Emissionshandel entwickelt sich zu Schlüsselinstrument zur Klimaneutralität

9. Statusbericht der International Carbon Action Partnership (ICAP) 2022

Emissionshandelssysteme können einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten, die dringend erforderlich ist, um bis Mitte des Jahrhunderts Klimaneutralität zu erreichen. Sie schaffen Anreize für Investitionen in neue Technologien und generieren Mittel, die für Ausgleichsmaßnahmen zugunsten von stark betroffenen Bevölkerungsgruppen verwendet werden können. Der Emissionshandel hat 2021 weiter an Dynamik gewonnen und wird zu einem Schlüsselinstrument für die Dekarbonisierung. Das zeigt der 9. Statusbericht der International Carbon Action Partnership (ICAP) 2022 in Projektträgerschaft von adelphi.

Laut dem Ende März erschienen Bericht gibt es Anfang 2022 weltweit 25 funktionierende Emissionshandelssysteme in Ländern, auf die 55% des globalen BIP entfallen. Diese 25 Systeme decken 37% der Emissionen in den Bereichen ab, für die es bereits gesetzlich verankerten Zielen für Klimaneutralität gibt, und 17% der Emissionen in Bereichen, für die solche Ziele derzeit diskutiert werden. Außerdem sind momentan 22 weitere Emissionshandelssysteme in der Entwicklung oder Planung.

    • Rund 90% der weltweiten Emissionen unterliegen heute Regelungen mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität.
    • Mehr als ein Drittel dieser Emissionen fallen unter ein Emissionshandelssystem (EHS).
    • Die 25 sich Anfang 2022 in Betrieb befindlichen EHS decken 55% des globalen BIP, 17% der globalen Treibhausgasemissionen und fast ein Drittel der Weltbevölkerung ab.
    • 2021 haben EHS 161 Mrd. USD erwirtschaftet, ein Anstieg von mehr als 50% gegenüber 2020.

„Der Emissionshandel kann eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der Volkswirtschaften spielen und muss Teil der Pläne für Klimaneutralität sein“, erklärt Stefano De Clara, Leiter des ICAP-Sekretariats. „Wir kennen einige der Technologien, die die Welt braucht, um bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden – und wir wissen, dass der Emissionshandel ein entscheidendes Preissignal für den Einsatz von solchen Technologien zur Emissionsminderung und -vermeidung sendet.“ Und weiter: „Die Versuchung, sich von den Klimazielen zu verabschieden, ist derzeit groß, da die Regierungen mit steigenden Inflationserwartungen und Energiepreisen zu kämpfen haben. Dies wäre jedoch ein Fehler. Ein Nachlassen beim Klimaschutz würde zu weiteren Krisen und Preissteigerungen in der Zukunft führen. Mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz bietet eine große Chance für Innovationen. Der Emissionshandel kann dabei einen wertvollen Beitrag leisten.“

Neben Infografiken und aktualisierten detaillierten Daten zu den Kohlenstoffmärkten weltweit enthält der diesjährige Statusbericht auch hochkarätige Artikel über die bisherige Entwicklung der neuen Emissionshandelssysteme in China und im Vereinigten Königreich. Weitere Themen sind eine mögliche Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems auf den maritimen Sektor und ein Bericht darüber, wie Kalifornien sicherstellt, dass sein Kohlenstoffmarkt eine sozial gerechte Transformation ermöglicht und wie das Interesse an CO2-Preisen in ganz Amerika wächst.

„Das Erreichen der Klimaneutralität bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts ist heute ein übergeordnetes Ziel, das den größten Teil der Weltwirtschaft betrifft“, bemerkt Dirk Weinreich, ICAP-Ko-Vorsitzender und Leiter des Referats Klimaschutzgesetz und Emissionshandel im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. „Emissionshandelssysteme sind gut geeignet, um dieses Ziel zu erreichen: Sie bieten sowohl Sicherheit bezüglich der Emissionsmengen als auch längerfristige Marktsignale, die notwendig sind, um die für einen kohlenstoffarmen Übergang erforderlichen Investitionen zu fördern. Eine möglichst umfassende weltweite CO2-Bepreisung hätte den doppelten Vorteil, dass sie die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen erhöhen und die verstärkten Klimaambitionen von Vorreiter-Ländern sichern würde.“

„Die Transformation hin zur Klimaneutralität wird die Aufgabe einiger kohlenstoffintensiver Industrien und den Ausbau neuer, kohlenstoffarmer Industrien erfordern“, meint Rajinder Sahota, ICAP-Ko-Vorsitzende und stellvertretende Geschäftsführerin im Bereich Klimawandel und Forschung beim California Air Resources Board. „Das Potenzial für ein klimaneutrales Wachstum ist beträchtlich. Damit diese Transformation gelingt, muss sie jedoch sozial gerecht sein und darf niemanden zurücklassen. Von Anfang an haben wir auf ein Portfolio aus Anreizen, Vorschriften und CO2-Preisen gesetzt. Die Gestaltung von Programmen zur CO2-Bepreisung und die Reinvestition von Geldern können dazu beitragen, dass die Schwächsten vor den negativen Auswirkungen dieser Transformation geschützt werden, und so wirksame und dauerhafte Klimaschutzmaßnahmen vorantreiben.“

Über ICAP

Der ICAP-Statusbericht wird seit 2014 jährlich vom Sekretariat der International Carbon Action Partnership in Berlin veröffentlicht. ICAP bringt regionale, nationale und subnationale Regierungen sowie Behörden aus der ganzen Welt zusammen, um wichtige Aspekte zur Gestaltung von EHS zu diskutieren, unter anderem durch Fachdialoge zu technischen Aspekten von EHS und Wissensaustausch. Bestimmte Tools und Forschungsprodukte von ICAP stehen auf der ICAP-Website zur Verfügung. ICAP unterstützt auch den Aufbau von Kapazitäten in Ländern, die die Einführung von Emissionshandelssystemen erwägen oder derzeit entwickeln. 37 nationale und subnationale Regierungen sind ICAP seit der Gründung im Jahr 2007 beigetreten.

Über adelphi

Seit 2008 hat adelphi die Projektträgerschaft ICAPs inne und stellt das Personal für das ICAP-Sekretariat. adelphi ist Europas führender unabhängiger Think-and-Do-Tank für Klima, Umwelt und Entwicklung. Als strategische Politikberatung setzen wir uns ein für einen gerechten transformativen Wandel und eine lebenswerte und zukunftsfähige Gesellschaft. 280 kluge Köpfe arbeiten lokal und global zu Umwelt und Nachhaltigkeit und den Herausforderungen politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Veränderungen. Wir sind Zukunftsagentinnen in einem globalen Netzwerk aus Strategen, Praktikerinnen, Vor- und Nachdenkern. Durch transdisziplinäre Forschung, evidenzbasierte Beratung und im Dialog mit politischen und gesellschaftlichen Akteuren und Unternehmen gestalten wir politische Agenden, vermitteln Themen im politischen Raum und unterstützen Entscheiderinnen.

Quellen und weitere Informationen: