PV-Anlagen gehen leer aus – Enttäuschung ungarischer Solarstromentwickler und Investoren
Im Rahmen des ungarischen Ausschreibungsverfahrens können keine neuen Anschlussanträge mehr angenommen werden. Stattdessen müssen neue Anschlussanträge gemäß dem Einzelverfahren gestellt werden, das von den Antragstellern verlangt, die Kosten für die Anschlussinfrastruktur zu tragen. Übertragungsnetzbetreiber MAVIR setzte am 02.05.2022 die „Kapazität wetterabhängiger Kraftwerke, die in das Stromnetz aufgenommen werden können“, auf 0 Megavoltampere (MVA) fest, berichtete die regierungskritische Webseite Telex über portfolio.hu. Die derzeitige freie Kapazität, die den Umspannwerken im oberen Spannungsbereich zugewiesen worden sei, liege ebenfalls bei Null, schreibt Vlagyiszlav Makszimov am 11.05.2022 auf EURACTIV.com.
In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Kapazitäten auf der Erzeugerseite und die Nachfrage der Verbraucher im ungarischen Stromsystem grundlegend verändert, erklärten die Verteilernetzbetreiber in einer gemeinsamen Erklärung auf der MAVIR-Website. Auch auf der Erzeugerseite ist ein Wechsel von einer geringen Anzahl großer Erzeuger, wie sie früher üblich waren, zu einer stark dezentralisierten Produktion bestehend aus vielen kleinen Erzeugern zu verzeichnen.
In der Zwischenzeit haben die stetig steigenden Renditen für Solarprojekte die Nachfrage nach Netzanschlusskapazitäten drastisch erhöht, während sich das Windhundverfahren bei der Kapazitätsvergabe als unzureichend erwiesen hat. Das ungarische Elektrizitätssystem verfügt derzeit über rund 3000 MW an industrieller und privater Solarkapazität. Die installierte Solarkapazität hat sich in den letzten fünf Jahren verzehnfacht, und es wird ein weiterer Ausbau der Solarenergie im Haushaltsbereich erwartet.
Das bedeutet, dass das ungarische Elektrizitätssystem – zusätzlich zu den bereits in Betrieb befindlichen 3.000 MW an erneuerbarer Stromerzeugung – mindestens weitere 5.000 MW an Anschlusskapazität für erneuerbare Energien benötige, so die Verteilernetzbetreiber. Sie sind jedoch der Meinung, dass der derzeitige Mangel an Anschlusskapazitäten nicht zu einem Stillstand beim Ausbau grüner Stromerzeugung führe und dass die für 2030 gesetzten Ziele sogar früher als geplant erreicht werden könnten, nämlich innerhalb von drei bis fünf Jahren.
Industrievertreter sind da anderer Meinung. Das Fehlen von Anschlusskapazitäten, die im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens vergeben werden sollen, wäre für ungarische Solarstromentwickler und Investoren schwer hinzunehmen. Denn das würde heißen, dass in Ungarn derzeit keine neuen kommerziellen Kraftwerke entwickelt werden können, so Ern? Kiss, Präsident des Ungarischen Solarstromverbandes (MNNSZ), gegenüber Portfolio. Ihm zufolge müssen nun alle Projekte für Solarkraftwerke, die über keinen genehmigten Anschlussplan verfügen, unabhängig davon, in welchem Stadium sie sich befinden, eingestellt werden, was auch den raschen Ausbau der Solarstromkapazität in Ungarn ins Stocken bringen werde. Kiss befürchtet, dass die Aussetzung der Entwicklung zum Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen führen könnte.
Wie EURACTIV erfuhr, arbeitet die Europäische Kommission an einem Gesetzesvorschlag, der sich mit Verzögerungen durch unzureichende Genehmigungen und Netzanschlüsse befassen würde. Laut diesem Entwurf müssten die EU-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Genehmigungsverfahren als vorrangiges öffentliches Interesse betrachtet werden. Dies betrifft die Planung, den Bau und den Betrieb von erneuerbaren Energieanlagen, Speicheranlagen und Netzanschlüssen.
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