Mechanisches Recycling klimafreundlicher als chemisches

Kreislaufwirtschaft: Vergleich von Pyrolyse von Kunststoffverpackungsabfällen, Wiederverwendung und mechanischem Recycling

Im Auftrag des Öko-Instituts vergleicht die am 13.10.2022 veröffentlichte Untersuchung „Climate impact of pyrolysis of waste plastic packaging in comparison with reuse and mechanical recycling“ von Zero Waste Europe und der Rethink Plastic-Allianz sieben Szenarien für die Zukunft von Kunststoffverpackungen in der EU aus sich an den prognostizierten Mengen an recycelten Kunststoffen orientierender Klimaperspektive. Gleichzeitig hat das britische Beratungsunternehmen Eunomia Für die EU-Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWD) die Mengen für den Rezyklatanteil in Verpackungen berechnet, die aus dem chemischen oder dem mechanischen Recycling stammen müssen.

Mechanisches Recycling muss rechtlich der Pyrolyse vorgezogen werden

Plastikmüll – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Das chemische Recycling von Kunststoffabfällen (im Fall Pyrolyse) verursacht deutlich mehr Treibhausgase (THG) und Materialverlust als das mechanische, werkstoffliche Recycling. Mehr mechanisches Recycling zusammen mit einem Fünftel weniger Verpackungsaufkommen würde die THG-Emissionen fast halbieren (45 Prozent) gegenüber dem chemischen Recycling mit Schwerpunkt Pyrolyse. Das werkstoffliche Recycling muss also, wo immer möglich, weiter gefördert und rechtlich der Pyrolyse vorgezogen werden.

Reste aus mechanischem Recycling mit Pyrolyse bearbeiten<

Eine Chance liegt in der Kombination: So werden die Aufbereitungsreste des werkstofflichen Recyclings mit Hilfe der Pyrolyse und anschließender Prozesse in Rezyklat umgewandelt. Die Verwendung von Rezyklaten in Kunststoffprodukten vermeidet die Produktion von Primärkunststoffen aus Erdöl, was zusätzliche THG-Emissionen vermeidet. Die THG-Einsparung kann noch um 61 Prozent gesteigert werden, wenn man ein Drittel des chemischen Recyclings zum werkstofflichen verlagert.

Die THG-Emissionen der Pyrolyse sind, basierend auf den für diese Studie herangezogenen Zahlen und Annahmen, neunmal höher als die des werkstofflichen Recyclings von Kunststoffabfällen. Ein weiteres Problem des Pyrolyseprozesses ist, dass mehr als die Hälfte des Kunststoffs verloren geht und durch neuen Primärkunststoff ersetzt werden muss. Dadurch wird mögliche Kreislaufwirtschaftsweise behindert.

Zusammenfassung der Studie

Die vorliegende Untersuchung vergleicht sieben Szenarien für die Zukunft von Kunststoffverpackungen in der Europäischen Union (EU) aus der Klimaperspektive, die sich an den prognostizierten Mengen an recyceltem Kunststoff orientieren, die bis 2030 benötigt werden.

Im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWD) beauftragte die Europäische Kommission (EC) das britische Beratungsunternehmen Eunomia, die mögliche Einführung von Zielvorgaben für den Recyclinganteil von Kunststoffverpackungen bis 2030 zu prüfen. Auf der Grundlage der geschätzten künftigen Zielvorgaben für den Recyclinganteil von Kunststoffverpackungen ermittelte Eunomia die Rezyklatmengen, die als Output aus dem chemischen oder dem mechanischen Recycling stammen müssen. Chemisches Recycling bedeutet in diesem Fall thermo-chemisches (d.h. Pyrolyse) Recycling.

Für die Zielvorgaben für den Rezyklatgehalt von Kunststoffen wurden zwei Szenarien vorgeschlagen: ein mittleres (30 %) und ein ehrgeiziges (40 %). Bei den mittleren und ehrgeizigen Szenarien für den Recyclinganteil wurden die erforderlichen Recyclingkapazitäten geschätzt und als Materialausstoß angegeben. In diesem Zusammenhang betrachtete Eunomia das chemische Recycling als einzige Lösung für die Herstellung von Rezyklaten zur Verwendung in berührungsempfindlichen Verpackungen. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, dies durch mechanisches Recycling zu erreichen.

In dieser Untersuchung berechnen die Autoren die Auswirkungen des von Eunomia vorgeschlagenen Szenarios in Bezug auf Treibhausgasemissionen und Kohlenstoffverluste und vergleichen es mit anderen möglichen Szenarien. Diese anderen Szenarien umfassen zwei Aspekte: die Verringerung der Gesamtmenge an Kunststoffverpackungsabfällen und eine Verlagerung des von Eunomia vorgeschlagenen Szenarios, das auf chemischem Recycling basiert, zu mehr mechanischem Recycling. In dieser Studie werden mechanische und chemische Recyclingtechnologien so kombiniert, dass die Verpflichtungen des Pariser Abkommens zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius bestmöglich eingehalten werden. Das bedeutet, dass neben den nicht verwertbaren Kunststoffen auch Sortierreste aus dem werkstofflichen Recycling dem chemischen Recycling zugeführt werden. Hierfür wurden verschiedene Szenarien entwickelt:

  • „Chemisches Recycling-Szenario“ (Zahlen wie von Eunomia vorgeschlagen);
  • „Reduktionsszenario“ (Reduzierung der Gesamtmenge an Kunststoffverpackungen);
  • „Szenario der werkstofflichen Verwertung“ (Umstellung auf mehr werkstoffliche Verwertung);
  • „Mischszenario“ (Reduzierung plus Umstellung auf mehr werkstoffliche Verwertung).

Um die Verpackungsmenge zu reduzieren, wurden verschiedene Maßnahmen ermittelt:

  • Reduzierung von unnötigen Verpackungen;
  • Verringerung von Verpackungen durch Innovation;
  • Entwicklung von Systemen zur Wiederverwendung von Verpackungen.

Um eine Verlagerung des von Eunomia vorgeschlagenen, auf chemischem Recycling basierenden Szenarios hin zu mehr mechanischem Recycling zu erreichen, wurden die folgenden Maßnahmen ermittelt:

  • Design für Recycling;
  • Neue Sammelsysteme;
  • Innovation, z. B. Schichtensysteme.

Für die Treibhausgasemissionen wurden keine neuen Lebenszyklusanalysen (LCA) durchgeführt, sondern Daten aus repräsentativen und vergleichbaren LCAs verwendet. Die Daten für die chemischen Recyclingprozesse sind ein Durchschnittswert aus zwei Ökobilanzen von Sphera, die von Industrieakteuren mit Interesse am chemischen Recycling (The Consumer Goods Forum und BASF) in Auftrag gegeben wurden. Die Daten sind mit Vorsicht zu betrachten, da das Konzept des chemischen Recyclings im kommerziellen Maßstab noch nicht ausgereift ist und die Daten auf einer Reihe von Annahmen beruhen, die noch nicht bewiesen sind, z. B. die Eins-zu-Eins-Ersetzbarkeit von Virgin Naphtha durch Pyrolyseöl. Für die werkstoffliche Verwertung wurden in dieser Studie Daten des Öko-Instituts aus dem Jahr 2022 verwendet.

Die vorliegende Studie zeigt, dass in allen betrachteten Szenarien mehr als 75 % der gesamten Treibhausgasemissionen auf das chemische Recycling zurückzuführen sind. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Emissionen des werkstofflichen Recyclings um den Faktor 9 niedriger sind als die des chemischen Recyclings: Das werkstoffliche Recycling verursacht insgesamt nur 0,311 kg CO2eq pro kg Rezyklat, während das chemische Recycling 2,91 kg CO2eq pro kg verursacht.

Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass eine Verlagerung des Ausstoßes von chemischem auf werkstoffliches Recycling um 30 % im Vergleich zu dem auf den Daten von Eunomia basierenden Szenario zu Einsparungen bei den Treibhausgasemissionen von 31 % führen würde. Kombiniert man diese Verlagerung mit einer Verringerung des Verpackungsaufkommens um 20 %, würde dies zu einer Verringerung der THG-Emissionen um 45 % im Vergleich zum Szenario für das chemische Recycling führen.

Neben den Emissionen der Recyclingprozesse wird auch die vermiedene Produktion von neuem Kunststoff berücksichtigt. Die daraus resultierenden THG-Emissionseinsparungen werden den jeweiligen Recyclingverfahren gutgeschrieben. Angesichts der derzeitigen qualitativen Unterschiede zwischen Rezyklaten aus dem chemischen und dem werkstofflichen Recycling wird für die Gutschrift von Rezyklaten aus dem werkstofflichen Recycling ein Abschlag von 20 % vorgenommen. Trotz dieses Abschlags für die geringere Rezyklatqualität führen die Szenarien mit einem höheren Anteil des werkstofflichen Recyclings zu einem größeren Klimaschutz als die Szenarien mit einem geringeren Anteil. So führt beispielsweise eine Verlagerung von 30 % von der chemischen zur werkstofflichen Verwertung zu einem um 61 % höheren Beitrag zum Klimaschutz (siehe Abbildung 4 dieser Studie).

Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist der Unterschied in der Kohlenstoffeffizienz und der Menge des Kohlenstoffverlustes während der Recyclingprozesse. Ausgehend von den Daten der vorgenannten Ökobilanzen geht mehr als die Hälfte des Kohlenstoffs während des chemischen Recyclingprozesses verloren (53 %). Beim werkstofflichen Recycling liegt der Verlust bei 31 %. Bei der Berechnung der gesamten Kohlenstoffeffizienz der sieben Szenarien ergibt sich für das Szenario „Chemisches Recycling“ eine Gesamteffizienz von 65 %. Durch eine Erhöhung der Menge des mechanischen Recyclings um 30 % (bei gleichzeitiger Reduzierung der Menge des chemischen Recyclings) kann eine Gesamteffizienz von 74 % erreicht werden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen deutlich, dass die werkstoffliche Verwertung, wo immer möglich, der chemischen Verwertung vorzuziehen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Maßnahmen wie das Design für das (werkstoffliche) Recycling – d. h. Monomaterial, einfacheres Format, keine gefährlichen Chemikalien – und andere Innovationen gefördert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, die Gesamtmenge an Verpackungen zu reduzieren, um die Treibhausgasemissionen in diesem Sektor zu verringern, da es nicht möglich ist, allein durch Recycling eine emissionsfreie Wirtschaft zu erreichen.

Wenn sich in den kommenden Jahren eine chemische Recyclingindustrie etabliert, wird sich dies auf die Möglichkeiten der Kunststoffbehandlung in der Zukunft auswirken. Solange die Vorschriften keine Schutzmaßnahmen vorsehen, wird die Industrie das billigste und am leichtesten verfügbare Material verwenden (Ausgangsmaterial, das tatsächlich durch mechanisches Recycling recycelt werden kann). Ohne angemessene Regelungen werden die Bemühungen um eine Stärkung des werkstofflichen Recyclings stark behindert. Eine rechtliche Gleichstellung von chemischen und werkstofflichen Verwertungsverfahren für Verpackungsabfälle muss daher verhindert werden. Bei der Festlegung von Zielvorgaben für den Recyclinganteil sollten daher die Klimaauswirkungen der verschiedenen Recyclingtechnologien berücksichtigt werden.

->Quellen: