Behauptung gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht belegt
Der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat mit am 06.05.2022 verkündeten Urteilen zwei Klagen abgewiesen. Zwei Kläger aus Horn-Bad Meinberg und Borchen hatten von Windenergieanlagen-Betreibern Schadensersatz wegen der Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch sogenannten Infraschall (Schall unterhalb des hörbaren Bereiches) verlangt. Die Kläger sind Eigentümer von selbst genutzten Wohngrundstücken in einer Entfernung von knapp unter bzw. knapp über zwei Kilometern Entfernung von Windenergieanlagen. Sie haben ihr Schadensersatzbegehren mit der Behauptung gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch Infraschall begründet.
Nach Abweisung der Klagen durch die Landgerichte Detmold und Paderborn hatten die Kläger ihre Klagen jeweils mit einer Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm weiterverfolgt. Zur Begründung führte der Senat aus, dass die Kläger aufgrund der Rechtskraft von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht mehr mit der Behauptung der vorgebrachten Beeinträchtigungen gehört werden können. Beide Kläger waren vor dem Verwaltungsgericht Minden ohne Erfolg gegen die Genehmigung der Windenergieanlagen vorgegangen. Der Zivilsenat sieht sich aus Rechtsgründen an die rechtkräftigen Urteile des Verwaltungsgerichts Minden gebunden. Dieses hatte die Anfechtungsklagen jeweils mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine rechtlich relevante Beeinträchtigung der klägerischen Grundstücke nicht vorliege.
Zusätzlich, so der Zivilsenat in beiden Urteilen, spreche aufgrund der im Zivilverfahren eingeholten Sachverständigengutachten viel dafür, dass von den Windenergieanlagen der Beklagten keine wesentlichen Beeinträchtigungen auf die klägerischen Grundstücke einwirken. Der Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass die theoretisch bestimmbaren Schalldruckpegel des Infraschalls auf den klägerischen Grundstücken um mehrere Größenordnungen unterhalb der menschlichen Wahrnehmung liege. Zudem sei der von den Windenergieanlagen ausgehende Infraschall auf den klägerischen Grundstücken praktisch nicht mehr messbar, da die von den Anlagen ausgehende Schallwelle in einer Entfernung von um die zwei Kilometer in dem vom Wind verursachten Schall untergehe. Da der Senat zu dem Ergebnis gekommen ist, schon aus Gründen der Rechtskraft an die Feststellungen des Verwaltungsgerichts Minden gebunden zu sein, dass eine wesentliche Beeinträchtigung nicht besteht, hat er letztlich offen gelassen, ob andernfalls noch ein medizinisch-biologisches Sachverständigengutachten dazu einzuholen gewesen wäre, ob Infraschall, wie er von den hier in Rede stehenden über 200 Meter hohen Anlagen ausgeht, wegen einer von den Klägern behaupteten spezifischen Ausprägung als Teil des allgemeinen Infrarauschens auch noch unterhalb der Wahrnehmungsschwelle geeignet ist, die Gesundheit durch Einwirkungen auf körperliche Rezeptoren oder Systeme trotz einer Entfernung von etwa zwei Kilometern zu beeinträchtigen.
Landesverband Erneuerbare Energien NRW: Urteil ist Niederlage für Windkraftgegner
Für den Landesverband Erneuerbare Energien NRW hat das Urteil, das der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) ausdrücklich begrüßt, „bundesweite Signalwirkung“. Seit Jahren behaupten Windenergiegegner – mit Verweis auf fehlerhafte und fragwürdige Studien und Berichte -, dass die Infraschallemissionen, die von Windenergieanlagen erzeugt werden, zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führten. Infolge dieser Anti-Windenergie-Stimmung hätten sich vielerorts Projekte verzögert oder seien blockiert worden.
Im vorliegenden Fall hatten zwei Kläger aus Ostwestfalen-Lippe von dem Betreiber eines Windparks die teilweise Einstellung des Betriebs beziehungsweise Schadensersatz in fünfstelliger Höhe gefordert, da sie sich von dem Infraschall der Windenergieanlagen beeinträchtigt fühlten. Der 24. Zivilsenat am OLG Hamm hat die Klage abgewiesen (Az.: I-24 U1/20).
Die Urteilsbegründung ist für Franz-Josef-Tigges, langjähriger Verwaltungsjurist und Vorstandsmitglied des LEE NRW, „bemerkenswert“: „Nachdem die Kläger zuvor vergebens versucht hatten, auf Verwaltungsgerichtsebene den Windpark zu kippen, haben sie sich an ein Zivilgericht gewandt und sind ebenfalls gescheitert.“ Das OLG Hamm habe dem Versuch der Kläger, den Windpark über eine zweite juristische Ebene auszuhebeln, einen Riegel vorgeschoben. „Das Urteil aus Hamm hat deshalb bundesweite Signalwirkung, weil es klarstellt, dass Windenergiegegner, deren Klage gegen die Windenergieanlagen im Verwaltungsprozess endgültig abgewiesen wurde, schon aus formalen Gründen (Rechtskrafterstreckung des vorgehenden Verwaltungsgerichtsurteils) gehindert sind, danach mit dem gleichen Ziel noch einmal vor die Zivilgerichte zu ziehen. Da die Zivilgerichte sich mit der Sache selbst nicht mehr auseinandersetzen müssen, bleiben Windmüllern erhebliche Verzögerungen erspart.“
Für „bemerkenswert“ hält Tigges das Urteil aus Hamm auch deshalb, weil die Entscheidung des 24. Zivilsenats auch auf der Stellungnahme eines unabhängigen Ingenieurbüros basiert: „Der Gutachter hat eindrucksvoll nachgewiesen, dass von Windenergieanlagen erzeugtem Infraschall keinerlei Gesundheitsgefahren ausgehen können.“ Resümee von Tigges: „An dem Urteil vom OLG Hamm werden sich weitere Gerichte orientieren, bei denen noch Klagen in Sachen Infraschall ausstehen.“
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