Trotz Klimazusagen Greenwashing der Vermögensverwalter

13 Milliarden Euro in den Ausbau fossiler Brennstoffe investiert

Ein am 18.10.2022  publizierter Report von Greenpeace, urgewald und Reclaim Finance zeigt einen Monat vor der COP27 in Ägypten, wie die vier größten deutschen Vermögensverwalter immer noch massiv in expandierende fossile Energieunternehmen investieren. Damit unterlaufen Allianz Global Investors (AGI), Deka Investments, Union Investment und DWS ihr offizielles Bekenntnis zur 1,5-Grad-Klimagrenze. Schlusslicht beim Vergleich klimaschädlicher Investments ist die Deutsche Bank-Tochter DWS mit 7,5 Mrd. Dollar (7,8 Mrd. Euro) Aktien- und Anleihenbesitz in expandierende fossile Unternehmen (Stand September 2022). Danach kommen Union Investment mit 2,0 Mrd. Dollar (2,0 Mrd. Euro), die AGI mit 1,6 Mrd. Dollar (1,7 Mrd. Euro) und Deka Investments mit 1,4 Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro). Um die 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten, dürften laut aktueller Forschung allerdings gar keine weiteren Investitionen mehr in die Exploration und Erschließung neuer Kohle-, Öl- und Gasvorkommen getätigt werden.

1,5-Grad-Grenze – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

AGI, Deka Investments, DWS und Union Investment haben sich der Initiative “Net Zero Asset Managers” angeschlossen und bekennen sich damit verbindlich zur 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klimaschutzabkommens. Der Widerspruch zwischen Worten und Taten zeigt sich speziell in ihrem Umgang mit fossilen Energien, den Haupttreibern der Klimakrise: Während sich AGI, Deka und Union Investment lediglich moderate generelle Beschränkungen für Investitionen in Kohleunternehmen gegeben haben, finden sich bei der DWS keine allgemeingültigen Auflagen. Keiner der vier Vermögensverwalter besitzt eine Strategie, um die Investitionen in expandierende Öl- und Gasgeschäfte zu beschränken. Zudem fehlen effektive Leitlinien für den Dialog mit Unternehmen, um dort die notwendigen Emissionsreduktionen sicherzustellen. Das Defizit spiegelt sich auch beim Abstimmungsverhalten der vier Vermögensverwalter auf Hauptversammlungen der großen europäischen Öl- und Gaskonzerne wider, was im Report ebenfalls analysiert wurde.

NGO fordern Klimastrategie und Ausstiegsplan

Greenpeace, urgewald und Reclaim Finance fordern die Vermögensverwalter auf, verbindliche Pläne für den sofortigen Ausstieg (Divestment) aus Unternehmen vorzulegen, die an der Expansion von Kohle-, Öl- und Gasprojekten beteiligt sind. AGI, Deka, Union und DWS brauchen zudem eine klare und glaubwürdige Strategie für das Engagement gegenüber den verbleibenden fossilen Energieunternehmen.

Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace:  “Angesichts des jüngsten Greenwashing-Skandals bei der DWS wiegt es besonders schwer, dass die Deutsche Bank-Tochter auch beim Klimaschutz das Schlusslicht der Branche bildet. Das ist ein weiterer Fall von Grünfärberei, den die DWS schleunigst korrigieren sollte.”

Julia Dubslaff, Finanzkampaignerin von urgewald: “Die fossilen Unternehmen sind mitten in der Klimakatastrophe immer noch auf Expansionskurs, statt endlich einen Ausstiegsplan vorzulegen. Das ist heute schlicht verantwortungslos. Die deutschen Vermögensverwalter dürfen sich nicht hinter ihrem Engagement verstecken! Ohne rigorose Ausschlüsse verkommt das zur bloßen Ausrede.”

