USA auf drittem Platz, zeigt Analyse des EU-Patentamtes
Wasserstoff, das leichteste aller Elemente, stößt bei seiner Verbrennung kein CO2 aus – das macht das Gas zu einem entscheidenden Aspekt einer kohlenstoffarmen Welt, teiten Europäisches Patentamt und IEA gemeinsam am 10.01.2023 mit. Patente auf Wasserstofftechnologien verlagern sich die Innovationen im Bereich Wasserstoff auf emissionsarme Lösungen. Die Wasserstoffstrategie der EU geht davon aus, dass das Gas 2050 immerhin etwa 13-14 Prozent des Energieverbrauchs in der EU ausmachen wird. Aber Die aufkommende Wasserstoffwirtschaft ist gleichzeitig eine Geschäftsmöglichkeit, die europäische Unternehmen gut zu nutzen wissen, schreibt Nikolaus J. Kurmayer am 10.01.2023 auf EURACTIV.com.
USA verlieren an Boden
Der Bericht des Europäischen Patentamts (EPA) und der Internationalen Energieagentur (IEA) nutzt globale Patentdaten für eine umfassende, aktuelle Analyse der Innovationen im Bereich der Wasserstofftechnologien. Die erste Studie dieser Art deckt das gesamte Spektrum an Wasserstofftechnologien ab, von der Wasserstoffversorgung über die Speicherung, Verteilung und Umwandlung bis hin zu den Endanwendungen.
„Das Potenzial von Wasserstoff zu nutzen, ist ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050″, sagte EPA-Präsident António Campinos. „Jedoch sind noch dringend Innovationen bei einer Vielzahl von Technologien erforderlich, wenn Wasserstoff eine wichtige Rolle bei der Verringerung der CO2-Emissionen und der Bewältigung des Klimawandels spielen soll. Der Bericht zeigt, dass es über Länder und Industriesektoren hinweg ermutigende Verhaltensmuster hin zu einer Transformation gibt und Europa einen großen Beitrag zur Entstehung neuer Wasserstofftechnologien leistet. Außerdem wird der Beitrag von Start-ups bei Wasserstoffinnovationen hervorgehoben, die auf Patente vertrauen, um ihre Erfindungen auf den Markt zu bringen. Wasserstoff aus emissionsarmen Quellen kann eine wichtige Rolle beim Übergang zu sauberer Energie spielen und hat das Potenzial, fossile Brennstoffe in Branchen zu ersetzen, in denen es nur wenige saubere Alternativen gibt, wie z. B. im Fernverkehr und der Düngemittelproduktion „, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. „Diese Studie zeigt, dass die Innovatoren auf den Bedarf an wettbewerbsfähigen Wasserstoffversorgungsketten reagieren, aber sie zeigt auch Bereiche auf – insbesondere bei den Endverbrauchern -, in denen weitere Anstrengungen erforderlich sind. Wir werden weiterhin Regierungen dabei unterstützen, Innovationen für sichere, widerstandsfähige und nachhaltige saubere Energietechnologien voranzutreiben.“
Europa und Japan vorn
Die Studie zeigt die wichtigsten Trends im Bereich der Wasserstofftechnologien von 2011 bis 2020, gemessen an den internationalen Patentfamilien (IPFs), von denen jede eine hochwertige Erfindung darstellt, für die Patentanmeldungen bei zwei oder mehr Patentämtern weltweit eingereicht wurden. Der Bericht macht deutlich, dass weltweit die EU-Staaten und Japan 28 bzw. 24 % aller in diesem Zeitraum eingereichten IPFs auf sich vereinen. Beide Regionen konnten in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls ein erhebliches Wachstum vorweisen. Innerhalb der EU führen Deutschland (11 % der weltweiten IPFs), Frankreich (6 %) und die Niederlande (3 %). Dagegen verzeichnen die USA im selben Zeitraum mit 20 % aller wasserstoffbezogenen IPFs als einziger großer Spitzenanmelder einen Rückgang bei den internationalen Wasserstoffpatentanmeldungen. Die internationale Patentaktivität im Bereich der Wasserstofftechnologien aus Südkorea und China bleiben auf einem niedrigeren Niveau, zeigen aber einen aufsteigenden Trend. Neben diesen fünf führenden Innovationsregionen gibt es noch weitere Länder, in denen in erheblichem Umfang Wasserstoffpatente angemeldet werden, darunter das Vereinigte Königreich, die Schweiz und Kanada. Zusätzlich sind China und Südkorea im Kommen. Wasserstoff-Innovationen sind dort „erst im Entstehen begriffen“, heißt es im Bericht weiter.
