Volksbegehren gestartet
Eine 2021 gegründete Initiative namens Klimaneustart Berlin will der Hauptadtadt per Volksbegehren bereits bis 2030 statt 2045 Klimaneutralität verordnen. Die Initiatoren nennen „Verpflichtungen statt Ziele“ und veröffentlichten bereits Umformulierungen des einschlägigen Gesetzestextes, „damit aus unverbindlichen Zielen Verpflichtungen werden: Dadurch sollen Lücken für politisches Nicht-Handeln geschlossen sowie Sanktionsmechanismen bei Pflichtverstößen eingeführt werden“.
Auf gutem Weg: Kraftwerksrückbau in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify
Dabei geht es um die Berücksichtigung aller Treibhausgase, nicht nur CO2 und um einen sozial gerechten Ausgleich der durch die CO2-Bepreisung entshenden Härten: Die Verschärfung der Klimaverpflichtungen wird mit einem sozial gerechten Ausgleich einhergehen. Falls keine weiteren Reduktionen möglich sind, müssen die bis zur Klimaneutralität verbleibenden Emissionen über seriöse und nachhaltige Mechanismen kompensiert werden.
„Bis zum 14.11.2022 müssen insgesamt 240.000 Unterschriften gesammelt werden (nach Abzug aller ungültigen Eintragungen müssen rund 175.000 gültige Unterschriften übrig sein).“ Dann werden alle Berliner zum Volksentscheid aufgerufen.
Klimaneustart Berlin fordert „mit dem Volksentscheid bewusst keine Maßnahmen, sondern das Vorziehen des Zieljahres für die Klimaneutralität. Wie Berlin seine Emissionen um 95 Prozent reduziert, muss anschließend die Stadtgesellschaft aushandeln.“ Auf der Internetseite der Initiative wird der aktuelle Gesetzestext den Forderungen gegenübergestellt. Klimaneustart Berlin will das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) vom 27.08.2021 ändern:
So fordert die Initiative „die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2025 um mindestens 70 Prozent und bis zum Jahr 2030 um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 zu verringern. Dies gilt für alle sonstigen Treibhausgasemissionen entsprechend.“
Der Senat von Berlinsei soll unter Berücksichtigung öffentlicher Belange, einschließlich der Nachhaltigkeit und des Ressourcenschutzes verpflichtet werden, seine Handlungsmöglichkeiten zu nutzen, um die Verpflichtungen zu erfüllen. Folgeregelungen dieses Gesetzes dürften nicht zu Bruttowarmmietzinserhöhungen führen. Andere Bestimmungen, insbesondere bundesgesetzliche, bleiben hiervon unberührt: „Soweit Maßnahmen oder Anordnungen nach diesem Gesetz zu einer Erhöhung der Nettowarmmiete für Wohnraum führen, ist der Erhöhungsbetrag dem Zahlungspflichtigen als monatlicher Zuschuss aus dem Landeshaushalt zu erstatten. Diese Verpflichtung endet im Jahr 2050.“
Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm
Der Senat von Berlin erstellt unter Einbindung der Öffentlichkeit ein Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm oder ein sonstiges Gesamtprogramm, welches Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Ziele nach § 3 Absatz 1 beschreibt. Das Programm nach Absatz 1 ist erstmalig drei Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vom Senat von Berlin zu beschließen und jeweils innerhalb eines Jahres nach Konstituierung des Abgeordnetenhauses auf Basis der Berichte nach § 5 weiterzuentwickeln. Es soll insbesondere folgende Bestandteile enthalten:
- Sektorverpflichtungen zur Reduktion der Kohlendioxidemissionen und aller sonstigen Treibhausgasemissionen insbesondere in den Sektoren Energieversorgung, Gebäude, Wirtschaft und Verkehr
- Strategien und Maßnahmen
a) zur Einsparung von Energie, Erhöhung der Energieeffizienz und des Anteils der erneuerbaren Energien am Energiemix des Landes Berlin sowie sonstige Strategien und Maßnahmen zur Erfüllung der Klimaschutzverpflichtungen, einschließlich der Darstellung der mit ihnen zu erreichenden Reduktion von Kohlendioxidemissionen und aller sonstigen Treibhausgasemissionen,
b) zur Sicherung und zum Ausbau der Kohlendioxidsenken, c) zur Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels, d) zur Erreichung der Ziele nach § 3 Absatz 1 in sonstigen Handlungsbereichen, in denen sich die Reduktion der Kohlendioxidemissionen nicht bilanzieren lässt,
- Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und Finanzierung der dargestellten Strategien und Maßnahmen,
- einen Zeitplan hinsichtlich der stufenweisen Reduktion der Kohlendioxidemissionen anhand der in § 3 Absatz 1 genannten Ziele und gegebenenfalls weiterer Zwischenziele,
- die Festlegung der Gesamtmenge an Kohlendioxidemissionen, die im Zeitraum der fünf auf die Beschlussfassung des Programms folgenden Kalenderjahre höchstens emittiert werden soll.
Das Programm nach Absatz 1 ist dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorzulegen. Satz 1 gilt auch bei wesentlichen Änderungen des Programms sowie für die Weiterentwicklung des Programms auf Basis der Berichte nach § 5 entsprechend.
