Neue Technik könnte Lithium-Ionen-Batterien Schub geben

„Vorlithierung“ – neuartiges Herstellungsverfahren für einen Silizium-Monoxid-Kohlenstoff-Verbundwerkstoff 

Die Suche nach der nächsten Generation von Materialien für Anoden in Lithium-Ionen-Batterien ist noch nicht abgeschlossen. Ein neuartiges Herstellungsverfahren für einen Silizium-Monoxid-Kohlenstoff-Verbundwerkstoff könnte laut Pressedienst der Pekinger Tsinghua University endlich die gewünschte Effizienzsteigerung ohne unerwünschte Nebenreaktionen bringen. Seit den späten 1990er Jahren verwenden die meisten Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien Graphit als Batterieanode (der negative Pol, in den der elektrische Strom in die Batterie eintritt) und ersetzen damit die Kokskohle. Die Umstellung von Koks auf Graphit, eine Form von Kohlenstoff, erfolgte aufgrund seiner langfristigen Stabilität über viele Lade- und Entladezyklen hinweg. Ein Artikel, der das jetzt entdeckte neue Verfahren beschreibt, ist am 21.12.2022 im Journal Nano Research der Tsinghua University open access erschienen.

Li-Ionen-Batterie – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Um die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien weiter zu verbessern (und damit die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu verbilligen und zu erleichtern), brauchen die Batteriehersteller jedoch noch bessere Anoden. Unter den viel gepriesenen Anodenmaterialien, die Graphit ersetzen sollen, sind Verbindungen auf Siliziumbasis, da sie eine hohe spezifische Kapazität (Entladungsrate) haben und in der Erdkruste reichlich vorhanden sind. Siliziummonoxid hat sich als vielversprechend für die nächste Generation von Lithium-Ionen-Batterien mit hoher Leistung erwiesen.

Nachteile

Trotz dieses Versprechens hat Siliziummonoxid als solches auch eine Reihe von Nachteilen, nicht zuletzt seine inhärente geringe Leitfähigkeit und die massive Veränderung der Größe (des Volumens) im Laufe der Auf- und Entladezyklen. Diese Volumenveränderungen bis 300 % führen zu einer Zerstörung und Ablösung des Anodenmaterials, was die Leistung radikal verringert.

„Wenn jedoch Siliziummonoxid in einem Verbundwerkstoff mit Kohlenstoff kombiniert wird – eine Art Mischung aus dem bestehenden Graphitanodenmaterial und einer siliziumbasierten Anode der nächsten Generation -, könnten wir auf der Gewinnerseite landen“, so Zhengwen Fu, Mitautor der Studie und Elektrochemiker am Shanghai Key Laboratory of Molecular Catalysis and Innovative Materials der Fudan-Universität. „Der Verbundstoff bietet das Beste aus beiden Welten. Aber auch hier gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden“.

Der Kohlenstoff bietet den Vorteil einer hohen elektrischen Leitfähigkeit und der bereits erwähnten strukturellen Stabilität und erfährt zudem eine viel geringere Volumenausdehnung während der Zyklen. Seine Flexibilität und Schmierfähigkeit hemmen zudem die Volumenausdehnung des Siliziums. Insgesamt bietet die Verbundanode eine gute Kapazität und eine hohe Zyklusleistung.

Leider hat die Lösung einer Reihe von Problemen nur zu einer weiteren geführt: Siliziummonoxid-Kohlenstoff-Verbundanoden leiden unter einem relativ schlechten coulombschen Wirkungsgrad. Der coulombsche Wirkungsgrad, manchmal auch Stromwirkungsgrad genannt, bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der gesamten in eine Batterie eingebrachten elektrischen Ladung und der gesamten ihr entnommenen Ladung. Es wird immer weniger entnommen als zugeführt, aber das Ziel ist es, diese unvermeidlichen Verluste auf ein Minimum zu beschränken. Der coulombsche Wirkungsgrad ist von besonderer Bedeutung für die Verbesserung der Leistung und die Senkung der Kosten der riesigen Menge an Batterien, die wir für die Elektrifizierung von Fahrzeugen und für Energiespeichersysteme zur Unterstützung variabler erneuerbarer Energiequellen wie Wind und Sonne benötigen werden.

Parasitärer Lithiierungsprozess

Während des allerersten Zyklus einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Silizium-Monoxid-Kohlenstoff-Verbundanode reagiert ein Teil des Lithiums irreversibel mit dem Verbundstoff, wobei „Abbauprodukte“ entstehen, die eine Schicht zwischen der Oberfläche der Anode und dem Elektrolyten bilden, die so genannte Festelektrolyt-Interphase (SEI). Dieser parasitäre Lithiierungsprozess führt wiederum zu einem Verlust an aktivem Lithium und an coulombischem Wirkungsgrad.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, entwickelten die Forscherinnen und Forscher eine neuartige Technik der „Vorlithierung“, bei der sie im Voraus zusätzliches Lithium in der Batterie speichern, um das durch die parasitären Reaktionen während des Zyklus der Batterie verbrauchte Lithium zu kompensieren. Andere Forscherinnen und Forscher hatten ihre eigenen Techniken zur Lithiumvorbehandlung entwickelt, bei denen in der Regel reines Metalllithium, ein modifiziertes Metalllithium oder eine lithiumhaltige Verbindung verwendet wird. Alle diese Ansätze haben ihre eigenen Grenzen. So neigen die lithiumhaltigen Verbindungen beispielsweise dazu, nach der Lithiierung während des Zyklus ein Gas freizusetzen, was die Leistung der Anode und die Energiedichte der Batterie insgesamt verringert.

Aus „Festkörperkorrosion von Lithium“ wird „Vorlithierung“

Die neue Technik der Lithiumvorbehandlung, die die Forscherinnen und Forscher als „Festkörperkorrosion von Lithium“ bezeichnen, beseitigt diese Probleme, indem sie den flüssigen Elektrolyten (das auf Lithium basierende Medium, das den Ionentransport zwischen der Anode und ihrem positiven Gegenstück, der Kathode, einer Batterie ermöglicht) durch einen festen Elektrolyten ersetzt, der aus kohlenstoffinkorporiertem Lithiumphosphoroxynitrid (LiCPON) besteht. Auf diese Weise werden nicht nur die verschiedenen unerwünschten Nebenreaktionen vermieden, die mit metallischem Lithium verbunden sind, sondern es wird auch eine bessere Schnittstelle zwischen Anode und Elektrolyt hergestellt.

Die Forscherinnen und Forscher konnten mit Hilfe von optischer Bildgebung, Elektronenmikroskopie und Röntgenbeugung – drei verschiedenen Methoden, um die elektrochemischen Reaktionen in Echtzeit zu beobachten – untersuchen, ob ihr Festkörperkorrosions-Vorlithierungsprozess wie vorhergesagt ablief. Die Technik führte zu einer Verbesserung der Anode um fast 83 % gegenüber einer Vorlithierungselektrode mit einem flüssigen Elektrolyten. Nachdem die Forscherinnen und Forscher ihr Konzept an „Knopfzellen“ erprobt haben, wollen sie das Verfahren nun an Batterien in Industriequalität demonstrieren.

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