Extraktion von Silber und anderen Rohstoffen unrentabel, da Primärrohstoffe nach wie vor preiswert sind
Bei der Rückgewinnung der Materialien aus Photovoltaikmodulen sei noch viel Luft nach oben. Das liege zum einen daran, dass es im Laufe der Entwicklung viele verschiedene Modultypen gegeben habe und gebe, die im Recycling jeweils ihre eigenen Spezifika hätten, aber auch an den Kosten, wie Petra Franke am 02.11.2022 auf energiezukunft schreibt.
Gängige Methoden setzen neben der relativ einfachen Entfernung von Anschlussdosen und Aluminiumrahmen auf Schreddern und Sortieren oder chemische Prozesse, die jedoch die Kleinstmengen an Silber und anderen Rohstoffen nicht wirtschaftlich extrahieren können. Dem zurückgewonnenen Glas haften Kleinstmengen der Busbars (Leiterbahnen, die den Strom abtransportieren) an, es dient derzeit überwiegend als Recyclat für robustere Anwendungen wie die Schaumglas- oder Mineralwollherstellung. Andere Verwendungsformen sind in der Erprobung.
Ullrich Didszun, Deutschland-Manager von PV Cycle, kennt die Technologien und den Markt fürs PV-Recycling gut. PV Cycle ist das freiwillige von Herstellern etablierte Entsorgungssystem in Europa. Didszun hat in den letzten Jahren einige neue technische Ansätze von verschiedenen Unternehmen kennengelernt, um Silizium und weitere in Kleinstmengen in den Modulen verwendete Wertstoffe zu extrahieren. Nur leider sei bisher aus diesen Ideen kein Recycling im industriellen Maßstab entstanden.
Primärrohstoffe immer noch preiswerter
„Die Annahme, wir könnten bereits heute aus Altmodulen preiswerte Recyclate zurückzugewinnen, die sich in unterschiedlichsten Prozessen wiederverwenden lassen, ist leider falsch“, so sein Fazit zum Status Quo. Recycling ist teuer und wird sich wohl erst dann lohnen, wenn Primärrohstoffe nicht mehr preiswert zu bekommen sind und gleichzeitig die Menge der Altmodule um ein Vielfaches steigt. Aber auch dann wird die Wiederaufbereitung nicht zum Nulltarif zu haben sein. Fehlende Technologien und Prozesse könnten zu einer regelrechten Entsorgungslücke führen, befürchtet Didszun. Das könnte teuer werden, denn die jetzt von den Herstellern beim Inverkehrbringen hinterlegten Sicherheiten seien dafür keineswegs ausreichend, eine vorgezogene Entsorgungsgebühr wie in anderen europäischen Ländern in Deutschland rechtlich nicht möglich.
Didszun beschreibt strukturelle Schwächen im System. Zum einen würden gar nicht alle Altmodule dem Recycling zugeführt. Es gebe Schlupflöcher, große Mengen ausgediente Module verlassen im LKW oder per Container die EU. Ein besseres Monitoring über die Materialströme ist seiner Meinung nach notwendig.
Zudem liege eine Schwäche im Rücknahmesystem über kommunale Entsorgungsstellen. Die Rücknahme dort sei vom Gesetzgeber vorgeschrieben, da Module als private Verbrauchsgüter gelten. Die Entsorgungshöfe wiederum seien ganz unterschiedlich aufgestellt. Manche verweigerten sogar die Annahme. Andere wiederum sammelten die Altmodule bunt gemischt, zum Teil auch stark beschädigt, in ungeeigneten Behältern. Werde dann eine Abholung angefordert, reibe sich der Dienstleister oft die Augen. Die Module zu sortieren und zum geeigneten Recyclingunternehmen zu bringen, verursache zusätzlichen Aufwand, so Didszun.
Silizium wieder verwenden scheint greifbar
Doch es gibt auch positive Nachrichten. Einer der Spezialisten im Modulrecycling ist das Unternehmen Reiling. Zusammen mit dem Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle und dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE ist das Unternehmen der industriellen Rückgewinnung des Siliziums einen großen Schritt nähergekommen. Der Prozess ist entwickelt, aus dem recycelten Silizium wurden sogar neue Wafer und Zellen hergestellt. Nun investiert Reiling in eine neue Anlage, in der zukünftig auch das Silizium in einer hohen Qualität zurückgewonnen wird. Bei der Reinheit des zurückgewonnenen Glases hält man bei Reiling ebenfalls noch Qualitätssprünge für möglich, so dass die Glasreste dann für bestimmte Glasproduktionen eingesetzt werden könnten.
Rund 15.000 Tonnen Altmodule gehen derzeit pro Jahr in Deutschland ins Recycling. Der PV-Zubau legte seit 2009 trotz zwischenzeitlicher politischer Bremse mächtig zu. Ein steigendes Altmodulaufkommen ist gewiss. Mehrere 100.000 Tonnen jährlich könnten es sein. Jetzt ist die Zeit, mit dem wachsenden Markt die passenden Strukturen und Kapazitäten aufzubauen. Wenn man bedenkt, dass mit dem wachsenden weltweiten Zubau Schätzungen zufolge jährlich bis zu 1,5 Milliarden neue Module verbaut werden, sollten zukünftig industrielle Recycling-Prozesse nicht nur zwingend erforderlich, sondern auch ein lohnendes Geschäftsfeld sein. pf
->Quelle: energiezukunft.eu/erneuerbare-energien/solar/viele-verschiedene-materialien-in-solarmodulen