Carbon Contracts for Difference als Instrument zur Stärkung der Klimakooperation zwischen Industrie- und Schwellenländern

DIW: Nord-Süd-Klima-Kooperation hat Lücken

„Industrie- und Schwellenländer müssen zusammenarbeiten, um den emissionsintensiven Industriesektor zu dekarbonisieren und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Deutschland und die anderen G7-Staaten haben sich zwar verpflichtet, die Schwellenländer bei der Bekämpfung des Klimawandels über die internationale Klimafinanzierung zu unterstützen, es bleibt jedoch abzuwarten, wie diese Unterstützung erfolgreich umgesetzt werden kann“, schreiben Heiner von Lüpke, Catherine Marchewitz, Karsten Neuhoff, Charlotte Aebischer und Mats Kröger im DIW-Wochenbericht 38.

1,5-Grad-Grenze – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Derzeit würden viele Kooperationsinitiativen als Grundlage für die Klimafinanzierung diskutiert – etwa Klimaclubs, Partnerschaften und Allianzen. Allerdings seien die Anreize zur Zusammenarbeit für Industrie- und Schwellenländer nicht die gleichen. Ab 2022 drehe sich der Diskurs im Klimaclub um Kohlenstoffpreise, einen Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzen, Anreize für die Clubmitgliedschaft und Sanktionen bei Nichteinhaltung. Finanziell-technische Unterstützung für Schwellenländer sei bisher nicht ausreichend diskutiert worden. Auf der Grundlage von Interviews mit Vertretern des Stahlsektors, internationaler Organisationen, des Finanzsektors und von Think Tanks sowohl aus der EU als auch aus Schwellen- und Entwicklungsländern analysiert das DIW-Papier die bestehenden Lücken in der Zusammenarbeit. Darüber hinaus wird erörtert, wie internationale Carbon Contracts for Difference (CCfDs) die Dekarbonisierung der Stahlindustrie unterstützen können.

Um das Ziel des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, zu erreichen und die globale Dekarbonisierung voranzutreiben, unterstütze Deutschland zwar Entwicklungs- und Schwellenländer finanziell bei der Abkehr von Kohle, Öl und Gas – aber obwohl die Bundesregierung die Klimafinanzierung um 126 Millionen Euro anheben wolle, sei der für die Dekarbonisierung vorgesehene Betrag noch zu gering, vor allem für den Industriesektor, für den nur sieben Milliarden USD vorgesehen seien. Für 2022 hätten die G7 verschiedene Formen der Unterstützung angekündigt,

  • wie z.B. die Industrial Deep Decarbonisation Initiative (IDDI), welche die Nachfrage nach kohlenstoffarmen Produkten ankurbeln solle,
  • den Berliner Fahrplan der G7 für Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft zur Ausweitung der Kreislaufwirtschaft und
  • den Vorschlag, Klimaclubs einzurichten, „um die wirksame Umsetzung des Pariser Abkommens durch beschleunigte Klimaschutzmaßnahmen und ehrgeizigere Ziele zu unterstützen, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Industriesektor. „

Der DIW-Text dazu: „Die zahlreichen Initiativen sind jedoch noch sehr unspezifisch, wenn es darum geht, wie Industrie- und Schwellenländer bei globalen Klimaschutzmaßnahmen zusammenarbeiten können und welche Instrumente am hilfreichsten wären. Am Beispiel des Stahlsektors sowohl in Schwellenländern als auch in Europa untersucht dieser Wochenbericht das Zusammenspiel politischer Instrumente und analysiert den wichtigen Beitrag, den Carbon Contracts for Difference (CCfDs) leisten können.“

Schwellenländer wichtig für Erreichen globaler Klimaziele

Der Stahlsektor sei ein Paradebeispiel für die komplexe Klimakooperation zwischen Industrie- und Schwellenländern. 2020 seien weltweit 1,19 Milliarden Tonnen Stahl produziert worden. Angesichts des wachsenden Infrastrukturbedarfs in Entwicklungs- und Schwellenländern werde prognostiziert, dass die Gesamtnachfrage bis 2050 weiter steige.

Die Befriedigung dieses Nachfragewachstums sei jedoch mit den vereinbarten Pariser Klimazielen nicht vereinbar. Tatsächlich sei der Stahlsektor aktuell für rund acht Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Während eine beträchtliche Anzahl von Ländern inzwischen ihre Absicht erklärt habe, den Stahlsektor zu dekarbonisieren, variiere die tatsächliche Umsetzung stark zwischen Industrieländern – vor allem der EU – und Schwellenländern.

So befänden sich beispielsweise mehr als 60 Prozent der derzeit laufenden Projekte zur kohlenstoffarmen Stahlproduktion in der EU. Der Großteil der zukünftigen Nachfrage werde jedoch aus Ländern und Regionen außerhalb der EU kommen. Diese Diskrepanz sei auf den unzureichenden Zugang zu Finanzmitteln und Technologien sowie auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Dekarbonisierung von Industriesektoren in Schwellen- und Entwicklungsländern bisher nicht sehr weit oben auf der politischen Agenda stehe.

Dazu müssten die Industrieländer die Schwellen- und Entwicklungsländer finanziell unterstützen. Insgesamt klaffe eine große Lücke zwischen der tatsächlichen Klimafinanzierung und dem Bedarf. Dazu komme, dass der Stahlsektor wie kaum ein anderer in den internationalen Handel eingebunden sei. Daher müssten bei der Gestaltung des regulatorischen Rahmens für die einzelnen Länder auch die Auswirkungen auf andere Regionen berücksichtigt werden.

Die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den einzelnen Ländern erschwerten zwar einen einheitlichen Ansatz, böten aber auch Möglichkeiten, unterschiedliche natürliche Ressourcen zu nutzen. So sei beispielsweise vorgeschlagen worden, Südafrika solle sein heimisches Wind- und Solarpotenzial zur Herstellung von kohlenstoffneutralem Eisen nutzen, das dann zur Produktion von grünem Stahl nach Europa exportiert würde. Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen sollte berücksichtigt werden, ob eine Verlagerung der Primärproduktion für Grundstoffe – und für welche – wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch wünschenswert sei.

->Quelle: diw.de/carbon_contracts_for_difference_as_an_instrument_for_strengt___te_cooperation_between_industrialized_and_emerging_economies