Empfehlungen zur Stärkung der Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitszielen

Bei Erstellung von Gesetzen und Verordnungen

Alle Gesetze und Verordnungen, die von der Bundesregierung beschlossen und dann im Parlament beraten werden, sollen noch stärker als bisher auf ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung geprüft werden. Das empfehlen Bundeskanzleramt und Bundesjustizministerium in einem gemeinsamen Papier. Laut Koalitionsvertrag der Ampel soll die Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitszielen im konkreten Regierungshandeln und insbesondere bei der Erstellung von Gesetzen erhöht werden. Hierzu wurden am 14.11.2022 vom Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung folgende Empfehlungen beschlossen und am 14.12.2022 veröffentlicht (Solarify dokumentiert):

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen – © UNITED NATIONS, gemeinfrei

A) Frühe Einbeziehung von Nachhaltigkeitszielen

  • Die Ressorts sind aufgefordert, die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und Ziele sowie Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) von Beginn an bei allen Prozessschritten der Konzeption und Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen einzubeziehen.
  • Zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitszielen kann – je nach den Umständen des konkreten Vorhabens – insbesondere zählen,
    – dass identifiziert wird, welche SDGs maßgeblich betroffen sind und wie die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele mit der Zielerreichung der SDGs zusammenhängen;
    – dass Regelungen so entwickelt werden, dass ihre voraussichtlichen Wirkungen auf die Erreichung der Ziele hinwirken;
    – dass Wechselwirkungen im Sinne eines systemischen Zusammendenkens der Nachhaltigkeitsziele berücksichtigt werden, einschließlich relevanter Konflikte in der Umsetzung, ggf. negativer Auswirkungen des Vorhabens auf die Erreichung einzelner SDGs (sowohl national als auch ggf. international), sowie den sich hieraus ergebenden Schlussfolgerungen.
  • Soweit Nachhaltigkeitsziele einbezogen worden sind, ist dies in der Begründung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen darzustellen. Generelle Ausführungen dazu, wie die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele mit der Zielerreichung der SDGs zusammenhängen, können etwa in den Abschnitt „Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen“ im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung oder unter „Problem und Ziel“ im Vorblatt aufgenommen werden. Die konkrete Art und der Ort der Darstellung im Gesetz- oder Verordnungsentwurf ist vom Inhalt des jeweiligen Vorhabens abhängig.
  • Analog soll bei der Erstellung von Strategien und Programmen mit besonders hoher Relevanz für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele verfahren werden, wobei die ermittelten Bezüge zu den Nachhaltigkeitszielen in den entsprechenden Strategien bzw. Programmen dargelegt werden sollen.

B) Nachhaltigkeitsprüfung im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung

  • Im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung ist darzustellen, ob die Wirkungen eines Vorhabens einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen (§ 44 Absatz 1 Satz 4 GGO, § 62 Absatz 2 in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Satz 4 GGO). Hierbei werden Auswirkungen auf betroffene SDGs und Unterziele sowie Ziele und Indikatoren der DNS im Einzelnen untersucht und das Ergebnis dargestellt. Dabei machen die Ressorts auch mögliche negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsziele, soweit relevant auch in Drittstaaten, transparent und berücksichtigen, welche Schritte ggf. begleitend erfolgen oder zusätzlich notwendig sind, um die mit dem Vorhaben verfolgten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Auf dieser Grundlage wird in wertender Gesamtbetrachtung eine Einschätzung abgeben, „ob die Wirkungen des Vorhabens einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen, insbesondere welche langfristigen Wirkungen das Vorhaben hat“ (§ 44 Absatz 1 Satz 4 GGO).
  • Die Ressorts wirken durch geeignete Verfahren darauf hin, dass die Nachhaltigkeitsprüfung fachgebietsübergreifend in einer diesen Empfehlungen entsprechenden Weise durchgeführt wird. Auswahl und Ausgestaltung der auch unter Berücksichtigung ressortspezifischer Besonderheiten geeigneten Verfahren liegen in der Verantwortung der Ressorts. Zum Beispiel können in Betracht kommen,
    • einer mit Nachhaltigkeitsfragen befassten Organisationseinheit (z.B. Referat, Beauftragte/r) im Geschäftsverteilungsplan die Aufgabe zuzuweisen, bei der Nachhaltigkeitsprüfung im Rahmen der Gesetzgebung zu unterstützen;
    • themenspezifisch, z.B. pro Abteilung, Ansprechpersonen für Nachhaltigkeitsfragen zu benennen, die die federführenden Referate bei der Nachhaltigkeitsprüfung von Vorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich unterstützen.