Lara Cuvalier, Sustainable Investment Campaignerin von Reclaim Finance sagt: „Die deutschen Vermögensverwalter gehen definitiv nicht ausreichend gegen die Expansion von Kohle, Öl und Gas vor. DWS und Allianz GI sind gute Beispiele für die Heuchelei vieler Vermögensverwalter: Obwohl sie zu den größten europäischen Mitgliedern der NZAM gehören, investieren sie immer noch in das Rohstoffunternehmen Glencore, das eine massive Ausweitung der Kohleförderung plant.“

Der Report “German Asset Management and Fossil Fuel Expansion” ist online als englische Langversion und deutsche Kurzfassung. Letztere folgt hier:

Die deutschen Vermögensverwalter und ihr Umgang mit Unternehmen mit expandierendem Kohle-, Öl- und Gasgeschäft.

Kurzfassung des gemeinsamen Reports von Greenpeace, urgewald und Reclaim Finance. Veröffentlichung der englischen Originalversion am 18. Oktober 2022 unter dem Titel: “The German asset management industry and fossil fuel expansion” (pdf online ab 18.10.22) Auf einen Blick

Der Report “German asset management and fossil fuel expansion” zeigt ein umfangreiches Greenwashing der vier größten Asset Manager in Deutschland: Allianz Global Investors (AGI), Deka Investment, DWS (Im Vergleich mit 7,5 Milliarden US-Dollar, ?7,8 Milliarden Euro, der mit Abstand größte Investor in klimaschädliche fossile Expansionisten) und Union Investment. Geprüft wurde, inwiefern die Klimaversprechen der Top-Vermögensverwalter in Deutschland durch ihre fossilen Anlagerichtlinien gedeckt sind. Das Ergebnis: – Bei allen vier Vermögensverwaltern besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen Bekenntnissen zum Klimaschutz und dem faktischen Umgang mit besonders klimaschädlichen, expandierenden fossilen Unternehmen.

Auf dem Prüfstand: Klimaversprechen vs. Anlagerichtlinien

Das Pariser Klimaschutzabkommen stellt an prominenter Stelle die Verantwortung des Finanzsektors zur Bewältigung der Klimakrise heraus: Die globalen Finanzströme sollen so gestaltet werden, dass sie im Einklang mit den Pariser Klimazielen stehen (Artikel 2 (1) c).).

Zahlreiche Finanzinstitute, darunter die untersuchten Vermögensverwalter Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI), Deka Investments, DWS und Union Investment, haben sich seitdem in Zusammenschlüssen wie der Net Zero Asset Managers Initiative (NZAM) verbindlich zur Unterstützung der Pariser 1,5-Grad-Grenze bekannt. Um die Klimagrenze einzuhalten, darf es jedoch keine weiteren Investitionen in die Exploration und Erschließung neuer Kohle-, Öl- und Gasvorkommen geben – das belegen Analysen der Internationalen Energie Agentur (IEA), des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und der UN.

Die exklusiven Berechnungen des Reports basieren auf Daten zu Unternehmen mit expandierendem Kohle-, Öl- und Gasgeschäft, die aus der urgewald Global Coal Exit List (GCEL) und Global Oil and Gas Exit List (GOGEL) entnommen wurden.

Aufbauend auf diesen Vorgaben…

  • bewertet der Report die Anlagestrategien der vier Asset Manager hinsichtlich ihres Umgangs mit fossilen Energieunternehmen.
  • berechnet der Report das jeweilige Investitionsvolumen in Unternehmen mit expandierendem Kohle-, Öl- und Gasgeschäft.
  • überprüft der Report die Engagement-Strategien1 und
  • gleicht sie mit dem Änderungsbedarf ab, der laut aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Einhaltung der Pariser Klimagrenze erforderlich ist.

Das Ergebnis der Analyse:

  • Während sich AGI, Deka Investments und Union Investment moderate generelle Beschränkungen für Investitionen in Kohleunternehmen gegeben haben, finden sich bei der DWS keine allgemeingültigen Auflagen.
  • Keiner der vier Asset Manager besitzt eine Strategie zur Beschränkung der Investitionen in expandierendes Öl- und Gasgeschäft.

? Tatsächlich gibt es bei allen vier untersuchten Vermögensverwaltern eine erhebliche Diskrepanz zwischen den postulierten Bekenntnissen zum Klimaschutz und dem faktischen Umgang mit besonders klimaschädlichen Unternehmen.

Ausmaß der klimaschädlichen Investitionen

Die vier größten deutschen Asset Manager AGI, Deka, DWS und Union verwalten gemeinsam ein Wertpapiervermögen von rund 2,3 Billionen Euro [Stand September 2022].

Aufgrund der unzureichenden Klimastrategien sind klimaschädliche Investitionen weit über die nötige Begrenzung für ein 1,5-Grad-Grenze hinaus an der Tagesordnung: Alle vier Asset Manager investieren in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen, die weiterhin die Ausweitung ihrer fossilen Geschäftstätigkeiten planen. Umfang dieser klimaschädlichen Investitionen:

  • DWS: 7,5 Milliarden US-Dollar (?7,8 Milliarden Euro)
  • AGI: 1,6 Milliarden US-Dollar(?1,7 Milliarden Euro)
  • Union Investment: 2,0 Milliarden US-Dollar (?2,0 Milliarden Euro)
  • Deka Investments: 1,4 Milliarden US-Dollar (?1,5 Milliarden Euro)

? Im Vergleich der vier größten deutschen Asset Manager ist die DWS der mit Abstand größte Investor in klimaschädliche fossile Energieunternehmen.

Eine glaubwürdige Umsetzung der 1,5-Grad-Versprechen würde bedeuten, diese Investments auf 0 zu senken.

Umgang mit klimaschädlichen Unternehmen

Die Lücke zwischen den Klimaschutzambitionen und dem tatsächlichen Geschäftsgebaren der Vermögensverwalter zeigt sich auch in ihrem Dialog mit klimaschädlichen Unternehmen sowie bei ihrem Abstimmungsverhalten auf deren Hauptversammlungen. Ursache hierfür ist, dass es im Dialog mit den Unternehmen an klaren und substanziellen Forderungen und angemessenen Sanktionen mangelt. So setzen sich die vier untersuchten Vermögensverwalter zwar für mittelfristige Reduktionsziele bei den Unternehmen ein. Sie verzichten jedoch sowohl darauf, eine sofortige Reduktion der Förderung fossiler Rohstoffe zu erwirken, als auch jeglicher Ausweitung der fossilen Geschäftstätigkeiten entgegenzutreten. Anhand konkreter Entscheidungen der Vermögensverwalter auf den Hauptversammlungen der großen europäischen Öl- und Gasunternehmen, die in der Studie analysiert werden, bestätigen sich diese Defizite bei der Ausübung von Stimmrechten auch in der Praxis.

Forderungen

Greenpeace, Reclaim Finance und urgewald fordern: Die Vermögensverwalter müssen sich Mindestkriterien für ihre Klimastrategien geben und dazu folgende Schritte in die Wege leiten:

  1. Die Vermögensverwalter brauchen einen verbindlichen Plan für den sofortigen Stopp aller neuen Investitionen in Unternehmen, die an der Expansion von Kohle-, Öl- und Gasprojekten beteiligt sind. Der Plan muss den sofortigen Verkauf der aktuell gehaltenen Aktien und Anleihen von Unternehmen beinhalten, die eine Expansion ihres Kohlegeschäfts planen, und eine zeitnahe Frist für Papiere von Unternehmen, die eine Expansion von Öl- und Gasprojekten vorantreiben.
  2. Für das Engagement mit den verbleibenden Energieunternehmen mit schrumpfenden fossilen Geschäften müssen die Vermögensverwalter eine klare und glaubwürdige Strategie zur Emissionsreduktion entwickeln, die bei Verfehlung durch die Unternehmen auch deren Veräußerung als Option beinhaltet.

->Quellen: