin Heather Leslie und die analytische Chemikerin Marja Lamoree hat erstmals nachgewiesen, dass Plastikpartikel aus der Umwelt in die menschliche Blutbahn gelangen – so eine Medienmitteilung vom 24.03.2022. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts mit d, em Namen Immunoplast wurden am 29.03.2022 open acces in Environment International veröffentlicht. Die Forschung zeigt, dass winzige Plastikteile aus der Umwelt in den Blutkreislauf des Menschen aufgenommen werden. Die Entdeckung zeigt, dass die Partikel durch den Körper wandern und sich in den Organen festsetzen können.
Die Forscher haben eine Analysemethode entwickelt, mit der Mikro- und Nanokunststoffpartikel im menschlichen Blut im Spurenbereich nachgewiesen werden können. Die Methode wurde mit dem Blut von 22 anonymen Spendern durchgeführt. Dieses Blut wurde auf das Vorhandensein von fünf verschiedenen Polymeren, den Bausteinen von Kunststoffen, untersucht. Außerdem wurde ermittelt, in welchem Umfang die einzelnen Polymere im Blut vorhanden waren.
Bei drei Viertel der Probanden wurden Kunststoffe im Blut nachgewiesen. Die Studie liefert somit erstmals Beweise dafür, dass Kunststoffpartikel beim Menschen in die Blutbahn gelangen können. Frühere Hinweise darauf kamen aus Experimenten in einem Labor. Die aktuelle Studie zeigt, dass Menschen im Alltag Mikroplastik aus ihrer Umgebung aufnehmen und dass die Mengen im Blut messbar sind.
PET am häufigsten gefunden
Im Blut der Versuchspersonen lag die Gesamtkonzentration an Kunststoffpartikeln bei durchschnittlich 1,6 µg/ml, was einem Teelöffel Kunststoff in 1.000 Litern Wasser (zehn große Badewannen) entspricht. Ein Viertel der getesteten Spender hatte keinerlei nachweisbare Mengen an Kunststoffpartikeln im Blut. Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und Styrolpolymere waren die am häufigsten in den Blutproben gefundenen Kunststoffarten, gefolgt von Poly(methylmethylacrylat). Polypropylen wurde ebenfalls analysiert, aber alle Konzentrationen waren zu niedrig, um genau gemessen zu werden.
Eine Folgefrage ist nun, wie schädlich das ist. Wie leicht können diese Partikel aus dem Blutkreislauf in das Gewebe, zum Beispiel in Organe wie das Gehirn, gelangen? Heather Leslie, die zum Zeitpunkt der Untersuchung an der VU tätig war, erklärt: „Wir haben jetzt gezeigt, dass unser Blutkreislauf, unser Lebensfluss sozusagen, Plastik mit sich führt. Marja Lamoree fügt hinzu: „Dieser Datensatz ist der erste seiner Art und muss erweitert werden, um zu verstehen, wie weit verbreitet die Plastikverschmutzung im Körper der Menschen ist und wie schädlich sie sein kann. Mit diesen Erkenntnissen können wir feststellen, ob die Exposition gegenüber Plastikpartikeln ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellt oder nicht“.
Gesundheitliche Risiken
Die heute veröffentlichte Studie wurde von der Common Seas Foundation und dem ZonMw-Programm Mikroplastik & Gesundheit finanziert. Mit diesem Programm möchte das ZonMw mehr Erkenntnisse über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von kleinen Kunststoffpartikeln gewinnen und herausfinden, was getan werden kann, um mögliche gesundheitsschädliche Auswirkungen zu begrenzen. Die 15 Kurzzeitprojekte des Programms sind inzwischen abgeschlossen. Dies zeigt, dass der Wissensstand noch immer unzureichend ist und weitere Forschung notwendig ist, um Gesundheitsrisiken zu ermitteln. In den Niederlanden wird diese Folgeforschung von dem Forschungskonsortium MOMENTUM durchgeführt, an dem auch die VU beteiligt ist.
Die Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch nicht bekannt. Die Forscher sind jedoch besorgt, da Mikroplastik im Labor Schäden an menschlichen Zellen verursacht, und es ist bereits bekannt, dass Partikel aus der Luftverschmutzung in den Körper gelangen und jährlich Millionen von vorzeitigen Todesfällen verursachen. Riesige Mengen an Plastikmüll werden in die Umwelt gekippt, und Mikroplastik verseucht inzwischen den gesamten Planeten, vom Gipfel des Mount Everest bis zu den tiefsten Ozeanen. Es ist bereits bekannt, dass Menschen die winzigen Partikel über die Nahrung und das Wasser aufnehmen und einatmen, und sie wurden auch im Kot von Säuglingen und Erwachsenen gefunden.
->Quellen:
- vu.nl/microplastics-aangetoond-in-menselijke-bloedbaan
- theguardian.com/microplastics-found-in-human-blood-for-first-time
- Originalpublikation: Heather A. Leslie, Martin J. M. van Velzen, Sicco H. Brandsma, Dick Vethaak, Juan J. Garcia-Vallejo, Marja H.Lamoree: Discovery and quantification of plastic particle pollution in human blood, in: Environment International – https://doi.org/10.1016/j.envint.2022.107199Get rights and content, open acces