Initiative ENPRO legt Ergebnisse vor
Durch den Übergang zu kontinuierlichen Prozessen, Modularisierung und Digitalisierung könnten in der deutschen Spezialchemie bis zu drei Terrawattstunden (3 TWh) Energie jährlich eingespart werden. Das geht aus dem jüngsten Bericht der Initiative ENPRO und Schätzungen von Mitgliedsunternehmen hervor. Demnach wären bei deutschlandweiter Umsetzung der Technologien, die in den einzelnen Projekten entwickelt wurden, Einsparungen von 1,3 TWh Strom und 1,7 TWh Wärme pro Jahr erreichbar. Das entspricht dem jährlichen Energiebedarf von fast 170.000 Haushalten und damit einer mittleren Großstadt.
Darüber hinaus werden auch Roh- und Hilfsstoffe eingespart. Für den Anlagenbau bedeutet die Modularisierung eine Reduzierung des Planungsaufwands um geschätzt 10-30%. Der Aufwand für die Integration von Modulen in Anlagen vor Ort sinkt dank der Standards und des Prinzips „Plug-and-Produce“ um 80 %. Weitere Vorteile betreffen u.a. Verbesserungen bei Qualität, Ausbeute, Einsparungen an Apparate- und Automatisierungskosten, umfangreiche Standardisierungen, verbesserte Methoden für eine optimale Modulauswahl sowie vereinfachte Wartungs- und Folgeprozesse.
Die Arbeiten von ENPRO konzentrieren sich auf drei Schwerpunkte:
- „Batch-to-Conti“: Mit dem Übergang von Einzelchargen zu kontinuierlichen Prozessen lassen sich nicht nur Energie- und Ressourceneffizienz steigern, auch die Produktqualität wird verbessert und Anlagen können schneller und preiswerter gebaut werden.
- Modularisierung: Der Aufbau von Anlagen aus intelligenten vernetzten Modulen erhöht die Energieeffizienz und senkt gleichzeitig den Engineering-Aufwand.
- Datenintegration: Werden Anlagen- und Prozessdaten im Lebenszyklus und entlang der Wertschöpfungskette für alle Beteiligten online verfügbar (Digitaler Zwilling), steigt die Anlagen-, Energie- und Ressourcen-Effizienz, während sich Planungszeiten verringern.
Das ermöglicht in Kombination mit weiteren Ergebnissen zur Automatisierung die Orchestrierung und Realisierung modularer Anlagen in der chemischen Industrie.
Die Betreiberfirmen Merck und Evonik sind bereits dabei, einzelne Ergebnisse für interessante Marktentwicklungen und Investitionen einzusetzen. Dies betrifft den Aufbau der Modularen Produktion von Spezialchemikalien bei Merck; bei Evonik geht es unter anderem um den Einsatz von Modularisierung in weiten Teilen ihrer Pilotanlagen und bei Implementierungen nachhaltiger Infrastrukturvorhaben. Eine Reihe von Ergebnissen der ENPRO-Initiative sind zudem bereits in die Gestaltung von VDI- und Namur-Richtlinien eingeflossen (u.a. VDI 2776, VDI/VDE/Namur 2658).
Nach ENPRO 1.0, in der die technische Machbarkeit (bis TRL 3) nachgewiesen wurde, und ENPRO 2.0, in der Module entwickelt und die automatisierungstechnischen Voraussetzungen für deren Zusammenspiel (Orchestrierung) geschaffen wurden (ca. TRL 6), plant die Initiative nun Konzepte für den „ENPRO Rollout“. Dieser soll den Weg für den erfolgreichen Einsatz der Technologien in der Praxis ebnen. Dabei geht es nicht nur um den Einsatz in Neuanlagen, sondern auch um die Umrüstung existierender Batch-Produktionen in der Chemie-, Pharma- und Biotechnologie-Industrie. Die Initiative ENPRO macht es so möglich, auf dem Markt der Spezialchemie für Produkte mit hoher Wertschöpfung Technologieführerschaft zu erlangen und zu erhalten und leistet damit einen wesentlichen Beitrag, den Technologie- und Industriestandort Deutschland zu sichern und weiterzuentwickeln.
Ziel der ENPRO-Initiative ist, Prozesse in der chemischen Industrie energieeffizienter und flexibler zu gestalten sowie Abläufe deutlich zu verkürzen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Betreiber-, Zulieferindustrie und verschiedenen Hochschulen prägt die 2014 gestartete Initiative, die von der DECHEMA koordiniert wird. Die Funktionalität der neuen modularen Technologie wurde in Labor- und Technikumsanlagen der beteiligten Industriepartner erfolgreich nachgewiesen; zu ihnen gehören u.a. BASF, Clariant, Covestro, Evonik, Merck und Wacker. Die Verbundvorhaben in ENPRO umfassen ein Gesamtvolumen von ca. 43 Mio €. Die Projekte werden vom BMWK mit einer Quote von ca. 50 % gefördert und laufen noch bis Ende 2022.
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