Aber auch andere, insbesondere dezentrale Vorgehensweisen können – je nach bei den Ressorts konkret bestehenden Rahmenbedingungen, einschließlich bestehender Personalkapazitäten – sinnvoll und wirksam sein.

  • In den Ressortberichten stellen die Ressorts dar, durch welche Maßnahmen und Verfahren sie eine diesen Empfehlungen entsprechende Durchführung der Nachhaltigkeitsprüfung sicherstellen.

C) Nutzung von eNAP

  • Die webbasierte elektronische Nachhaltigkeitsprüfung (eNAP) ist nunmehr Teil der Plattform E-Gesetzgebung (https://plattform.egesetz.zd.in.bund.de/; externer Zugang auf Fassung mit vermindertem Funktionsumfang: www.enap.bund.de; Zugang auf Vollfassung über die Netze des Bundes: https://plattform.egesetz.zd.in.bund.de/cockpit/#/egfa). Schon bei der frühzeitigen Einbeziehung von Nachhaltigkeitszielen kann die Nutzung von eNAP) hilfreich sein, da sie eine strukturierte Darstellung von allen relevanten Aspekten ermöglicht. Die Nutzung ist an dieser Stelle aber nicht verpflichtend.
  • Wie in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (2021) festgehalten ist, ist eNAP zur Erhöhung der Qualität der Nachhaltigkeitsprüfung im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung durchgehend bei allen Regelungsvorhaben anzuwenden. In Ausnahmefällen kann mit Zustimmung des/der zuständigen Ressortkoordinators/-in für nachhaltige Entwicklung von dieser Regel abgewichen werden.
  • In allen Ressorts sollte auf die konsequente Anwendung von eNAP hingewirkt werden, etwa im Rahmen von Hausmitteilungen oder Rundschreiben an alle mit Rechtsetzung befassten Referate.
  • Es wird empfohlen, dass die Ressortkoordinatoren bzw. die von ihnen benannten Organisationseinheiten künftig die mit eNAP erstellte Zusammenfassung der Prüfung zur Verfügung gestellt erhalten, wenn und soweit sie bei konkreten Vorhaben zur Stärkung der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten abteilungsübergreifend beteiligt werden. Hieraus wird ersichtlich, ob die Prüfung strukturiert durchgeführt wurde.
  • Die mit eNAP erstellte Zusammenfassung der erfolgten Prüfung sowie ggf. ergänzende Hintergrundinformationen und Dokumentationen relevanter Abwägungen werden vom Fachreferat zu den Akten genommen (§ 12 Absatz 2 GGO).
  • Damit Prüfergebnisse konsistent sind und Doppelprüfungen sowie unnötiger Aufwand vermieden werden, sollten bei der Prüfung im Rahmen von eNAP die Prüfungen anhand weiterer für eine nachhaltige Entwicklung relevanter Arbeitshilfen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Einbeziehung bei von im Rahmen von eNAP erfolgen Aussagen bei diesen anderen Prüfungen. Dies betrifft insbesondere die in eNorm verlinkten und in eGesetzgebung integrierten Arbeitshilfen zum Gleichwertigkeits-Check, zum Demografie-Check, zur gleichstellungsorientierten Gesetzesfolgenabschätzung, zur Nutzen-Kosten-Abschätzung umweltrelevanter Effekte in der Gesetzesfolgenabschätzung sowie zum Disability Mainstreaming.

Der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung ist das zentrale Steuerungsorgan der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Alle Ressorts sind im Ausschuss mit Staatssekretärinnen und Staatssekretären vertreten. 

->Quellen: