Deutschland verbraucht zu viele Ressourcen

Erdüberlastungstag 2022

Laut Berechnungen von Umweltschützern hat Deutschland bereits am 4. Mai seine ökologischen Ressourcen für das Jahr 2022 aufgebraucht. Während der globale „Earth Overshoot Day“ im Hochsommer erreicht werden wird, fällt der deutsche Erdüberlastungstag bereits ins Frühjahr, weil die hiesige Bevölkerung vergleichsweise ressourcenintensiv lebt.

Earth Overshoot Day 2017 Demo vor Brandenburger Tor – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Ginge es nach den Ressourcen, die Deutschland rein rechnerisch für das ganze Jahr zur Verfügung stehen, wäre das Jahr am 4. Mai 2022 vorbei. Der 4. Mai gilt damit als „deutscher Erdüberlastungstag“ für 2022: Ab diesem Tag gewinnen die Deutschen dem Boden mehr Holz, Pflanzen und Nahrungsmittel ab, als in einem Jahr nachwachsen können. Und sie stoßen nach dem 4. Mai rechnerisch mehr CO2 aus, als Ozeane und Wälder aufnehmen können. Das beschleunigt die Meeresverschmutzung und den Klimawandel.

„Schon nach vier Monaten lebt Deutschland auf Pump“, sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Der frühe deutsche Erdüberlastungstag ist ein Alarmsignal und Armutszeugnis für die verfehlte Umwelt- und Naturschutzpolitik der vergangenen Jahre.“

Weltweiter Erdüberlastungstag im Hochsommer

Im Gegensatz zum weltweiten Erdüberlastungstag („Earth Overshoot Day“) im Hochsommer liegt der deutsche Erdüberlastungstag bereits im Frühjahr. Gründe für den frühen Termin sind unter anderem der weiterhin viel zu hohe Energieverbrauch, der hohe CO2-Ausstoß im Verkehr und in der Massentierhaltung sowie die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser.

Erdüberlastungstag

„Würden alle Menschen so mit der Erde umgehen wie wir in Deutschland, bräuchten wir drei Erden, um die Bedürfnisse aller Menschen zu stillen“, kritisiert Antje von Broock, Bundesgeschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz : „Wir leben auf Pump und auf Kosten der Menschen im globalen Süden. Der Krieg in der Ukraine zeigt zusätzlich, wie knapp und wie kostbar unsere endlichen und erneuerbaren Ressourcen sind.“

Die Deutschen zählen global zu den verhältnismäßig verschwenderischen Nationen. Sie rangieren etwa auf einem Rang mit Israel (4. Mai), Frankreich (5. Mai), Japan (6. Mai) und Portugal (7. Mai) und noch vor der Schweiz (13. Mai), Großbritannien (19. Mai), Griechenland (21. Mai) und Kroatien (29. Mai), deren jeweiliger „Earth Overshoot Day“ aben ebenfalls noch im Mai 2022 erreicht wird.

Angeführt wird die Liste von den besonders verschwenderischen Nationen, zu denen die arabischen Ölstaaten zählen sowie Luxemburg (14. Februar), die USA (13. März), Kanada (13. März) und Australien (23. März). Auch die skandinavischen Länder sind weit oben auf der Ausbeutungs-Liste vertreten. Die Ressourcen von Dänemark (28. März) und Finnland (31. März) waren bereits im März aufgebraucht.

Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, forderte die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung der Energiewende keine Zeit zu verlieren. Diese müsse aber auch Rücksicht auf Natur- und Landschaftsschutzbelange nehmen. In Reaktion auf die Rohstoffknappheit müsse Deutschland eine effiziente Kreislaufwirtschaft aufbauen. Der in der `Zukunftskommission Landwirtschaft“ eingeschlagenen Weg müsse fortgesetzt und eine klimagerechte, nachhaltige und faire Landbewirtschaftung erreicht werden. „Auf der kommenden Weltnaturkonferenz in China muss Deutschland zudem seiner Verantwortung für die massiv bedrohte Biodiversität gerecht werden. Als viertgrößte Volkswirtschaft müssen wir hierfür auch einen angemessenen finanziellen Beitrag leisten.“

„Der Welterschöpfungstag verdeutlicht einmal mehr, wie sehr wir über dem Limit leben, unsere knappen Ressourcen vergeuden und wie schlecht wir unsere Ökosysteme weiter behandeln“, sagte Heinrich. „Rechnerisch ist der deutsche Anteil an den natürlichen Ressourcen der Erde schon nach den ersten vier Monaten des Jahres aufgebraucht. Wenn alle Länder auf der Welt so `haushalten´ würden wie Deutschland, bräuchte es mehr als drei Erden. Die Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag viele Umweltversprechen gemacht und mit ihren angekündigten Vorhaben große Erwartungen geweckt. Diese muss sie erfüllen und ihre Projekte mit Nachdruck voranbringen.“

„Wir sehen im Koalitionsvertrag viele Weichenstellungen, die in die richtige Richtung gehen, aber noch sieht die Realität anders aus, wie sich allein schon an den Auswirkungen des Klimawandels, an der Artenvielfalt und dem Zustand der deutschen Gewässer zeigt“, sagte Christoph Heinrich. „Die Klimakrise verschärft sich weiter und bedroht auch in Deutschland Menschen und Ökosysteme. Wir müssen uns auf weitere Dürre- und Hitzeperioden wie 2018 und 2019 einrichten, die unsere Wälder anfällig für Brände und Schadinsekten machen und die Landwirtschaft in Schwierigkeiten bringen. Schon jetzt weisen bundesweit 63 Prozent der Arten und der ökologischen Lebensräume einen ungünstig-unzureichenden oder schlechten Zustand auf. Deutschland muss sich vor dem Europäischen Gerichtshof verantworten, weil es Natura-2000-Schutzgebiete nicht hinreichend erhält; europäische Schutzvorgaben für unsere Gewässer werden bei uns um Längen verfehlt.

Zugleich liegen wir weltweit auf Platz 11 beim Pro-Kopf-Ausstoß energiebedingter CO2-Emissionen, exportierten vergangenes Jahr über 700.000 Tonnen Plastikmüll ins Ausland und verschwenden im Jahr rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel. Das alles ist nicht ressourcenschonend, nicht nachhaltig und zeigt: Derzeit sägen wir unvermindert an dem Ast, auf dem wir sitzen. Hier gibt es noch sehr, sehr viel zu tun.“

Ressourcenverbrauch: Keine Trendwende in Sicht

Um das Datum nach hinten zu verschieben, müssen wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern: weniger CO2 ausstoßen, weniger verschwenderisch leben. Glücklicherweise kann dazu jeder ganz einfach einen Beitrag leisten: Welch Größe der eigene ökologische Fußabdruck hat und welche Faktoren ihn besonders beeinflussen, können Sie mit dem Fußabdruckrechner des Global Footprint Networks überprüfen.

Erdüberlastungstag nach hinten verschieben (ökotest-Vorschläge)

Was können wir tun, um den Erdüberlastungstag nach hinten zu verschieben?

Klima retten im Alltag: Wie verkleinere ich meinen CO2-Ausstoß?
Jede und jeder kann seinen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten – und dabei noch Geld sparen (oekotest.de/Klima-retten-im-Alltag-Wie-verkleinere-ich-meinen-CO-Ausstoss).

->Quellen: