Schweizer Parlament beschließt Solarpflicht für Neubauten und Erleichterungen für alpine Photovoltaik-Kraftwerke – Baden-Württemberg will Photovoltaik-Pflicht auf landeseigene Gebäude ausweiten
Am vergangenen Donnerstag beschloss der Ständerat des Schweizer Parlaments mit der Abstimmung zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, dass auf den Dächern oder an den Fassaden aller Bundesgebäude eine Solaranlage zu installieren ist, auch um eine Vorbildfunktion zu gewährleisten. Die Landesregierung Baden-Württemberg will die erste werden, die rechtsverbindliche Sektorenziele einsetzt. Außerdem soll die bereits bestehende Photovoltaik-Pflicht noch ausgedehnt werden. Zwei Texte zum Thema auf pv magazine.
Erst wenige Tage zuvor hatte sich der Nationalrat darauf geeinigt, dass nur bei Neubauten mit einer Grundfläche von mehr als 300 Quadratmetern auf Dächern oder an den Fassaden eine Solaranlage angebracht werden muss, und dies lediglich in Kantonen, die nicht bereits eine Eigenstrompflicht haben. Das Energiegesetz enthält neu verbindliche Ausbauziele für die Jahre 2035 und 2050: Diese betragen – exklusive Wasserkraft – 35 Terawattstunden bis 2035 und 45 Terawattstunden bis 2050. Zudem wird der Bundesrat insgesamt und für einzelne Technologien alle fünf Jahre Zwischenziele festlegen und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um deren Erreichen zu gewährleisten.
Der Ständerat beschloss weiterhin, dass der Zubau insbesondere auch von Speicherwasserkraftwerken und alpinen Photovoltaik-Anlagen für die Schweiz von nationalem Interesse sei, falls sie einen zentralen Beitrag zum Erreichen der Ausbauziele sowie zur Stromproduktion im Winterhalbjahr leisten. Hierbei ginge ein nationales Interesse entgegenstehenden Interessen von kantonaler, regionaler und lokaler Bedeutung vor. In der Debatte über das Bundesgesetz zu dringlichen Maßnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter stimmte das Schweizer Parlament am Dienstag für eine einfachere Bewilligung von alpinen Photovoltaik-Großanlagen. Diese können einen substanziellen Beitrag zur Schweizer Stromversorgung im Winterhalbjahr leisten. Photovoltaik-Freiflächenanlagen außerhalb der Bauzonen und landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einer installierten Leistung von mindestens 1 Megawatt können nun einfacher das Kriterium der Standortgebundenheit erfüllen. Die Errichtung von freistehenden Photovoltaik-Anlagen außerhalb der Bauzone war bisher nur schwer möglich, da nachgewiesen werden musste, dass kein alternativer Standort zur Verfügung steht. Diese Neuregelung soll bereits zum 1. Oktober greifen.
Zudem befindet sich aktuell eine Vorlage in der Vernehmlassung, welche die Bewilligungsverfahren für große Wind- und Wasserkraftanlagen bündeln und somit deren Dauer reduzieren soll. Dies käme auch 15 Projekten zu Gute, auf die sich die Vertreter der Wasserkraftbranche und Umweltorganisationen bereits verständigt haben.
Ursprünglich hatte der Schweizer Bundesrat am 18. Juni 2021 das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien verabschiedet. Es dient dazu, einheimische erneuerbare Energien zu stärken, damit für Notsituationen eine Reserve bereitsteht. Die hinter den nun beschlossenen dringlichen Maßnahmen stehenden Risikoszenarien und mögliche Maßnahmen werden vom BFE im neuen Bericht „Risikovorsorge der Schweiz für Strom” genauer erläutert. (Hannah Bergler)
PV-Pflicht in BaWü ausweiten
Baden-Württemberg novelliert sein Klimaschutzgesetz ein weiteres Mal. Die Landesregierung Baden-Württemberg will die erste werden, die rechtsverbindliche Sektorenziele einsetzt. Außerdem soll die bereits bestehende Photovoltaik-Pflicht noch ausgedehnt werden. „Wir nehmen die Herausforderung hier bei uns im Land an und wollen den Klimaschutz an breiter Front stärken. Uns ist wichtig, dass wir mit der Novellierung noch mehr wirksame Maßnahmen und Vorgaben in unserem Landesrecht verankern“, sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Klimaschutzministerin Thekla Walker betonte, dass Baden-Württemberg schon vor Novellierung das „modernste und umfassendste Klimaschutzgesetz in ganz Deutschland“ habe. In diesem Zusammenhang erwähnte Walker die kommunale Wärmeplanung und die Photovoltaikpflicht, als Erfolge der Landesregierung. Im aktuellen Entwurf der Neuauflage des Gesetzes kommen noch rechtlich verbindliche Sektorenziele für Industrie, Gebäude, Landwirtschaft oder Verkehr hinzu. „Das hat kein anderes Bundesland so im Klimaschutzgesetz stehen“, sagte die Umweltministerin.
Die bereits bestehende Photovoltaik-Pflicht wird ausgeweitet. In der Novelle sind jetzt auch landeseigene Gebäude verpflichtet. Zuvor galt die Pflicht nur für alle Neubauten und für Gebäude bei grundlegender Dachsanierung.
Baden-Württembergs Regierung schlägt vor den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber den Referenz Jahr 1990 einzusparen und bis zum Jahr 2040 komplett klimaneutral zu werden. In der bisherigen Fassung sollten bis zum Jahr 2050 nur 90 Prozent der Klimagase eingespart werden.
Um die Einsparungen zu erreichen, sieht der Entwurf zum Beispiel Änderungen in der Landesbauordnung vor, um den Ausbau von erneuerbaren Energie zu erleichtern. In Bezug auf denkmalgeschützte Gebäude heißt es in dem Änderungsvorschlag zur Landesbauordnung: „Bis zur Erreichung des Ziels der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 (…) stehen der Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von Photovoltaik-Anlagen denkmalfachliche Belange nicht entgegen, (…)“.
Im Gebäudesektor gibt die sieht die Regierung vor die Gemeindeordnung so zu verändern, dass Kommunen Möglichkeit haben Anforderungen an Wärme- und Energiewende festzusetzen. Bei der Nutzungspflicht für erneuerbare Energien im Wärmesektor setzt die Landesregierung die Mindestanforderung an Wärmepumpen zur Erfüllung der Pflicht herab. Vorher galt, dass Wärmepumpen mindestens eine Jahresarbeitszahl von 3,5 aufweisen mussten, um dem Klimaschutzgesetz gerecht zu werden. Zukünftig soll auch eine Jahresarbeitszahl von 2,5 genügen.
Darüber hinaus strebt die Landesregierung in ihrem Entwurf die Einführung eines CO2-Schattenpreis in der Landesverwaltung in Höhe von 201 Euro an. Die Berechnungen dazu kommen vom Umweltbundesamt. Ein Schattenpreis verdeutlicht in betriebs- und volkswirtschaftlichen Betrachtungen die Folgekosten von CO2-Emissionen, die durch den Einsatz bestimmter Baumaterialien oder der Gebäudeenergieversorgung entstehen. Bei landeseigenen Bauvorhaben will Baden-Württemberg diesen Schattenpreis mit einrechnen und Baumaßnahmen so entsprechend anpassen. Bei Förderprogrammen des Landes soll es einen Klimavorbehalt geben. Somit soll vermieden werden, dass klimaschädliche Maßnahmen durch die öffentliche Hand gefördert werden können.
Interessierte und Verbände können sich auf der Seite Landesregierung Baden-Württemberg noch bis zum 1. November einbringen. Nach Abschluss der Beteiligungsphase wird das Klimaschutzministerium, geführt von Thekla Walker, die Beteiligungen beantworten. Nach erneuter Beratung im Ministerrat erfolgt der Beschluss der Revision und die Vorlage des Gesetzes an den Landtag – das soll noch innerhalb dieses Jahres erfolgen.
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