Innovationen für den Kampf gegen den Klimawandel
Die meisten Wasserstoffpatente insgesamt entfielen im Zeitraum 2011-2020 auf Technologien zur Wasserstofferzeugung. Zudem stellt der Bericht fest, dass in allen Segmenten der Wasserstoff-Wertschöpfungskette emissionsarme Innovationen mehr als doppelt so viele internationale Patentfamilien generierten als etablierte Technologien. Während die Wasserstoffproduktion derzeit fast ausschließlich auf fossilen Rohstoffen basiert, zeigen die Patentdaten eine massive Verlagerung hin zu alternativen, emissionsarmen Methoden wie der Elektrolyse. Auf Technologien, die dem Klimaschutz dienen sollen, entfielen im Jahr 2020 fast 80 % aller auf Wasserstofferzeugung bezogener IPFs, wobei das Wachstum vor allem auf einen starken Innovationsanstieg im Bereich der Elektrolyse zurückzuführen ist. Die innovativsten Regionen konkurrieren nun darum, die erste Phase der industriellen Einführung bei sich durchzuführen, wobei die Daten darauf hindeuten, dass Europa als Standort für Investitionen in neue Produktionskapazitäten für Elektrolyseure an Vorsprung gewinnt.
Unter den vielen potenziellen Endanwendungen von Wasserstoff steht der Automobilsektor seit Langem im Mittelpunkt der Innovationstätigkeit. Patentanmeldungen nehmen in diesem Sektor weiter zu, vor allem von japanischen Firmen. Die gleiche Dynamik ist bei anderen Endanwendungen noch nicht zu erkennen, obwohl Politik und Medien in den letzten Jahren das Potenzial von Wasserstoff bei der Dekarbonisierung des Fernverkehrs, des Luftverkehrs, der Stromerzeugung und des Heizens hervorgehoben haben. Dies gibt Anlass zur Sorge über die Netto-Null-Emissionszusagen der Länder, die ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe in diesen Sektoren zu reduzieren nicht erreicht werden können. Ein Lichtblick ist die Nutzung von Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion, für die in jüngster Zeit ein Anstieg der Patentanmeldungen zu beobachten ist – möglicherweise als Reaktion auf den Konsens nach dem Pariser Abkommen, dass der Sektor radikale Lösungen zur raschen Senkung der Emissionen benötigt, der sich hoffentlich in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
Chemie- und Automobilunternehmen melden meiste Wasserstoffpatente an
Auf der Rangliste der wichtigsten Patentanmelder steht die europäische Chemieindustrie bei Innovationen in den etablierten Wasserstofftechnologien ganz oben. Die langjährige Erfahrung in diesem Sektor hat ihnen auch einen Vorsprung bei klimarelevanten Technologien wie Elektrolyse und Brennstoffzellen verschafft. Automobilunternehmen sind ebenfalls aktiv – nicht nur in der Fahrzeugtechnik. Dahinter rangieren Universitäten und öffentliche Forschungsinstitute, die 13 % aller wasserstoffbezogenen internationalen Patente im Zeitraum 2011-2020 anmeldeten, wobei französische und koreanische Einrichtungen die Rangliste anführen und sich auf emissionsarme Wasserstofferzeugungsmethoden wie die Elektrolyse konzentrieren
Wasserstoff-Start-ups mit Patenten locken Finanzmittel an
Die Studie zeigt auch, dass mehr als die Hälfte der 10 Mrd. USD an Risikokapitalinvestitionen in Wasserstoffunternehmen im Zeitraum 2011-2020 an Start-ups mit Patenten ging, obwohl diese weniger als ein Drittel aller Start-ups im Datensatz ausmachen. Eine Patentanmeldung ist ein guter Indikator dafür, ob ein Start-up auch zukünftig Finanzmittel anzieht: Mehr als 80 % der Investitionen in der Endphase von Wasserstoff-Start-ups im Zeitraum 2011-2020 flossen an Unternehmen, die bereits ein Patent in Bereichen wie Elektrolyse, Brennstoffzellen oder emissionsarme Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus Gas angemeldet hatten.
Probleme mit der Regulierung von Wasserstoff
Während die Europäer:innen große Hoffnungen hegen, sich einen Anteil am sich entwickelnden globalen Wasserstoffmarkt zu sichern, wird der Aufbau eines heimischen Wasserstoffmarktes durch anhaltende rechtliche Probleme behindert. Die EU-Vorschriften, die regeln sollen, wann Wasserstoff wirklich „erneuerbar“ ist, wurden wiederholt verzögert. Ein Termin im Dezember 2022 wurde nicht eingehalten, weil mehrere EU-Kommissar:innen Bedenken angemeldet hatten.
„Ich denke, der rechtliche Rahmen ist wichtig“, betonte Yann Ménière, Chefökonom des Europäischen Patantamtes, und verwies auf die Unterstützung der japanischen Regierung für Wasserstoffanwendungen im Inland. Als Tokio die Verwendung von Wasserstoff im eigenen Land unterstützte, stiegen die Patente sprunghaft an. Als die politische Unterstützung verschwand, gingen auch die Patentanmeldungen zurück, erklärte er. Eine neue Wirtschaft, wie die im Entstehen begriffene Wasserstoffwirtschaft bestehe aus „verschiedenen Puzzleteilen, die zum richtigen Zeitpunkt zusammengefügt werden müssen“, betonte der Wirtschaftswissenschaftler. Hier komme den Regierungen eine entscheidende Rolle zu. „Wir sehen, wie wichtig die Speicherung und Verteilung, also die entsprechende Infrastruktur, ist. Eine koordinierte Vorgehensweise ist nur mit einem intelligenten und kohärenten politischen Rahmen möglich“, sagte Ménière. „Die Industrie allein kann das nicht leisten.“ Über das von der Europäischen Kommission im Dezember 2021 vorgeschlagene Gas- und Wasserstoffpaket, das auch die Infrastrukturfrage behandelt, wird derzeit noch verhandelt.
Europäische Führung
Bei einem Aspekt der Wasserstoff-Wertschöpfungskette hat Europa wirklich die Nase vorn: bei der Wasserstofferzeugung, der sogenannten „Elektrolyse.“ „Europa ist bei der Hochtemperatur-Elektrolyse (das heißt bei Festoxid-Elektrolysezellen oder SOEC) wirklich herausragend“, erklärt der EPA-Chefökonom. Bei der Wasserstoffproduktion dominieren grundsätzlich drei Verfahren: alkalisch, Polymerelektrolytmembran (PEM) und die bereits erwähnte SOEC. Hier triumphieren europäische Unternehmen wie die französische CEA und die Atomkommission. CEA ist weltweit führend bei den SOEC-Patentanmeldungen und hat allein für diese Technologie mehr als 60 Patente angemeldet. Für die PEM-Elektrolyse hat das CEA 18 Patente angemeldet. Dies stimmt Ménière in Verbindung mit einem erheblichen Kapazitätsaufbau zuversichtlich. „Wir sehen oft, dass Europa in der vorgelagerten Forschung eine starke Leistung erbringt, aber die Investitionen in der Industrialisierungsphase folgen nicht immer gut“,, stellte er fest. „Im Fall von Wasserstoff sehen wir Investitionen in Kapazitäten. Das ist eine recht gute Nachricht. Aber es ist noch früh.“
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