Bayern und Hessen wollen Solarpflicht einführen

Gewerbe und Industrie, landeseigene Bauten und Parkplätze

Insgesamt 1.300 Dächer von staatlicher Gebäude Bayerns sind schon als geeignet identifiziert worden und sollen laut Kabinettsbeschluss ab 2023 mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden; 10H wird gelockert. In Hessen sollen auf einem Prozent der Landesfläche Solaranlagen Strom erzeugen, landeseigene Gebäude müssen künftig mit Photovoltaik ausgestattet werden, und wer Landesförderung für Gebäude bekommt und bei der Wärmedämmung von Gebäuden über gesetzliche Mindeststandards hinausgeht, wird mit besonders hohen Förderquoten belohnt. Auch für neue Parkplätze mit mehr als 50 Stellplätzen sollen Photovoltaikanlagen vorgeschrieben werden – so am 28.04.2022 beschlossen) – berichtet Sandra Enkhardt am 12. und 14.07.2022 auf pv magazine.

PV-Dächer in Oberbayern – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Im Zuge der Novellierung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes wird die Bayerische Bauordnung geändert, um die Installation von Solaranlagen auf Dächern zu forcieren. Für neu errichtete Gewerbe- und Industriegebäude ist eine Solardachpflicht vorgesehen, wenn die vollständigen Bauvorlagen ab dem 01.01.2023 eingehen. Für sonstige Nicht-Wohngebäude tritt an die Stelle des 01.01.2023 der 1. Juli 2023. Für neu errichtete Wohngebäude ist eine Soll-Bestimmung im Sinn einer Empfehlung vorgesehen. Der Neuerrichtung des Gebäudes steht jeweils gleich, wenn die Dachhaut vollständig erneuert wird.
Die Möglichkeiten von Gemeinden, Landkreisen und Bezirken, Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien zu errichten und zu betrieben, werden gestärkt: Diese werden künftig nicht mehr auf den eigenen oder den örtlichen Bedarf beschränkt, sondern können Erneuerbare Energien künftig auch über den eigenen kommunalen Bedarf hinaus auslegen. Flankierend werden die Gemeinden, Landkreise und Bezirke auf ihrem Weg zur Klimaneutralität verstärkt durch die Staatsregierung unterstützt, etwa durch geeignete Förderprogramme und Beratungsangebote.
Es wird eine Bestimmung in das Bayerische Klimaschutzgesetz aufgenommen, nach der die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien sowie der dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Ziel ist, die erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren zu erleichtern, in dem die Bedeutung des Klimaschutzes im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidungen gestärkt wird. (bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-28-juni-2022)

Hessen möchte zusätzliche Impulse für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz von Gebäuden setzen: Auf einem Prozent der Landesfläche sollen Solaranlagen Strom erzeugen, landeseigene Gebäude müssen künftig mit Photovoltaik ausgestattet werden, und wer Landesförderung für Gebäude bekommt und bei der Wärmedämmung von Gebäuden über gesetzliche Mindeststandards hinausgeht, wird mit besonders hohen Förderquoten belohnt. Auch für neue Parkplätze mit mehr als 50 Stellplätzen sollen Photovoltaikanlagen vorgeschrieben werden. (08.04.2022 – hessen.de/photovoltaikpflicht-fuer-parkplaetze-und-landesgebaeude)

Bayern: Auch denkmalgeschützte Bauten – 10H wird aufgeweicht

Vor der Bundestagswahl im vergangenen Herbst kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, sich für in Berlin eine bundesweite Solarpflicht stark zu machen. Dies musste er jedoch gar nicht, da zum einen die Union gar nicht an der neuen Bundesregierung beteiligt ist und zum anderen die Ampel-Koalition das selbst in ihren Koalitionsvertrag schrieb. Im Freistaat selbst war Söder im Sommer 2021 mit einem Vorstoß für die Einführung einer Photovoltaik-Pflicht am innerkoalitionären Widerstand gescheitert.

Nun – ein Jahr später – die neue Bundesregierung hat gerade ihr EEG-Osterpaket mit einigen Verbesserungen für die Photovoltaik auf den Weg gebracht, das jedoch die Einführung einer Photovoltaik-Pflicht für gewerbliche Neubauten noch nicht umfasst – hat das bayerische Kabinett kurz zuvor ebenfalls einige Beschlüsse verabschiedet, welche die Photovoltaik auf den Dächern des Freistaates weiter voranbringen sollen. Im Zuge der Novellierung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes soll die Bauordnung geändert werden. Das soll ab 01.01.2023 die Einführung einer Solardachpflicht für neue Gewerbe- und Industriegebäude ermöglichen. Für sonstige Nicht-Wohngebäude ist sie ab dem 01.07.2023 geplant. Bei neu errichteten Wohngebäuden ist eine „Soll-Bestimmung im Sinn einer Empfehlung vorgesehen“, heißt es im Bericht aus der Kabinettssitzung weiter. Ferner wird darauf verwiesen, dass eine vollständige Erneuerung der Dachhaut mit der Neuerrichtung des Gebäudes gleichzusetzen ist. Die berüchtigte 10H-Regel bleibt zwar – aber mit deutlichen Ausnahmen. In Vorranggebieten soll 10H künftig nicht mehr gelten.

