acatech: „‚Ankommen‘ statt ‚unterwegs sein'“

Ohne veränderte Mobilitätskultur geht es nicht

Veränderte Mobilitätskultur, und damit Veränderungen im individuellen Verhalten, sind wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Mobilität – so eine Ausarbeitung. Denn technologische Innovationen wie Elektrifizierung und Digitalisierung allein sind nicht ausreichend, um die ambitionierten politischen Ziele – wie beispielsweise Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 – zu erreichen. Die neue Publikation des acatech Projekts „Integrierte Stadtentwicklung und Mobilitätsplanung“ verortet individuelles Verhalten im Kontext von Raum und Mobilität und zeigt Gestaltungspotenzial für Veränderungen auf.

Cover-DIS-Stadtentwicklung – © acatech

Mobilitätsverhalten ist mehr als die Frage, ob jemand mit dem Rad oder dem Auto unterwegs ist. „Tatsächlich sind auch weitere Entscheidungen eng mit der Stadtgestaltung und dem Verkehrssystem verbunden: wo wir wohnen, wo wir arbeiten, welchen Aktivitäten wir nachgehen und wie wir zu diesen Orten gelangen“, sagt Klaus J. Beckmann, Projektleiter und acatech Mitglied. Die Entscheidung für einen bestimmten Arbeitgeber beispielsweise kann das individuelle Mobilitätsverhalten sehr langfristig prägen. Dabei entstehen Routinen, die nur sehr schwer zu durchbrechen sind. Neben Raum- und Verkehrsstrukturen sind es nämlich auch individuelle Faktoren wie Normen, Werte und Einstellungen oder soziodemografische Faktoren, die unser Verhalten bestimmen.

Interventionen können das Verhalten positiv verändern

Für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Mobilität ist es erforderlich, Routinen zu durchbrechen und ein Verhalten zu fördern, das auf kurzen Wegen und aktiver Mobilität basiert. Interventionen können helfen, Veränderungen anzustoßen. Die Wirksamkeit von Interventionen wird erhöht, wenn diese sich an den unterschiedlichen Verhaltensweisen und Einflussfaktoren orientieren. Das bedeutet, dass nicht nur Raum- und Verkehrsstrukturen angepasst werden, sondern auch Informationsangebote sowie Anpassungen der rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen erforderlich sind. Das eröffnet auch neue individuelle Möglichkeiten, mehr Wahlfreiheit und gesellschaftliche Teilhabe. In ihrer interdisziplinären Übersicht präsentieren die acatech Expertinnen und Experten zahlreiche Ansätze, wie solche Interventionen gestaltet werden können.

Gefährdung im Straßenverkehr

Tim ist 19 Jahre alt und sehr gern mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs. In seinem Viertel fühlt er sich aber nicht sicher, weil dort viele Autos mit hoher Geschwindigkeit fahren. Deshalb wählt er häufig längere Wege, um dem Autoverkehr auszuweichen.

Intervention: Erhöhung des Sicherheitsgefühls

Die Stadt könnte die Geschwindigkeit im Viertel begrenzen und Mindestabstände beim Überholen vorschreiben und kontrollieren. Zudem könnten die Radwege von der Straße baulich abgetrennt werden, damit die Radfahrerinnen und Radfahrer besser geschützt sind.

Unsere Verhaltensweisen sind stark geprägt vom gesellschaftlichen und strukturellen Kontext. Verhaltensänderungen sind daher mehr als eine individuelle Aufgabe: „Für die Mobilitätswende ist ein Kulturwandel erforderlich. Dafür müssen wir über unser Verhalten, unsere Siedlungen und unser Alltagsleben neu diskutieren. Wir müssen anders denken und anders handeln, wenn es um das Thema Mobilität geht. Kurz gesagt: wir brauchen eine neue Mobilitätskultur!“ sagt Helmut Holzapfel, Projektleiter und acatech Mitglied. Nur so könne ein Wandel in Richtung einer gesamtgesellschaftlich nachhaltigen Mobilität gelingen.

->Quelle: acatech.de/ankommen-statt-unterwegs-sein-ohne-eine-veraenderte-mobilitaetskultur-geht-es-nicht