Gewässer setzen Methan frei – auch wenn sie austrocknen
Gewässer sind unterschätzte Quellen von Klimagasen. Nun haben Forschende unter Beteiligung des IGB (Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei) gezeigt, dass auch trockener Gewässerboden erhebliche Mengen Methan freisetzen kann. Ein Überblick über die Ursachen und Größenordnungen von Methanemissionen aus Gewässern und ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung im Klimawandel verdeutlichen: Saubere Gewässer und mehr Moor, bitte!
Methan entsteht, wenn organisches Material in Abwesenheit von Sauerstoff zersetzt wird. Es kann beim Abbau, von Kohle, Erdöl oder Erdgas freigesetzt werden, wird in Kuhmägen gebildet – aber auch in Binnengewässern und Ozeanen.
Methan entsteht auf verschiedene Arten in Gewässern
„Unter den Gewässertypen, die Treibhausgase freisetzen, sind Stauseen und Seen Hauptemittenten“, erläutert IGB-Forscher Professor Hans-Peter Grossart. „Das liegt daran, dass organisches Material von abgestorbenen Pflanzen und Tieren dort in stärkerem Maße als in fließenden Gewässern auf den sauerstoffarmen Gewässergrund absinkt. Dieser Prozess wird durch höhere Temperaturen verstärkt. In kleinen Gasbläschen steigt das Methan dann vom Grund bis an die Wasseroberfläche und gelangt so in die Atmosphäre“.
Lange seien Forschende davon ausgegangen, dass Methan in Binnengewässern eben nur dort gebildet werde, wo kein Sauerstoff vorhanden ist. „Jüngste Studien zeigen, dass dieses Treibhausgas auch in der sauerstoffreichen Wassersäule entsteht: Verschiedene Phytoplankton-Arten – Cyanobakterien, Kieselalgen und Haptophyten – emittieren Methan während ihrer Photosynthese,“ sagt IGB-Forscherin Mina Bizic, die das Wissen über die Methanbildung durch Phytoplankton in einem wissenschaftlichen Artikel zusammengetragen hat.
Methan entsteht auch auf trockenfallenden Flächen
Und selbst dort entstehe Methan, wo gar kein Wasser mehr sei: Trockenfallende Gewässer seien als Quelle für Klimagase wie Kohlendioxid bekannt. Allerdings habe man bisher wenig darüber gewusst, ob und wie viel Methan aus diesen Flächen freigesetzt werden. Ein Forschungsteam unter Leitung der niederländischen Radboud University habe die globalen Methanemissionen für trockenfallende Flächen von Seen, Teichen, Stauseen und Flüssen in verschiedenen Klimazonen abgeschätzt. Außerdem hätten die Forschenden die Umweltfaktoren, welche diese Emissionen steuern, bestimmt, erklärt Bizic.
„Die Methanemissionen aus trockenen Binnengewässern waren in allen Klimazonen und in allen aquatischen Systemen mit Ausnahme von Bächen durchweg höher als die Emissionen, die in den angrenzenden Böden in Hanglage gemessen wurden“, sagt Hans-Peter Grossart, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Weltweit emittierten trockene Binnengewässer laut den Hochrechnungen 2,7 Millionen Tonnen Methan pro Jahr.
Der Gewässertyp an sich und die Klimazone hätten keinen Einfluss auf die Menge an freigesetztem Methan. Der Gehalt an organischer Substanz im Gewässerboden in Wechselwirkung mit der lokalen Temperatur und die Feuchtigkeit seien die maßgeblichen Einflussfaktoren. Besonders viel Methan entstehe vor allem zu Beginn der Austrocknung und im Laufe des sogenannten First-Flush – also dem Moment, wenn auf die die trockengefallene Fläche wieder Wasser treffe, durch einen Starkregen zum Beispiel, erklärt der Wissenschaftler.
Mehr Methanfreisetzung durch die Folgen des Klimawandels
Prozesse im Klimawandel könnten die Emission von Methan weiter antreiben. Zum einen würden Gewässer wärmer. Außerdem sinke in Seen weltweit der Sauerstoffgehalt, so Hans-Peter Grossart, der auch an einer Nature-Studie beteiligt war, die den Sauerstoffschwund für 400 Seen verschiedener Klimazonen quantifiziert hat: Im Durchschnitt sei der Sauerstoffgehalt der untersuchten Gewässer in den letzten 40 Jahren um 5,5 Prozent an der Oberfläche und um 18,6 Prozent in der Tiefenzone gesunken.
„Auch Phytoplankton wird in Zukunft mehr Methan emittieren, einfach weil mehr davon in Gewässern vorhanden sein wird“, prognostiziert Mina Bizic. Denn zunehmende Nährstofflasten und Erwärmung von Gewässern würden schließlich als Hauptursachen für die jüngsten Zunahmen von Phytoplanktonblüten gelten. Darüber hinaus könne die Phytoplanktonblüte das Auftreten von sauerstofffreien, sogenannten toten Zonen, verstärken. Das wiederum kurble die klassische Methanbildung unter Sauerstoffarmut an.
„Die Methanfreisetzungen aus ausgetrockneten Gewässerabschnitten werden durch häufigere extreme Wetterereignisse – Austrocknung und Starkregen – ebenfalls zunehmen, denn genau während dieser Wechsel werden besonders viele Treibhausgase emittiert“, ergänzt Hans-Peter Grossart.
Was kann man tun? Saubere Gewässer und mehr Moore, bitte!
Um die Methanbildungen aus Gewässern trotz des Klimawandels in Schach zu halten, schlagen die Forschenden Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität vor. „Wenn weniger Nährstoffe in Gewässer eingetragen werden, wird auch weniger organisches Material gebildet. Außerdem entsteht weniger Phytoplankton“, so Mina Bizic.
Auch Maßnahmen, die das Wasser in der Landschaft halten und das Grundwasser stabilisieren, seien hilfreich, denn viele Seen speisten sich durch das Grundwasser. Austrocknende Gewässer hätten also oft nicht nur mit einer erhöhten Verdunstung, sondern auch mit sinkenden Grundwasserständen zu tun. Die Schaffung von Feuchtgebieten und Mooren sorge dafür, dass mehr Wasser in der Landschaft gespeichert werde und dadurch Wasserdefizite, aber auch Wasserüberschuss, ausgeglichen würden.
Moore hätten noch einen weiteren Vorteil: „Ein ökologisch intaktes Moor fungiert als langfristige Senke für Kohlenstoff. Trocknet es aus, werden hingegen verstärkt Treibhausgase freigesetzt. Ein trockengelegtes Moor setzt im Jahr durchschnittlich 15 Tonnen CO2 pro Hektar frei. In einem naturnahen Moor entsteht durchaus Methan. Die Methanfreisetzung aus einem entwässerten Mooren fällt in der Regel jedoch höher aus – auch durch die hohe Methanfreisetzung aus den zahlreichen Entwässerungsgräben. Moorschutz ist also immer auch Klimaschutz“, erläutert Dominik Zak, Gastwissenschaftler am IGB und Moorforscher an der Universität Aarhus in Dänemark.
->Quelle: IGB-Berlin.de/news/gewaesser-setzen-methan-frei-auch-wenn-sie-austrocknen – Nadja Neumann