Europas Wald-CO2-Senken schrumpfen rapide

EU will sie eher vergrößern

Weil immer mehr Holz als Brennstoff genutzt wird, verliet die EU in alarmierendem Tempo CO2-Senken – Wald. Das geht aus einer am 07.11.2022 veröffentlichten Untersuchung der gemeinnützigen Partnership for Policy Integrity (PFPI) hervor. Die 27 Mitgliedsstaaten haben der Untersuchung von Mary S. Booth zufolge seit 2002 einen beschleunigten Rückgang ihrer Kohlenstoffsenken in Wäldern und auf dem Land verzeichnet oder diese ganz verloren, schreibt Frédéric Simon im Portal EURACTIV.com.

Geschlagenes Holz in Brandenburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Dabei will die EU eigentlich das Ausmaß von CO2-Senken erhöhen. Denn um bis 2050 klimaneutral zu werden, hat sich die EU das Ziel gesetzt, die CO2-Speicherung in Wäldern, Böden und anderen Bodenkohlenstoffsenken zu verstärken. Doch angesichts der derzeitigen Waldverlustraten werden die meisten EU-Länder ihre Ziele für 2030 nicht erreichen, warnt der Bericht.

In Europa sind Wälder insgesamt (noch) eine Netto-Kohlenstoffsenke, weil sie mehr Kohlendioxid aufnehmen, als sie ausstoßen. Aber die Kapazität der europäischen Wälder, CO2 zu absorbieren, ist im Laufe der Jahre geschrumpft und muss eigentlich wiederhergestellt werden. Das räumte die Europäische Kommission schon vor zwei Jahren ein, als sie ihren Klimazielplan für 2030 vorstellte.

Auf der Grundlage offizieller Regierungsdaten, die der EU und den Vereinten Nationen vorgelegt wurden, stellte das PFPI fest, dass die EU zwischen 2002 und 2020 etwa ein Viertel ihrer jährlichen Kohlenstoffversenkung verloren habe, was größtenteils auf die Nutzung der Wälder zur Energiegewinnung zurückzuführen sei. „In einigen Mitgliedstaaten besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Nutzung von Biomasse und dem Verlust von Bodensenken“, heißt es in dem Bericht.

„Regierungsforscher in Finnland legten detaillierte Statistiken über die energetische Nutzung von Holz vor und identifizierten insbesondere die Verbrennung von Rundholz als eine Ursache für den Senkenverlust, während in Estland mehr als die Hälfte der Menge an geschlagenem Holz für die Brennstoff- oder Pelletproduktion verwendet wird“, heißt es weiter. Die Gesamtnutzung von solider Biomasse war dem Bericht zufolge im Jahr 2020 um 239 Prozent höher als im Jahr 1990, wobei die Nutzung im Energiesektor – Wärme- und Stromerzeugung – in diesem Zeitraum um mehr als 1.000 Prozent gestiegen ist, wie aus den vom PFPI zusammengestellten offiziellen Statistiken hervorgeht.

Die Europäische Union positioniert sich als weltweit führend beim Schutz der Wälder und hat im vergangenen Jahr eine Verordnung zur Verringerung der Abholzung bei der Einfuhr von Rohstoffen wie Soja, Rindfleisch, Palmöl oder Kaffee vorgelegt.

Die EU-Politik für erneuerbare Energien im Rampenlicht

Laut der PFPI-Studie, die den Rückgang der Kohlenstoffsenken auf dem Land auf die europäische Biomassepolitik zurückführt, die Waldholz im Rahmen der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien als kohlenstofffreien Brennstoff anrechnet, ist die EU dabei jedoch kein Vorbild. Laut dem Bericht hat sich die Verwendung von Biomasse für die Energieerzeugung in der EU seit 1990 mehr als verdoppelt, wobei der größte Teil des Anstiegs seit 2002 zu verzeichnen ist, nachdem die EU ihre erste Richtlinie erlassen hatte, die Biomasse als erneuerbare Energie anerkannte.

Nach Angaben der Europäischen Kommission entfallen derzeit fast 60 Prozent aller erneuerbaren Energien in der EU auf Biomasse – mehr als auf Wind- und Sonnenenergie zusammen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Biomasse in den kommenden Jahren weiter steigen wird, obwohl nur eine begrenzte Menge davon nachhaltig produziert werden kann, erklärte die Forschungsabteilung der Kommission zuletzt gegenüber EURACTIV.

Im September unterstützte das Europäische Parlament Pläne, die Subventionen für Biomasse, die in Kraftwerken verwendet wird, zu beenden und den Großteil der primären Holzverbrennung von den Zielen der EU für erneuerbare Energien auszuschließen. Der PFPI erklärte jedoch, dass diese Änderungen keine Auswirkungen auf die Holzverbrennung in Privathaushalten haben werden, die den größten Anteil an den erneuerbaren Energien beim Heizen hat.

Während Länder wie Österreich und Deutschland fossile Heizungen demnächst verbieten werden, bleiben Pellet-Heizungen weiterhin erlaubt. Darüber hinaus haben Länder wie Ungarn, Polen und die Slowakei „die Erhebungsmethoden für die Zählung der Holzverbrennung in Privathaushalten überarbeitet“, heißt es in dem Bericht weiter. Dies habe in diesen Ländern zu einem „abrupten Anstieg der gemeldeten Biomassenutzung“ geführt, wodurch sie ihre Ziele für erneuerbare Energien erreichen konnten. Eine kreative Nutzung von Biomasse als erneuerbare Energie also.

Für das PFPI braucht es darum ein dringendes Überdenken der EU-Biomassepolitik. „Um Klimastabilität zu erreichen, ist eine viel größere Menge an Kohlenstoffspeicherung in den Wäldern erforderlich, was unmöglich ist, wenn die Abnahme von Biomasse nicht deutlich reduziert wird. Dies ist die wichtigste Botschaft dieses Berichts“, heißt es in der Studie.

->Quelle: euractiv.de/europas-wald-co2-senken-schrumpfen-rapide