Wenn das Meer CO2 ausstößt

Erderwärmung und Klimawandel

Das Meer nimmt viel vom menschengemachten CO2 auf. Dadurch mildert es den Klimawandel – so eine Meldung auf tagesschau.de am 25.12.2022. Doch das Mittelmeer setzt in manchen Gebieten bereits mehr CO2 frei als es aufnimmt. Ein Wechselspiel: Der Ozean schluckt unser CO2, und das nicht zu knapp. Gut ein Viertel des gesamten Ausstoßes sind es in diesem Jahr laut dem Forschungsbericht Global Carbon Budget 2022.

Mittelmeer – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Der Klimawandel selbst wiederum sorgt aber dafür, dass das Meer anteilig nicht mehr so viel CO2 aufnehmen kann wie früher. Jetzt schon sind es vier Prozent weniger. „Die CO2-Aufnahme der Ozeane nimmt nicht ab, aber sie wäre ohne den Klimawandel noch größer,“ sagt dazu Judith Hauck. Sie ist Biogeochemikerin am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und ist eine der Autorinnen des Global Carbon Budgets.

Im Extremfall könne das Meer durch wärmere Temperaturen infolge des Klimawandels nicht nur kein weiteres CO2 aufnehmen – sondern sogar zu einer Quelle des Treibhausgases werden, erklärt der Meeresgeologe Or Bialik von der Universität Haifa in Israel und der Universität Münster. Er vergleicht den Prozess mit einer Flasche Limonade, die an einem heißen Sommertag auf dem Rücksitz des Autos vergessen wurde.

Öffne man dann die Flasche, versuche das gesamte CO2 zu entweichen. Das Gas schießt mitsamt der klebrigen Flüssigkeit nach draußen. „Das liegt daran, dass es weniger löslich ist, es wird aus dem Wasser herausgelöst und versucht, aus der Flasche zu kommen,“ sagt Bialik.

Genau dieser Prozess könnte im Sommer im Mittelmeer stattfinden. Bialik hat mit Kollegen Studien im östlichen Mittelmeer durchgeführt, einer Region, die gerade im vergangenen Sommer wegen ihrer sehr hohen Wassertemperaturen in den Schlagzeilen war. Über 30 Grad war das Wasser dort warm. Insgesamt gehört dieses Meeresgebiet zu den sich am schnellsten erwärmenden weltweit.

In einer kürzlich in Scientific Reports veröffentlichten Studie haben Bialik und seine Kollegen Erschreckendes festgestellt. Das östliche Mittelmeer hat über das ganze Jahr gesehen mehr CO2 freigesetzt als es aufnimmt. „Das ist nicht trivial und etwas, das wir nicht erwarten. Denn wir denken meistens, dass das Meer CO2 aufnimmt“, sagt Bialik.

Zusammenfassung des Artikels in Scientific Reports

„Die Ozeane spielen eine wichtige Rolle für das Klima der Erde, indem sie das CO2 in der Atmosphäre regulieren. Während die ozeanische Primärproduktivität und die Vergrabung von organischem Kohlenstoff CO2 aus der Atmosphäre binden, führt die Ausfällung von CaCO3 im Meer CO2 in die Atmosphäre zurück. Die abiotische Ausfällung von CaCO3 in Form von Aragonit ist potenziell ein wichtiger Rückkopplungsmechanismus für den globalen Kohlenstoffkreislauf, aber dieser Prozess ist noch nicht vollständig quantifiziert worden. In einer Sedimentfallenstudie im südöstlichen Mittelmeer, einer der sich am schnellsten erwärmenden und am stärksten oligotrophen Regionen des Ozeans, quantifizieren wir zum ersten Mal den Fluss von anorganischem Aragonit in der Wassersäule. Wir zeigen, dass dieser Prozess kinetisch durch die Erwärmung des Oberflächenwassers und die anhaltende Schichtung ausgelöst wird, was zu einem hohen Sättigungszustand des Aragonits führt (?Ar ? 4). Auf der Grundlage dieser Beziehungen schätzen wir, dass die abiotische Aragonitverkalkung für 15 ± 3 % des bisher berichteten CO2-Ausstoßes von der Meeresoberfläche in die Atmosphäre im südöstlichen Mittelmeer verantwortlich sein könnte. Modellierte Vorhersagen der Meeresoberflächentemperatur und von ?Ar deuten darauf hin, dass sich dieser Prozess im zukünftigen Ozean abschwächen könnte, was zu einer erhöhten Alkalinität und Pufferkapazität für atmosphärisches CO2 führt.“

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