Nachhaltige Kreisläufe dank Elektrochemie

Carl-Zeiss-Stiftung unterstützt Forschungsprojekt „Halocycles“: Halogen-Kreislaufwirtschaft als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Stromnetze und zur Defossilierung der Gesellschaft

Die Rückgewinnung von wertvollen Rohstoffen, eine Vermeidung von klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen und eine Stabilisierung der Stromnetze – das sind laut einer Medienmitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) vom 28.10.2022 die drei entscheidenden Pluspunkte eines neuen Forschungsprojekts an der JGU und der TU Kaiserslautern. Mit ihrem zukunftsweisenden Konzept konnten sich die beiden Forschungspartner die Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung (CZS) sichern. Sie wird in ihrem Programm „CZS Durchbrüche“ das Vorhaben in den kommenden sechs Jahren mit rund vier Millionen Euro unterstützen. Das Projekt „Halocycles“ wird Halogene wie etwa Brom, Chlor und Fluor aus Abfallstoffen elektrochemisch zurückgewinnen.

Bei dem Verfahren bleibt das Kohlenstoffgerüst der Halogenverbindungen erhalten, Emissionen werden vermieden, und flexible Nutzung trägt zur Stabilisierung der Stromnetze bei.

Halogene aus Verbindungen bislang nur schwierig zurückzugewinnen

Halogenverbindungen sind im Alltag überall in einer breiten Produktpalette zu finden, PVC etwa als Baumaterial oder Teflon für Beschichtungen im Haushalt und als Hilfsstoff in Batterien. Weil sie oft einzigartige Eigenschaften besitzen, sind sie kaum oder nur schwer zu ersetzen. Allerdings werden die erforderlichen Halogene – Fluor, Chlor, Brom und Jod – teilweise knapp unsd daher zunehmend teurer. Das Recycling ist problematisch und erfolgt, wenn es überhaupt gelingt, aus Rauchgasen unter hohem Energieeinsatz. Da viele Halogenverbindungen auch als Flammschutzmittel dienen, muss beim Verbrennen mit viel Gas oder Öl nachgeholfen werden. Dadurch geht das Kohlenstoffgerüst verloren und Kohlendioxid wird in großen Mengen freigesetzt. „Halocycles verfolgt einen komplett anderen Weg“, sagt Prof. Siegfried Waldvogel, Sprecher des Forschungsprojekts vom Department Chemie der JGU. „Wir können die Halogene elektrochemisch freisetzen, ohne das Kohlenstoffgerüst zu verbrennen, und somit vermeiden wir auch die Bildung von Dioxinen.“ Die Halogene stehen damit der Kreislaufwirtschaft für neue Produkte zur Verfügung.

Mainz verfügt über einzigartige Expertise in der Elektrochemie

Bei der Elektrosynthese kann beispielsweise Erneuerbarer Strom von Windgeneratoren genutzt werden, wenn er nachts im Überschuss zur Verfügung steht. Damit würde gleichzeitig ein Beitrag zur Stabilisierung der Stromnetze geleistet. „Die Elektrosynthese ist als Verfahren fest in Mainz verortet. Wir haben über 25 Jahre lang Erfahrungen gesammelt und verfügen über eine weltweit einzigartige Expertise“, erklärt Waldvogel. Neben den Mainzer Forschergruppen der JGU und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung sind an dem Projekt die Partner der TU Kaiserslautern mit Schwerpunkt Chemie und Verfahrenstechnik beteiligt. Ebenso eingebunden ist das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) in Kaiserslautern. Eine spätere Ausgründung, um die Forschungsergebnisse anzuwenden und zu verwerten, wird ins Auge gefasst.

Die Partner hoffen, dass das Projekt Halocycles dazu beitragen wird, Ressourcen effektiver zu nutzen und die Abhängigkeit von fossilen Quellen zu verringern. Dies eröffnet eine weitere Möglichkeit zur Rohstoffsouveränität – ein Thema, das in Zukunft noch an Relevanz zunehmen kann.

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Spitzenforschung im Programm „CZS Durchbrüche“

Mit dem Programm „CZS Durchbrüche“ fördert die Carl-Zeiss-Stiftung Spitzenforschung von Universitäten aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Voraussetzung für eine Förderung ist eine überregionale Stellung im zu fördernden Bereich. Die Auswahl der Förderprojekte erfolgt im Wettbewerb und anhand von Exzellenzkriterien in einem zweistufigen Gutachterverfahren.

->Quellen: