Bosch schiebt beim Wasserstoff an

Technik für klimaneutrale Fabriken und CO2-freien Verkehr

Um den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft „mit Nachdruck“ voranzutreiben, will die Stuttgarter Robert Bosch GmbH nach eigenen Angaben ein Projekthaus zur Industrialisierung von Wasserstoff-Aktivitäten gründen. So will Bosch im Industrie 4.0-Leitwerk in Homburg den ersten sektorgekoppelten Wasserstoffkreislauf in Betrieb nehmen und Komponenten für Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung entwickeln. Gleichzeitig schließt Bosch Rexroth eine Partnerschaft mit Maximator Hydrogen zum Aufbau von weltweit 4.000 Wasserstofftankstellen bis 2030. Der Bosch-Pilotkunde Telekom wird mit stationären Brennstoffzellen ausgestattet.

Wasserstofftank – Bild © Bosch

„Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen wir energieintensiven Branchen den Umstieg auf erneuerbare Energien ermöglichen. Wasserstoff wird zu einem Schlüsselelement für die Versorgungssicherheit“, erklärt Bosch-Geschäftsführer Rolf Najork, zuständig für Industrietechnik und Fertigungschef des Unternehmens. Bosch bietet Technik für den Wasserstoffeinsatz in unterschiedlichen Sektoren: Das Unternehmen entwickelt Brennstoffzellen für mobile und stationäre Anwendungen, stattet Wasserstofftankstellen mit Kompressoren aus und erzeugt Wasserstoff in den eigenen Werken. Zudem plant Bosch, in das Komponentengeschäft für Elektrolyseure einzusteigen. „Wir bringen wasserstoffbasierte Technologien aus den Laboren in die industrielle Realität – auf die Straßen und in die Fabriken“, sagt Najork. Mit einem neu gegründeten Projekthaus macht Bosch seine Wasserstoff-Kompetenz anderen Unternehmen zugänglich.

CO2-neutrale Produktion: Erster Wasserstoffkreislauf in Homburg

Im Industrie 4.0-Leitwerk in Homburg zeigt Bosch, wie ein Wasserstoffkreislauf in der Fabrik der Zukunft aussehen kann: Ein Elektrolyseur produziert aus regenerativer Energie grünen Wasserstoff. Genutzt wird der Wasserstoff künftig für die Produktion und Mobilität: Brennstoffzellenfahrzeuge tanken Wasserstoff, den Bosch-Technik zuvor komprimiert. Für industrielle Prozesse wandelt die von Bosch entwickelte stationäre Brennstoffzelle Wasserstoff in Wärme und Strom um. Gesteuert werden die Energieflüsse in Homburg bedarfsorientiert mit Industrie 4.0-Software von Bosch – die Energy Plattform ist bereits in über 120 Werken des Unternehmens im Einsatz. Rund 90 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs von Bosch entfallen auf die Produktion. Hier setzt das Unternehmen an: „Wir verbessern kontinuierlich unseren CO2-Fußabdruck. Homburg als Industrie 4.0-Leitwerk übernimmt in unserem internationalen Fertigungsverbund eine Vorreiterrolle. Wir reduzieren vor Ort konsequent den Verbrauch an Energie, von der wir so viel wie möglich regenerativ gewinnen. An beiden Stellschrauben müssen wir drehen“, erklärt Najork.

Wasserstofftankstellen: Bosch und Maximator Hydrogen kooperieren

Bosch Rexroth und Maximator Hydrogen haben eine Lösung zur Kompression von Wasserstoff für Tankstellen, Speicher und Pipelines entwickelt, die auch im Werk in Homburg erprobt werden soll. Bis 2030 wollen Bosch Rexroth und Maximator Hydrogen die Technik für 4 000 Wasserstofftankstellen bereitstellen. Jede dritte Wasserstofftankstelle weltweit soll dann über Bosch-Komponenten verfügen. „Die Industrie ist Wegbereiter für eine klimaneutrale Zukunft. Industrietechnik von Bosch liefert wichtige Bausteine für die sektorübergreifende ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“, sagt Najork. Bosch Rexroth bietet für Wasserstoffkompressoren wartungsarme, skalierbare Systemlösungen mit elektrohydraulischen Antrieben, Leistungselektronik und automatisiertem Dichtungswechsel. Antriebseinheiten von aktuell 75 bis 250 Kilowatt stellt das Unternehmen zur Verfügung. Tankstellenbetreibern ermöglicht dies einen kostengünstigen Einstieg in die Wasserstofftechnologie und eine bedarfsgerechte Anpassung. Die neuen containerbasierten Verdichter haben das Potenzial, die Gesamtkosten für Betreiber um die Hälfte gegenüber am Markt verfügbarer Alternativen zu senken. Bosch und Maximator Hydrogen leisten so einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Nutzung von grünem Wasserstoff in Pkws, Nutzfahrzeugen, Bussen und Zügen.

Dezentrale Stromproduktion: Brennstoffzellen zur Versorgungssicherheit

Der Energiebedarf steigt. Eine Herausforderung ist es, die schwankende Verfügbarkeit erneuerbarer Energien abzusichern. Hierbei können stationäre Festoxidbrennstoffzellen helfen: Die dezentralen „Kleinkraftwerke“ werden flexibel am Ort des Verbrauchs eingesetzt; ideal für eine effiziente Energiegewinnung in Industrie und Gewerbe. Im Werk in Homburg kommt jetzt eine Brennstoffzellenanlage in einem sektorgekoppelten Wasserstoffkreislauf zum Einsatz. Bei der Telekom-Tochter Power & Air Solutions trägt Brennstoffzellentechnik von Bosch erstmalig zur Energieversorgung eines Rechenzentrums bei. Gemeinsam mit dem chinesischen Autozulieferer Weichai und dem Technologie-Partner Ceres Power plant Bosch, Festoxidbrennstoffzellen im chinesischen Markt einzuführen. Insgesamt sind bereits über 50 stationäre Brennstoffzellen von Bosch an eigenen Standorten oder bei Kunden in Betrieb. Jede dieser Anlagen ist mit dem Internet der Dinge verbunden. Über den kompletten Lebenszyklus der Brennstoffzellen fließen Daten in die Cloud. Es entstehen digitale Zwillinge, die die Echtzeitüberwachung einzelner Geräte ermöglichen. Mit der Serienfertigung stationärer Brennstoffzellen will Bosch 2024 starten. Angesiedelt werden soll die Produktion an den Bosch-Standorten Bamberg, Homburg und Wernau.

Wasserstofferzeugung: Bosch steigt in Elektrolysegeschäft ein

Bosch will künftig nicht nur Technik anbieten, um Wasserstoff zu komprimieren und mit Hilfe von Brennstoffzellen in elektrische Energie umzuwandeln, sondern sich auch an dessen Herstellung beteiligen: Das Unternehmen plant jetzt, in die Entwicklung von Komponenten für Elektrolyseure einzusteigen. In diesen Anlagen wird in einer chemischen Reaktion Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt. Stammt der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien, ist das Endprodukt „grüner Wasserstoff“. Bis Ende des Jahrzehnts plant Bosch, bis zu 500 Millionen Euro in die Industrialisierung und Vermarktung der Stacks, dem Kernstück der H2-Elektrolyse, zu investieren. Kombiniert mit Leistungselektronik, Sensoren und Steuergeräten, entstehen sogenannte „Smart Modules“, die für unterschiedliche Leistungsstärken, Größen und Anwendungen ausgelegt sind und sich über eine Cloud vernetzen und warten lassen. 2025 sollen die „Smart Modules“ auf den Markt kommen. Erste Pilotanlagen werden voraussichtlich kommendes Jahr mit Modulen ausgestattet. Bei der Entwicklung der Technik will Bosch Partnerschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette schließen, um möglichst schnell serienreife Produkte anbieten zu können.

Entwicklung von Wasserstoffvorhaben: Bosch gründet Projekthaus

Bosch ist aktiver Partner beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und treibt die Energiewende dynamisch voran. Die Erfahrungen und Kompetenzen bei Industrialisierung und Digitalisierung von nachhaltigen Technologien gibt das Unternehmen an Partner und Kunden weiter. Dafür hat Bosch eine Einheit gegründet, die grüne Wasserstoffprojekte initiiert, entwickelt und unterschiedliche Akteure zusammenbringt. Eines der ersten Wasserstoffvorhaben, an dem sich das neue Projekthaus beteiligt: H2Giga. Das vom BMBF geförderte Projekt will leistungsfähige, langlebige und skalierbare Elektrolyseure konzipieren – inklusive digitaler Zwillinge, die Prozessschritte bei Produktion, Inbetriebnahme und Wartung simulieren.

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