Berliner Energiestandards für öffentliche Gebäude – Beim Neubau öffentlicher Gebäude ist mindestens der KfW-Effizienzhaus 40-Standard einzuhalten. Eine noch energiesparendere Bauweise ist anzustreben. Bei größeren Renovierungen öffentlicher Gebäude ist der KfW-Effizienzhaus 55-Standard einzuhalten, soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Von den Anforderungen der Absätze 1 und 2 kann abgewichen werden, soweit die für ihre Einhaltung erforderlichen Mehraufwendungen die Summe der durch die Einhaltung über die Nutzungsdauer des Gebäudes eingesparten Energiekosten und der vermiedenen Klimaschadenskosten gemäß § 29 übersteigen. Bei der Planung des Neubaus öffentlicher Gebäude sollen die Emissionen von Kohlendioxid und sonstigen Treibhausgasen, die mit der Herstellung der eingesetzten Baustoffe verbunden sind, ermittelt und die daraus resultierenden Klimaschadenskosten ausgewiesen werden. § 29 Satz 3 gilt entsprechend. Für alle öffentlichen Gebäude, Schulen und Liegenschaften darf ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien bezogen werden, der § 10 Berliner Energiestandards für öffentliche Gebäude höchste Klimaschutz-Anforderungen an die Stromqualität erfüllt.
CO2-freie öffentliche Fahrzeugflotten – Das Land Berlin strebt an, die von der öffentlichen Hand genutzten Kraftfahrzeugflotten bis zum Ende des Jahres 2030 vollständig auf im Betrieb CO2-freie Fahrzeuge umzustellen. Zu diesem Zweck stellen alle Behörden der Berliner Verwaltung bis zum 31. Dezember 2022 Pläne zur schrittweisen Umstellung ihrer Kraftfahrzeugflotten einschließlich gemieteter und geleaster Fahrzeuge auf. Die Kosten der Umstellung sind in der Haushalts- und Finanzplanung abzubilden. Von der Pflicht zur Umstellung sind Fahrzeuge mit besonderen dienstlichen Nutzungsanforderungen ausgenommen, soweit am Markt keine im Betrieb CO2-freien Fahrzeuge verfügbar sind, die diesen Anforderungen genügen. Satz 1 gilt insbesondere für Kranken-, Rettungs-, Polizeiund Feuerwehrfahrzeuge. Von der Umstellung kann im Einzelfall abgesehen werden, soweit die Mehrkosten der Anschaffung eines im Betrieb CO2-freien Fahrzeugs die Summe der über die Nutzungsdauer des Fahrzeugs eingesparten Betriebskosten und der vermiedenen Klimaschadenskosten gemäß § 29 übersteigen. Von den nach Absatz 1 Satz 2 aufgestellten Umstellungsplänen kann abgewichen werden, solange und soweit erforderliche Ladeinfrastruktur nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Die Umstellungspläne nach Absatz 1 Satz 2 sind spätestens bis zum 31. Dezember 2026 fortzuschreiben. Dabei ist insbesondere zu überprüfen, inwieweit die Ausnahmen nach den Absätzen 2 und 3 noch vorliegen.
Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ist im gesamten Stadtgebiet zu fördern. Die Ladeinfrastruktur ist mit folgenden Zielen auszubauen:
- Der Aufbau von Ladeinfrastruktur erfolgt unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen Anwendungsfälle und in einer raumübergreifenden Betrachtung bedarfsgerecht im gesamten Stadtgebiet.
- Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur wird so fortgesetzt, dass er den Zuwachs an Elektrofahrzeugen in Berlin beschleunigt befördern kann. Ziel ist dabei ein Verhältnis von insgesamt mindestens einem Ladepunkt für je zehn zugelassene Fahrzeuge, wie es die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe empfiehlt. Bis zum Ablauf des Jahres 2025 müssen insgesamt 30 Prozent der Ladepunkte im Sinne des Satzes 2 betriebsbereit errichtet sein.
- Maßgeblich beim Ausbau sind die Ziele des Mobilitätsgesetzes und des Stadtentwicklungsplans Mobilität und Verkehr zu beachten.
- Der Aufbau im öffentlichen Raum erfolgt im Auftrag des Landes Berlin nach den Maßgaben einer einheitlichen, diskriminierungsfrei zugänglichen Ladeinfrastruktur und berücksichtigt dabei die Entwicklung des Ausbaus von Ladeeinrichtungen im privaten Raum.
Klimaschutzrat
Der Senat von Berlin beruft einen Klimaschutzrat. Seine Mitglieder werden auf Vorschlag der für Klimaschutz zuständigen Senatsverwaltung spätestens sechs Monate nach Konstituierung des Abgeordnetenhauses für die Dauer einer Legislaturperiode benannt. Der Klimaschutzrat ist unabhängig und berät den Senat und das Abgeordnetenhaus zu Fragen der Klimaschutz- und Energiepolitik. Er achtet auf die Einhaltung der Klimaschutzziele und begleitet die Fortschreibung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms sowie die Entwicklung von Sofortprogrammen nach § 6. Zu diesem Zweck kann er mit Klimaschutz, Energiewende und Klimaanpassung verbundene Themen aufgreifen, eigene Vorschläge vorlegen sowie wissenschaftliche Expertisen und Stellungnahmen veröffentlichen. Das Land trägt die Kosten des Klimaschutzrates im Rahmen der im Landeshaushalt verfügbaren Mittel.
->Quellen: