Gemeinsame Medienmitteilung von Stiftung KlimaWirtschaft, Wuppertal Institut und WWF Deutschland
Mehr als 40 Unternehmen, Finanzakteure und Organisationen haben branchenübergreifende Konzepte, Pilotprojekte und innovative Geschäftsmodelle für eine Circular Economy (Kreislaufwirtschaft – siehe: solarify.eu/kreislaufwirtschaft) erarbeitet. Die Ergebnisse und die weitere Umsetzung der Pilotprojekte wurden einer WWF-Medienmitteilung zufolge am 23.06.2022 vor mehr als 100 Teilnehmenden auf der ersten Zwischenkonferenz des CEWI-Projektes vorgestellt und diskutiert.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte in ihrer Eröffnungsrede der Veranstaltung, vor dem Hintergrund von Klimakrise und Artensterben werde die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft unterschätzt. Auch für die Wirtschaft habe sich die Nicht-Verfügbarkeit von Rohstoffen durch die Beeinträchtigung von Lieferketten während der Pandemie durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch einmal verschärft. Damit Rohstoffe mehr in echten Stoffkreisläufen geführt werden können, seien weitere technische Innovationen notwendig. „Wir brauchen aber aber auch soziale Innovationen, also neue Prozesse, neue soziale Praktiken, neue Organisationsformen, interdisziplinäre Ansätze,“ so Lemke. Sie würdigte deshalb, dass im CEWI-Projekt „Unternehmen ihre Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette besser miteinander verknüpfen, um den Kreislaufgedanken in die Realität umzusetzen.“
Während beim linearen Wirtschaften (Wegwerfgesellschaft) wertvolle Rohstoffe verschwendet und klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen werden, ist die Circular Economy eine Schlüsselstrategie für das Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen. Damit der Wandel zur Circular Economy gelingt, müssen Unternehmen entlang der Wertschöpfungsketten gemeinsame, zirkuläre Strategien verfolgen. Dies gilt insbesondere für den Gebäude- und den Automobilsektor.
„Der Gebäudebereich macht nicht nur ein Drittel der deutschen CO2-Emissionen aus, sondern ist zudem extrem ressourcenintensiv und verursacht 55 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland“, sagt Rebecca Tauer, Programmleiterin Circular Economy beim WWF Deutschland. „Konkrete Schritte zur Circular Economy bei Gebäuden sind eine verbesserte Materialeffizienz durch Leichtbau, eine verlängerte Lebensdauer für Wohn- und Bürogebäude durch Umnutzen, das Schließen der Stoffkreisläufe durch Wiederverwenden und Recycling sowie den Einsatz nachwachsender Rohstoffe.“
Sollen Gebäude künftig im Einklang mit den Klimazielen gebaut werden und dabei Ressourcen schonen, muss bei der Gebäudefinanzierung angesetzt werden. Das Projekt ‚Circular Finance‘ erarbeitet Empfehlungen, wie deutsche Banken die Kriterien der EU-Taxonomie zeitnah anwenden sollten, sodass Mittel und Gelder verstärkt in den nachhaltigen Gebäudebau und -umbau fließen. „Zirkuläre Gebäude sollten Vorrang in der Finanzierung bekommen, denn sie bieten nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Zirkuläres Bauen führt zu wertstabileren Immobilien und damit zu geringeren Risiken für Banken und Kreditgebern“, so Tauer weiter.
Der Automobilsektor gehört in Deutschland zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen. „Aufgrund politischer Vorgaben zur Reduktion der direkten Treibhausgasemissionen steht die Industrie unter erheblichem Transformationsdruck. Doch auch die aktuellen Material- und Lieferengpässe sorgen für eine verstärkte Auseinandersetzung mit Kreislaufwirtschaftskonzepten – gerade in den ressourcen- und treibhausgasintensiven Wertschöpfungsketten der Automobilbranche,“ sagt Susan Weide, Projektleiterin der Stiftung KlimaWirtschaft.
„Im heutigen Altfahrzeugrecycling werden Rohstoffe nur bedingt und in minderwertiger Qualität wiederverwendet, es ist effektiv ein System des Downcyclings“, betont Weide. Eine der sechs Projektgruppen hat ein Konzept für zentrale und branchenweite Verwertungsfabriken erarbeitet und diskutiert, um zu höheren Recyclingumfängen und homogeneren Sekundärrohstoffströmen zu kommen. „Diese Vorschläge sollen bestenfalls auch bei der kommenden Novellierung der EU-Altfahrzeugrichtlinie berücksichtigt werden“, so Weide weiter. Eine BMUV-Medienmitteilung zählt einige der Projekte auf:
- Nachhaltiger Einsatz von Bauteilen und Baustoffen: Ein digitales Tool soll Architekten schon bei der Planung zeigen, welche Bauteile und Baustoffe aus dem Um- oder Rückbau von Gebäuden im Quartier für eine Wiederverwendung zur Verfügung stehen werden.
- Kreislaufgerechte Sanierung von Jugendherbergen: In einem weiteren Projekt soll die Jugendherberge in Balingen-Lochen (Baden-Württemberg) kreislaufgerecht saniert und die Erfahrungen in einem Leitfaden festgehalten werden, der dann von anderen Jugendherbergen in Deutschland und möglicherweise darüber hinaus angewendet werden kann.
- Zirkuläre Kreditvergabekriterien sollen Banken dabei unterstützen, ressourcenschonende Projekte zu identifizieren und gezielt zu finanzieren.
- Digitaler Produktpass für den Automotive-Bereich: Verschiedene Unternehmen der Autoindustrie beteiligen sich an einem von ihnen initiierten Dialogprozess zur Entwicklung eines digitalen Produktpasses. Ein solcher Pass muss möglichst praxisnah sein. Der digitale Produktpass ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Er enthält Informationen zu den verwendeten Materialien, zum Einsatz von Rezyklaten, zur Reparierbarkeit, zu Ersatzteilen oder zur fachgerechten Entsorgung.
- Besseres Recycling von Altautos: Das Projekt Fahrzeugverwertungsfabrik soll zeigen, wie man zu höheren Recyclingumfängen und homogeneren Sekundärrohstoffströmen für den lokalen Wiedereinsatz bei Altautos kommen kann.
In dem Verbundvorhaben CEWI bringen die Stiftung KlimaWirtschaft, der WWF Deutschland und das Wuppertal Institut hierfür entscheidende Akteure aus den Sektoren Automobil und Gebäude zusammen. Die Ergebnisse des CEWI-Projektes sollen auf möglichst viele Sektoren und Geschäftsmodelle integrier- und skalierbar sein. „Es ist wichtig, dass die Ansätze, die im Rahmen dieses Projektes erarbeitet werden, auch für andere Unternehmen und die Politik als Vorbilder dienen und aufzeigen, wozu die Wirtschaft bereit ist und an welchen Stellen es aber auch noch Lücken in den Vorgaben der Politik gibt,” erklärt Nadine Braun, Co-Leiterin des Forschungsbereichs Stoffkreisläufe in der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut.
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