Reform des Anti-Klimaabkommens gescheitert

Energiecharta-Vertrag (ECT) schützt Investitionen in fossile Brennstoffe und blockiert für die Energiewende nötige Maßnahmen

Die Reform des Energiecharta-Vertrags (ECT) ist laut einer Medienmitteilung des Umweltinstituts gescheitert. Am 22.05.2022 wurde in Brüssel die 13. und damit letzte Verhandlungsrunde über eine Modernisierung des internationalen Handels- und Investitionsabkommens vorzeitig beendet. Der ECT-Vertrag ist ein großes Hindernis für wirksamen Klimaschutz: Er schützt Investitionen in fossile Brennstoffe und blockiert Maßnahmen für die Energiewende. Seit April 2020 war in Brüssel die Reform des Vertrags über die Energiecharta verhandelt worden. Nun fordern Umwelt-NGO den Austritt aus dem ECT.

ECT-Vertrag – Titelblatt

Der ECT ist ein internationales Investitionsschutzabkommen für die Energiewirtschaft, das Investoren die Möglichkeit gibt, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen. Dabei gilt es bereits als Enteignung, wenn ein Staat die Bedingungen für Investitionen durch neue Regeln (wie einen früheren Kohleausstieg) verschlechtert – die Aussicht auf sinkende Gewinne in der Zukunft ist bereits ein Klagegrund. Beispielsweise verklagen RWE und Uniper die Niederlande wegen deren Kohleausstieg in Milliardenhöhe. Aber auch in deutsche Firmen klagten gegen den Atomausstieg, die Kosten für den Braunkohleausstieg um Millionen in die Höhe getrieben. Kritiker bezeichnen den ECT daher auch im Widerspruch zum Pariser Klimavertrag als das “Anti-Klimaabkommen”. Mit einer Reform wollten die Vertragsstaaten den Vertrag an das Pariser Abkommen anpassen. Doch Änderungen am ECT sind nur möglich, wenn alle 53 Vertragsstaaten zustimmen.

Ludwig Essig, Fachbereich Handelspolitik des Umweltinstituts München, kommentiert: „Bereits vor dem Start der Verhandlungen über eine Reform des ECT stand fest: Mehr als Kosmetik ist nicht drin. Dass die EU mit allen drei Reformzielen scheiterte ist dramatisch, zeigt aber: Die EU muss das Anti-Klimaabkommen jetzt kündigen!“

Nachdem das Umweltinstitut München schon 2018 mit einem Rechtsgutachten aufgezeigt hatte, dass Investitionsschutz-Klagen durch den Energiecharta-Vertrag gegen europäisches Recht verstoßen könnten, urteilte der Europäische Gerichtshof am 10.09. 2021, dass die Schiedsgerichtsklausel des ECT innerhalb der EU nicht anwendbar ist.

Alle drei Reformziele der EU gescheitert
Seit Jahren kritisieren die EU und ihre Mitgliedstaaten den ECT als veraltet. In einem internen Reformprozess ab 2018 hat sich die EU deshalb drei Reformziele gesetzt:

          1. Sicherstellen, dass der ECT kein Hindernis beim Erreichen des Pariser Abkommens oder der Energiewende darstellt
          2. Reform des Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren des ECT
          3. Anpassung des Investitionsschutzes an EU-Standards

Unser Briefing zeigt: Alle drei Reformziele wurden nicht erreicht.(Öko-Institut)

Doch das veraltete und kontroverse Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) des Vertrags wird im Rahmen des Modernisierungsprozesses nicht verändert. Es stand während des gesamten Prozesses nicht einmal auf der Agenda. So würden bestehende Investitionen in Kohle, Gas und Öl noch bis weit in die 2030er Jahre hinein durch den ECT geschüitzt werden. Einige neue Gasinvestitionen in Pipelines und Kraftwerke könnten sogar bis 2040 geschützt sein.

Für das Umweltinstitut führt das Abkommen somit in die Sackgasse. “Der Krieg in der Ukraine und die eskalierende Klimakrise zeigen in dramatischer Weise auf, welche gravierenden Folgen die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen haben. Gerade in diesen Zeiten müssen die demokratisch gewählten Regierungen die Handlungsfreiheit haben, eine zügige und sozial gerechte Energiewende umzusetzen. Doch genau dies behindert der Energiecharta-Vertrag”, so Ludwig Essig.

Zu diesem Schluss kommen auch die Wissenschaftler in ihrem neuen IPCC-Bericht. Der EuGH erklärte am 02.09.2021 die Energiecharta für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union zudem für unwirksam. Damit entzog er formal vielen der 55 anhängigen ECT-Verfahren die Grundlage. Diese Verfahren werden jedoch weitergeführt –  wenige Schiedsgerichte sind bereit, sich der Rechtsprechung des EuGH zu unterwerfen. (umweltinstitut.org)

“Wir fordern die Europäische Kommission und die europäischen Mitgliedsländer auf, einen gemeinsamen, rechtssicheren Austritt vorzubereiten. Sollte dies nicht gelingen, muss Deutschland unverzüglich einseitig kündigen! ” so Essig weiter.

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