Klimaneutralität nur durch Vermeidung, nicht durch Kompensation
Gewachsenes Nachhaltigkeitsempfinden in der Bevölkerung und steigende Energiekosten lassen Unternehmen vermehrt das Ziel der Klimaneutralität in den Fokus nehmen. Erste Schritt dabei ist die Verbesserung der Material- und Energieeffizienz. Denn die Kilowattstunde, die nicht gebraucht wird, emittiert keine Treibhausgase und verursacht keine Kosten. An diesem Punkt setzt laut Medienmitteilung der Uni Paderborn vom 27.04.2022 ein neues Verbundprojekt an, in dem Wissenschaftler der Universitäten Paderborn und Bielefeld Hand in Hand arbeiten.
1,86 Millionen Euro Förderung vom NRW-Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (MWIDE NRW) sollen im Projekt „Climate neutral Business in Ostwestfalen-Lippe“ (Climate bOWL) dem Ziel aufhelfen, Treibhausgase in der Industrie zu verringern. Das Gesamtvolumen des Projektes beträgt 3,16 Millionen Euro. Assoziierte Partner im Projekt sind die Unternehmen BENTELER Automobiltechnik GmbH und CLAAS KGaA mbH, die Prognos AG fungiert als Projektunterstützer.
Ganzheitliche Herangehensweise entlang der Wertschöpfungskette
„Klimaneutralität in Unternehmen kann nur durch die reelle Vermeidung und nicht durch Kompensation von Treibhausgasen erfolgen. Kenntnisse über die Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette in Kombination mit dem Aufzeigen möglicher Vermeidungsoptionen bilden die Grundlage für zielführende, ganzheitliche Lösungsansätze“, erläutert Prof. Henning Meschede, wissenschaftlicher Leiter des Projektes sowie Professor für Energiesystemtechnik an der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik der Universität Paderborn. „Dafür bedarf es interdisziplinärer Teams, die die Produktionsprozesse verstehen, daraus Effizienzansätze ableiten und dieses Wissen in übergeordnete Geschäftsprozesse einfließen lassen können“, so Meschede weiter.
Die Einsatzreihenfolge von Vermeidungsmaßnahmen hin zur Klimaneutralität lautet Minimieren, Substituieren und Kompensieren. Folglich bedarf es einer ganzheitlichen Herangehensweise zur Aggregation und Bewertung von Treibhausgasemissionen sowie zur Identifizierung und Priorisierung von Reduktionsmaßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungsketten. Das Projekt „Climate bOWL“ hat daher zwei Schwerpunkte: Erstes Teilziel zur Schaffung von Transparenz und zum Benchmarking ist die Entwicklung eines produktspezifischen Carbon-Footprint-Trackingsystems. „Ein produktbasierter Fußabdruck der Treibhausgase gibt Unternehmen Aufschluss über die eigenen Emissionen und weist zudem Zielwerte für das Carbon-Controlling und das Produktdesign aus. Ein Assistenzsystem schlägt auf dieser Basis konkrete Optimierungsmaßnahmen vor“, unterstreicht Waliuollah Ali, Head of Center of Excellence Consumer Products Innovation and Portfolio Management, der NTT DATA Business Solutions AG.
Treibhausgasemissionen ihren Verursachern zuordnen
Das zweite Teilziel stellt die Entwicklung und Anwendung eines intelligenten Assistenzsystems dar, das auf Basis von Energie- und Stoffstromdaten automatisiert mit Unterstützung von Verfahren des Maschinellen Lernens Treibhausgasemissionen ihren Verursacher*innen zuordnet, daraus Effizienzpotenziale ableitet und das Vermeidungspotenzial bewertet. „Wir hoffen, mehr Transparenz für die relevante CO2-Fragestellung zu bekommen, auch als Input für neue Maschinengenerationen“, so Markus Fleuter, Vice President Business Excellence Division Separation & Flow Technologies, GEA Westfalia Separator Group GmbH.
Transparenz ist eines der großen Themen, wenn über die Entwicklung von Klimaneutralitätsstrategien gesprochen wird: Transparenz für das eigene Unternehmen zu schaffen, zukünftige gesetzliche Vorgaben einhalten und kritische Werte ausweisen zu können. „Wir erhoffen uns mehr Transparenz zum Carbon Footprint unserer Produkte, den wir von der Materialbeschaffung über die Produktion bis zur Nutzung und Entsorgung betrachten. Ziel ist es, Maßnahmen zu identifizieren, die aus ganzheitlicher Sicht am sinnvollsten zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen“, erläutert Christoph Wendker, Vice President Corporate Sustainability and Regulatory Affairs bei Miele. Um die unternehmensspezifischen Anforderungen zur Erfassung von Verbräuchen und Emissionen zu identifizieren und eine smarte Lösung zu entwickeln, bedarf es aufgrund der hohen Komplexität einer übergreifenden Zusammenarbeit. „Die Entwicklung von cloudbasierten Applikationen für Komponenten, Systeme und Lösungen im Bereich der Elektrotechnik, Elektronik und Automation ist eine unserer täglichen Herausforderungen, der wir uns im Team stellen, um CO2-kritische Prozesse in der Wertschöpfungskette sichtbar zu machen,“ so Mathias Weßelmann, Geschäftsführer der Phoenix Contact Smart Business GmbH.
->Quelle: uni-paderborn.de/mit-climate-bowl-die-energieeffizienz-optimieren