Doch nicht nur Gewerbe, Industrie und Privathaushalte will die bayerische Landesregierung in die (Solar-)Pflicht nehmen. Sie will auch selber das Potenzial der staatlichen Dächer besser ausschöpfen. So seien insgesamt 1.300 Dachflächen vom zuständigen Bauministerium als geeignet identifiziert worden, die ab diesem Jahr mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden sollen. Zudem würden Ausschreibungspakete vorbereitet, um die geeigneten Dachflächen zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen an Investoren zu verpachten.

Bereits kurz vor dem Kabinettsbeschluss zeichnete sich ab, dass in Bayern künftig auch denkmalgeschützte Gebäude für die Photovoltaik-Erzeugung genutzt werden sollen. Auch diese Option nickte das bayerische Kabinett ab. Für Photovoltaik-Anlagen sei dabei ein Stufenmodell geplant, je nach Einsehbarkeit der Flächen. „Bei nicht einsehbaren Flächen sollen demnach Photovoltaik-Anlagen regelmäßig erlaubnisfähig sein. Bei einsehbaren Flächen sollen Photovoltaik-Anlagen regelmäßig erlaubnisfähig sein, wenn sie mit dem Erscheinungsbild des Denkmals beziehungsweise Ensembles vereinbar und bei Einzeldenkmälern ohne nachteilige Auswirkungen auf dessen Substanz sind“, heißt es im Bericht des Kabinetts. Zusätzliche Kosten für denkmalverträgliche Lösungen sollen zudem über die Denkmalförderung anerkannt werden.

Wie bereits im EEG-Osterpaket vorgesehen, will Bayern zudem im neuen Klimaschutzgesetz festschreiben, dass die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbaren-Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit können Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Jörg Ebel, Präsident der deutschen Solarwirtschaft und Sprecher des BSW-Solar in Bayern begrüßt die Beschlüsse aus München. „Da ist sehr viel Gutes dabei. Vor allem die neuen Regeln zum Denkmalschutz und das überragende öffentliche Interesse für Solarparks sind sehr gut“, erklärte er pv magazine. „Die Umsetzung der Solarpflicht werden wir gerne mit unserer Erfahrung begleiten. Wir wünschen uns ergänzend eine Solarpflicht für alle neuen Parkplätze.“ Ebel appellierte zudem an die Städte und Landkreise: Alle öffentlichen Gebäude sollten so schnell wie möglich mit Photovoltaik, Solarthermie und Speicher ausgestattet werden.

Hessen will PV-Pflicht für landeseigene Gebäude und große Parkplätze einführen

Das Land will in den Änderungen zum hessischen Energiegesetz festschreiben, dass für den schnellen Ausbau von Photovoltaik und Windkraft die Erneuerbaren im öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Vor allem soll eine PV-Pflicht für öffentliche Gebäude und neue Parkplätze eingeführt werden. Ab wann die Verpflichtung erfolgen soll, ist in dem Gesetzentwurf, den das hessische Wirtschaftsministerium einbrachte, noch offen.

Für landeseigene Gebäude soll die PV-Pflicht greifen, wenn die Nutzungsfläche mehr als 50 Quadratmeter beträgt. Das gilt für Bestands- und Neubauten, wie aus dem Entwurf hervorgeht. In diesem Fall müssen die Dachflächen anteilig mit PV-Anlagen belegt werden, wobei die Erfüllung der Pflicht auch durch Dritte erfolgen kann. Zudem ist geplant, auch bei neuen geeigneten landeseigenen Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen die Installation einer PV-Anlage vorzuschreiben. Auf nicht-landeseigenen Parkplätzen soll die Verpflichtung ab 50 Stellplätzen greifen. In allen Fällen sind jedoch auch Ausnahmen von der PV-Pflicht vorgesehen, etwa wenn die Umsetzung technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Wenn bei nicht-landeseigenen Parkplätzen die PV-Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird, gilt dies als Ordnungswidrigkeit. Im Entwurf sind Geldbußen bis zu 25.000 Euro vorgesehen. Für die landeseigenen Gebäude und Parkplätze gibt es einen solchen Passus nicht.

Daneben soll im novellierten Energiegesetz auch festgeschrieben werden, dass ein Prozent der Landesfläche für die Photovoltaik genutzt werden soll. Zum Erreichen des Ziels würden sowohl Dach- als auch Freiflächenanlagen zählen. Für die Windkraft sollen zwei Prozent der Landesfläche freigegeben werden. Insgesamt soll damit der Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt werden, um die Klimaziele des Bundes zu unterstützen und bis 2045 in Hessen die Klimaneutralität zu erreichen.

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